Grexit, HETA, Steuerreform - Politik als "Truman-Show"

Truman Burbank lebt in einer künstlichen Welt, sein Leben wird von Millionen Menschen jeden Tag im Fernsehen als Reality-Show begleitet. Er hat keine Ahnung davon, dass sein Schicksal in den Händen der Regie liegt, welche auf Basis von Meinungsumfragen Szenarien entwickelt, wie sein Leben zu verlaufen hat - immer mit der Prämisse ein Maximum an Seher-Akzeptanz zu erreichen. Soweit die Basis des 1998 erschienen Hollywood-Films "Die Truman-Show".

Die Inszenierung der politischen Meinungsbildung und die Kommunikation politischer Entscheidungsprozesse der letzten Jahre hat sich zunehmend in eine Richtung entwickelt, die den individuellen Bürger das Gefühl gibt auch der naive Truman zu sein, der von einem unsichtbaren Regisseur massgeschneiderte Informationen und Entscheidungen präsentiert bekommt.

Eine Auswahl von Beispielen kann man relativ schnell geben(ist natürlich nur taxativ):

Ca € 238 Millarden hat die Europäische Union dem griechischen Staat im Rahmen von drei Hilfsprogrammen zur Verfügung gestellt(und damit zum Teil auch französische und deutsche Banken entlastet). Die Wahl des letzten Jahres brachte in Griechenland eine neue Regierung an die Macht, diese ist der Meinung, dass die vereinbarten Sparmaßnahmen in der geplanten Form nicht umsetzbar seien. Seit Wochen und mittlerweile Monaten verfolgen wir fassungslos wie sich Politiker von beiden Seiten (EU/Griechenland)  in Medienduellen wechselseitig für vertragsbrüchig, unfähig und unrealistisch bezeichnen.

Als kleiner Bürger hat man mittlerweile den Bezug zur schieren Größe einer Zahl wie etwa € 238 Milliarden schon seit Beginn der Finanzkrise verloren - was früher Millionenbeträge waren, wurde durch die globalen Verwerfungen an den Finanzmärkten(ähnlich wie bei der Euro-Umstellung) kurzfristig auf Milliardenniveau gebracht. Ohne ein Spezialist für Staatsverschuldung zu sein kann der durchschnittliche"Mann von der Straße" aus dem Bauch heraus die bittere Wahrheit erkennen: Die Griechen werden ihre Schulden in der initial vertraglich fixierten Form mit Sicherheit nicht zahlen, bzw. zahlen können. Doch die europäische wie die österreichische Politik inszeniert nach wie vor ein Spiel vom strengen Kreditgeber EU der es seinem Schuldner Griechenland schon noch zeigen wird - das wie bleibt man uns allerdings schuldig

Wir selbst in Österreich haben ein ähnliches Thema mit (Gott sei Dank)  kleinerem Ausmaß - die Ruinen der Hypo Alpe Adria, und die Haftungen des Bundeslandes Kärnten werden so wie es aussieht auch noch zukünftige Generationen von Österreichern die Zornesfalten auf die Stirn treiben. Vom Traum von der globalen Regionalbank die ein Landeshauptmann hatte, über den heute unglaublich anmutenden Satz "Kärnten wird reich" bis hin zur dilletantischen Übernahme über Nacht welche als "alternativlos" dargestellt wurde. Heute versucht man in einer Abbaugesellschaft zu retten was noch zu retten ist(wenn man sieht, dass auf der HETA-ASSET-Plattform ca 50% der angebotenen Immobilien in Montenegro zu finden sind, fragt man sich allerdings schon wie das in den Boomjahren so mit der internen und externen Kontrolle der Bankgeschäfte gelaufen ist).

Das Bundesland Kärnten muss wiederum mit Schrecken erkennen, dass nicht nur der Individualbürger für Haftungen geradestehen muss, sondern diese Rechtsnorm von den internationalen Vertragspartnern unverständlicherweise auch auf österreichische Bundesländer angewandt wird.Niemand glaubt wirklich, dass die Republik Österreich ein Bundesland in den Konkurs schicken wird, genausowenig ist es aus heutiger Sicht erkennbar, in welchem Ausmaß die Verwertungsmaßnahmen der HETA noch einen Beitrag zur Linderung bringen wird. Der Wahnsinn eines abstrusen Konzepts in Kombination mit absolutem(und zum Teil sicher politisch gewollten/gestützen Kontrollversagen) wird noch die nächsten Generationen belasten. Die Bundespolitik inszeniert sich in der Zwischenzeit als Wächter über die Kärntner Finanzen und suggeriert uns mit Untersuchungsausschüssen(und geschwärzten Akten) den Willen zur absoluten Transparenz. Man will den Wahlbürger das Gefühl geben, dass auf sein Geld geschaut wird - jetzt ist es zwar schon zu spät, aber die nächsten Wahlen kommen bestimmt.

