Ich lache nicht mehr. Es gibt nichts mehr zu lachen. Kein Recht und keine Begründung. Als wäre es infam und teilnahmslos. Oder einfach nur gedankenlos. Weil Du nicht mehr da bist und mein Lachen mit Dir ging. Und doch, ich werde wieder lachen, denn ich werde mich ertappen, dass Momente auftauchen, die einen Hauch von Dir mit sich tragen, ein Bild und eine Begebenheit, in der wir das Lachen teilten. Dann werde ich lachen. Weil es unser Lachen war. Und weil Du es so gewollt hättest, wenn Du nicht mehr da bist.

Ich weine nicht mehr. Es gibt nichts mehr zu weinen. Kein Recht und keine Begründung. Als wäre es ungebührlich, da der größte Schmerz eigentlich schon hinter mir liegt und nicht mehr viel passieren kann, nicht viel, was diesem Schmerz gleichkommt, weil Du nicht mehr da bist. Und doch, ich werde wieder weinen, denn ich werde mich vorwagen an die Trauer, die Du mit mir teiltest, vielleicht auch über Banalitäten, wie es mir jetzt erscheinen mag. Doch die Trauer hat keinen Gradmesser. Dann werde ich weinen. Weil es unser Weinen war. Und weil Du es so gewollt hättest, wenn Du nicht mehr da bist.

Ich rede nicht mehr. Es gibt nichts mehr zu sagen. Kein Wort und keine Bedeutung. Als wäre alles inhaltslos und leer geworden. Oder einfach nur viel zu banal. Weil Du nicht mehr da bist und meine Worte ins Leere gehen. Und doch, ich werde wieder reden, denn ich werde mich in Momenten wiederfinden, in denen ich Dein Wort erwarte und es auch bei mir ist, Themen, Gespräche, die mich einladen mich zu Dir zu setzen, und sei es nur in Gedanken, Gespräche, die uns forttrugen und voranbrachten oder einfach nur Miteinander vermittelten. Dann werde ich reden. Weil es unser miteinander-reden war. Und weil Du es gewollt hättest, wenn Du nicht mehr da bist.

Ich träume nicht mehr. Es gibt nichts mehr zu träumen. Keinen Anlass und keine Vermutung. Es ist, als wäre eine Mauer quer durch mein Leben gezogen, von der Erde bist zum Himmel, die nicht überstiegen, nicht untergraben und nicht umgangen werden kann. Unüberwindlich scheint sie. Als wäre nur ein Verharren im Gegebenen möglich. Und doch, ich werde wieder träumen, denn die Träume sind es, die Träume, die wir teilten, wenn unser Blick sich zu den Sternen erhob und im Auge des anderen verlor. Wenn wir uns uns anvertrauten in all dem Leben, das noch möglich war. Und weil Du es gewollt hättest, wenn Du nicht mehr bist.

Ich liebe nicht mehr. Es gibt nichts mehr zu lieben. Keinen Antrieb und keine Notwendigkeit. Als wäre es ein Verrat und ein Treuebruch. Oder auch kaltherzig. Weil Du nicht mehr bist und meine Liebe sich in keinem Du mehr emporrankt und wächst. Und doch, ich werde wieder lieben, denn ich habe mit Dir die Liebe und die Annahme, die Offenheit und die Bereitschaft, die Zugewandtheit und das Gewahrsein gelernt, habe ein Übermaß an Umfangenheit geschenkt bekommen, das in mir stirbt, wenn es nicht mehr Gabe sein darf. Weil ich tot wäre mitten im Leben, wenn ich mich darauf versteife. Weil uns die Liebe umwob wie ein feines, zartes Netz, schützend ohne zu beengen. Und weil Du es gewollt hättest, wenn Du nicht mehr da bist.

Ich lebe nicht mehr. Es gibt nichts mehr was der Mühe wert wäre. Kein Sinn und kein Ziel. Als wäre es Häme und Bösartigkeit. Oder einfach nur Maßlosigkeit. Weil Du nicht mehr bist und mein Leben mit Dir ging. Und doch, ich werde leben, werde es mit Sinn und Ausrichtung erfüllen, weil ich Deine Hand noch in der meinen spüre, die mir bedeutet, dass es noch so viel zu leben gibt an diesem Leben. Du gehst mit mir, noch weiter, trotz Deines Fortseins, bis Du weißt, dass mein Gang wieder sicher ist. Dann werde ich leben. Weil es unser Leben war. Und weil Du es gewollt hättest, wenn Du nicht mehr bist.

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Ich mag doch keine Fische vergeben
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