Wenn Sie sich beim nächsten Urlaubsaufenthalt in Wien über die motivierten jungen Menschen freuen, die Ihnen im Hotel den Weg zum Frühstücksbuffet weisen, fragen Sie mal nach wo diese denn beschäftigt sind.

Auch beim Marken-Shopping im Outlet-Center ist es sehr wahrscheinlich, dass Sie ihnen begegnen.

Die Rede ist von Zeitarbeitskräften, angestellt bei einem Personalvermieter und an ihren aktuellen Arbeitsplatz vermietet.

Personal-Leasing ist keine Erfindung des 21. Jahrhunderts, nur wird es aktuell in immer mehr Branchen Usus statt fixangestellter Mitarbeiter flexiblere Mietkräfte einzusetzen.

Was das für die Betroffenen bedeutet? Nun, erstmals muss vom Mitarbeiter oft ein verpflichtendes(und in manchen Fällen auch zu zahlendes) Training beim Personalleaser absolviert werden. Dieser macht auch genaue Vorgaben wie die Dienstkleidung z.B. im Bereich Service auszusehen hat - und bietet seinen Mitarbeitern die erforderlichen Ausrüstungsgegenstände auch gleich zum Kauf an.

Als gelernte Fachkraft kann man manchmal unangenehme Überraschungen erleben - Gastronomiefachkräfte(mit Lehrabschluss, Zusatzqualifikationen) werden gar nicht so gerne für den Bereich Service/Gastronomie aufgenommen. Zu hoch wären ihre Basisgehälter.

Das Leben einer Personalleasing-Arbeitskraft ähnelt denn auch mehr der Tätigkeit einer EPU: Rechtzeitig in der online-App des Vermittlers die möglichen Arbeitszeiten für die nächste Woche eintragen, warten was kommt, flexibel auf zusätzliche Anfragen reagieren.

Personal-Leasing ist nur die Spitze eines Eisbergs in unserer heutigen Arbeitswelt - das Ziel auf Unternehmerseite ist es augenscheinlich, möglichst flexibel auf Arbeitsanfall reagieren zu können, und möglichst wenig zahlungswirksame/arbeitsrechtliche Bindungen eingehen zu müssen. Überall dort, wo es um humanintensive Tätigkeiten geht, geht die Entwicklung in Outsourcing dieser kostenintensiven Tätigkeiten. Die Unternehmen werden immer mehr zu "Franchisern" ihres Unternehmenslogos - dahinter stehen dann die Subfirmen, die die Human-Ressourcen tatsächlich zur Verfügung stellen.

Das dieses Vorgehen nicht nur der Maximierung des Betriebsergebnisses, sondern auch der überbordenden Abgabenbelastung im Bereich Arbeit geschuldet ist, sollte jedem Interessierten klar sein.

Welche Probleme aus dem Modell entstehen können, kann man aktuell auch in England betrachten. Dort gibt es eine lange Tradition von Mietarbeitskräften - aktuell gibt es auch Konflikte um die Frage, ob Personalvermittler 0-Stunden Verträge ausstellen dürfen. Was die langjährige Tätigkeit als Leasing-Arbeitskraft mit den Betroffenen macht, dass wurde in England auch bereits wissenschaftlich erhoben: Die Durchschnittsgehälter der Betroffenen sind niedriger als jene der Fixangestellten, bei Leasingkräften schlägt auch die Altersthematik noch heftiger durch als es bei "normalen Angestellten" der Fall ist. Das das häufige Wechseln des Arbeitsplatzes/Arbeitsumgebung nicht unbedingt sozial verträglich ist, braucht man wohl auch nicht zu betonen. Tatsächlich ist es in vielen Unternehmen scheinbar auch so, dass sich zwei Klassen des Arbeitnehmers herausbilden - hier der beim Unternehmen beschäftigte, dort der zugekaufte Mitarbeiter.

Wie problematisch die Entwicklungen unserer aktuellen Wirtschaftslage sind, und wie schwierig sich auch die Interessensvertretungen damit tun, kann man aktuell am Beispiel des Zug-Catering-Unternehmens(in der Vergangenheit bereits wegen Anstellung von Mitarbeitern nach dem ungarischen Kollektivvertrag in die Medien gekommen) der ÖBB sehen. Dort hatte das zuständige Arbeitsinspektorat mehrfache Verstösse gegen die Maximalarbeitszeit festgestellt und auch moniert, dass man bei den Prüfungen behindert werde, und verlangte Unterlagen nicht übermittelt würden. Das Unternehmen wiederum steht auf dem Standpunkt, dass es eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat gebe(aktuell wurde nun dem Arbeitsinspektorat angezeigt, dass Teile dieser Vereinbarung nicht zulässig/anwendbar sind). Und außerdem "zahle man ja Überstunden mit Zuschlägen" - was jetzt aber nicht wirklich die Behauptung des Arbeitsinspektorats widerlegt, wonach das Unternehmen systematisch die Maximalarbeitszeit(10 Stunden/Tag) überschreite.

In der in der heutigen KRONE bei Michael Jeanée veröffentlichten Huldigung auf das Catering-Unternehmen und seinen Gründer wurde dieser auch noch deutlicher: man könne ja hinschmeissen, dann wären 600 Arbeitsplätze weg. Das bedeutet vermutlich nicht, dass man das Geschäft mit der ÖBB aufgeben will, sondern nur, dass eine arbeitsrechtlich leichter zu steuernde Variante geprüft wird.

Für alle Arbeitnehmer bedeuten die Entwicklungen der letzten Jahre, dass sie sich darauf einstellen müssen, unternehmerischer und eigenverantwortlicher zu agieren, um ihre Interessen zu wahren. Laufende Weiterbildung, Beobachtung des Arbeitsmarktes, Hinterfragen der aktuellen Beschäftigungssituation - dies alles wird in einem viel intensiveren Umfang stattfinden müssen, als es bei unseren Eltern oder Großeltern der Fall war. Langfristig wird es bei Spezialisten dann vermutlich sowieso darauf hinauslaufen, dass man als Freelancer drei bis vier Unternehmen mit seiner Expertise als EPU betreut. Dies bietet gut ausgebildeten, flexiblen und örtlich mobilen Arbeitskräften, welche sich auch eher als Dienstleister sehen, durchaus Chancen und Möglichkeiten flexibler und eigenverantwortlicher ihr Leben zu führen.

Darum Kinder: "Geht in die Schule und lernt etwas. Bildet euch weiter und lernt die Welt kennen - sonst seid ihr am Ende die die überbleiben, und unter diesen Rahmenbedingungen arbeiten müßt."

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gigimannheim

gigimannheim bewertete diesen Eintrag 15.03.2016 10:25:43

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