Ähnlich der Hypo-Thematik verhält es sich mit dem Thema Stabilität des österreichischen Pensionssystems. Wir haben seit Jahrzehnten ein System etabliert und gut geheissen, in dem sich unschöne Horte der Privilegien etablieren konnten. Zusätzlich hat man langjährig die Instrumente der Frühpensionierung als Mittel der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik gesehen. Wenn verstaatlichte/staatsnahe Unternehmen sich ihrer älteren(und daher auch teureren) Mitarbeiter entledigen wollten/mussten, war der Weg in die Pension mit Mitte 50 regelmässig die Lösung(Stichworte sind ÖBB, zum Teil der Bereich Lehrer Mitte der 2000er Jahre, Exekutive,...). Als Resultat hat Österreich es über Jahre zu einem Pensionsantritts-Alter gebracht, welche diese Bezeichnung wohl eher nicht verdient. Das das System nicht weiter so funktionieren wird, hat man schon seit längerem kommen sehen - dementsprechend hat man den Generationen der heute 45 oder Jüngeren schon einiges an Reduktionen zukünftiger staatlicher Pensionsleistungen abverlangt. Was man im Gegensatz dazu nicht getan hat, war die "wohlerworbenen Rechte" der geschützten Werkstätten in diesem Land zu beschneiden. Wenn ein Sozialminister im Kontext von "Hacklerregelung" und "Beamten" vom "Vertrauensschutz" spricht, dann kann man als Nicht-Beamter nur müde lächeln. Wo ist unser Vertrauensschutz?

Und trotzdem - wohlwissend, dass es in den nächsten Jahren zu gravierenden Veränderungen im Pensionssystem kommen wird müssen(und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zu schmerzlichen Einschnitten), hält man Seitens der Politik die zukünftigen Pensionisten mit Worthülsen bei der Stange. "Alles im Lot", wird da suggeriert, "macht Euch keine Sorgen" soll ankommen. Das man parallel in den verantwortlichen Ministerien schon Überlegungen anstellt, demnächst Einkünfte aus Erwerbstätigkeit nach Antritt der Alterspension(d.h. nach Erreichen des gesetzlich vorgeschriebenen Pensionsantrittalters) auch zu besteuern wird nicht so gerne kommuniziert - es würde ja auch den schönen Schein trügen.

Ähnlich der Pensionsthematik verlief es bei der Steuerreform 2015(so sie den Namen verdient). Über Monate wurden da medial heftige Schlagabtäusche geliefert, das eine oder andere Mal sah man die Koalition schon gescheitert. Aber oh Wunder - Mitte März wurde uns dann eine Steuerreform präsentiert. Unangenehm dabei ist nur, dass auch von Beginn an permanent das Wort "Gegenfinanzierung" strapaziert wurde. Außerdem hatte man als (un)voreingenommener Betrachter das Gefühl, dass da auf Seiten der Einnahmenschätzungen schon gewaltig positive Annahmen getroffen wurden.

Wir werden erst nach Vorliegen der endgültigen Gesetzesvorlagen wissen, ob wir individuell zu den Gewinnern oder gar Verlierern dieser "Steuerreform" zählen werden. Wird uns die Gegenfinanzierung allfällige Steuerreduktionen fressen, oder wird es die kalte Progression sein, welche allfällige Vorteile binnen kurzen wieder egalisieren wird. Egal - die österreichische Politik konnte sich inszenieren, und und den Bürger als Teil ihres Kammerspiels benutzen.

Zurück bleibt das Gefühl, als Staatsbürger bei vielen politischen Projekten von Anfang an nicht die ganze Wahrheit zukennen, und auch nicht die wahren Hintergründe für gewisse politische Entscheidungen. Von den wahren Nutzniessern ganz zu schweigen.

In der Truman-Show erkennt der Hauptdarsteller erst nachdem ihm ein Scheinwerfer vor die Füße gefallen ist, dass sein Leben eine Inszenierung ist, gestaltet von für ihn nicht erkennbaren Dritten, deren Absichten er nicht kennt. In Konsequenz beschliesst er trotz aller Mühen und Gefahren die ihm vom Regisseur der Show in den Weg gelegt werden, diese künstliche Welt zu verlassen und nicht mehr Teil der Show zu sein.

Sein Schlusswort ist aus der Show entnommen, und sollte vielleicht auch uns, den Bürgern,  angesichts der Summe an künstlichen Politik-Ereignissen und Inszenierungen als Orientierung gelten:

Oh, und falls wir uns nicht mehr sehen sollten, guten Tag, guten Abend und gute Nacht!

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