DeepThought_2025

"Wollt Ihr den totalen Krieg?" — so tönte Reichspropagandaminister Goebbels nach der verheerenden Niederlage der deutschen Wehrmacht in Stalingrad in seiner Rede im Berliner Sportpalast am 18. Februar 1943, in welcher er die deutsche Bevölkerung zum "totalen Krieg" aufstachelte.

Knapp eineinhalb Jahre später, am 9. Juli 1944, als ein "Endsieg" Nazi-Deutschlands schon längst nicht mehr realistisch war, erschien in der nationalsozialistischen Wochenzeitung Das Reich ein Leitartikel des Nazi-Chefpropagandisten höchstselbst, in welchem er inbrünstig die "Kriegstüchtigkeit" Deutschlands beschwor und verlangte, alle Kräfte der "Nation" für den "Sieg" zu mobilisieren.

Sowohl die Rede als auch der Leitartikel stehen exemplarisch für Goebbels' Talent für rhetorisch vollendete Realitätsmanipulation. Die Realität des Jahres 1944 war jedoch von Ereignissen geprägt, die Goebbels' Propagandageschwafel vom "Endsieg" völlig ad absurdum führten, darunter die Landung der Alliierten in der Normandie und somit die Entstehung einer zweiten Front im Westen, der unerbittliche Vormarsch der Roten Armee und weitere schwere Niederlagen der Wehrmacht an der Ostfront, das Attentat auf Hitler sowie ein sich weiter intensivierender Luftkrieg über Europa, in welchem britische und amerikanische Bomber deutsche Großstädte in dystopische Trümmerwüsten verwandelten.

"Nie wieder!" hieß es landauf landab, als nach der Kapitulation Nazi-Deutschlands und dem Ende des Zweiten Weltkriegs Europa in Schutt und Asche lag und weltweit an die 70 Millionen Tote zu beklagen waren. Deutschlands Vernichtungskrieg gegen Russland und der Holocaust wurden als die bis dato schlimmsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte bezeichnet.

"Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen", schrieben die Verfassungsgeber der "neugeborenen" Bundesrepublik Deutschland in Artikel 26(1) des Grundgesetzes — in dem Willen, jedwede militärische Gewaltanwendung zwischen den Völkern, ausgehend von Deutschland, zu verhindern. Heißt es.

"Nie wieder sollte ein Krieg von deutschem Boden ausgehen", waren sich auch Willy Brandt und Willi Stoph (damaliger Vorsitzender des Ministerrats der DDR) einig, als man sich am 19. März 1970 in Erfurt traf, um "Verhandlungen über den Austausch von Gewaltverzichtserklärungen aufzunehmen" und "einen breit angelegten Meinungsaustausch über die Regelung aller zwischen den beiden deutschen Staaten anstehenden Fragen" anzustoßen. Ein Treffen von dem Brandt später sagte, dass alles darauf hindeutete, dass Moskau "nachgeholfen" hatte, damit es stattfinden konnte. Das Treffen war die Grundsteinlegung für die Ostpolitik Willy Brandts.

"Nie wieder" sollten Goebbelsche Propaganda, sollte der Geist der faschistischen Nazi-Schreckensherrschaft sich wieder erheben und Tod und Zerstörung über Deutschland, über Europa, ja die Welt bringen. Doch es sollte anders kommen.

Keine 80 Jahre später rollen wieder deutsche Panzer gen Osten, töten deutsche Granaten russische Soldaten, wird offen und unverblümt über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine schwadroniert — was mehr oder weniger einer Kriegserklärung an Russland gleichkäme.

Keine 80 Jahre später faselt ein deutscher "Verteidigungs"minister in Goebbelscher Manier wieder von "Kriegstüchtigkeit" und erklärt diese in der Broschüre über die "Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023" zur "Handlungsmaxime" (S.27).

Und prompt sendet der kriegstüchtige Boris weitere deutsche Truppen an die "Ostflanke" (diesmal in Form der bis zu 4000 Soldaten umfassenden Panzerbrigade 42), die in Litauen "das Leuchtturmprojekt der Zeitenwende" (Pistorius) darstellen soll, richtet das Nato-Ukraine-Kommando in Wiesbaden ein und macht Deutschland zur NATO-Drehscheibe für den kommenden Krieg gegen Russland.

Rund 80 Jahre später wird ein ehemaliger BlackRock-Manager und erklärter Russophobiker mit Ach und Krach zum Deutschen Bundeskanzler gemacht — umgeben von einem Außenminister, der öffentlich bekundet, "Russland wird für immer ein Feind für uns bleiben", einem neuen-alten Kriegstüchtigkeitsminister und einer illustren Schar weiterer kriegsgeiler Diplomatieverächter, die am liebsten schon gestern Moskau hätten brennen sehen wollen.

Da erscheint es nur logisch, dass anlässlich der Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Kriegsendes und des Endes der Naziherrschaft Diplomaten des Landes, das in diesem Krieg die meisten Opfer zu beklagen und den größten Anteil am Sieg über das Dritte Reich hatte, keine Einladungen auszusprechen – und notfalls ungebetene Gäste per Hausrecht wieder wegzuschicken. Wie erbärmlich ist das?

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»Es ist ein Triumph der Geschichtsrevisionisten: Das aktuelle 'Gedenken' an jene sowjetischen Befreier von der Nazidiktatur, die die größten Opfer dafür gebracht haben, muss als total unwürdig bezeichnet werden. Auch über den aktuellen Anlass hinaus gibt es in Deutschland massive Bemühungen, die Geschichte vor allem bezüglich Russland umzudeuten. Der grüne Zeitgeist des Militarismus möchte den Bürgern seinen Russenhass mit einer Schocktherapie überstülpen.« –Tobias Riegel

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Aber zurück zur "Kriegstüchtigkeit". Wohin diese Deutschland vor mehr als 80 Jahren geführt hat, muss man, denke ich, nicht immer und immer wieder erklären. Wer's immer noch nicht begriffen hat, wird's vermutlich auch nicht mehr begreifen. Genausowenig wie die Tatasache, dass hinter vermeintlicher Kriegstüchtigkeit sowie hinter jedem Krieg seit Beginn des 20. Jahrhunderts ganz andere Ursachen stecken als die, die dem gemeinen Volk fürderhin als Ursachen verkauft und von den Siegern in die Geschichtsbücher geschrieben werden.

So bezeichne ich das "Projekt Hitler" denn auch als ein völlig aus dem Ruder gelaufenes geostrategisches Konzept, mit welchem dieselben Kräfte, die versuchten Russland in den zwei Weltkriegen und im Kalten Krieg zu besiegen, nun erneut versuchen, ihr langersehntes Ziel zu erreichen: Die Vernichtung Russlands. Aber das ist Stoff für einen anderen Beitrag. Nur soviel noch:

Wer Kriegstüchtigkeit fordert, will Krieg, nicht Frieden!

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