#Meinungsfreiheit #Trigger #PC #diskussionskultur

Zu deutsch: niemand hat das Recht auf eine störungsfreie Umwelt. Niemand hat das Recht, dass seine Umgebung Kopfzerbrechen, Empörung oder dergleichen fernhält. Das ergibt sich zwingend aus dem Prinzip der Meinungsfreiheit. Die ist verbrieft und wir tun alle gut daran, diese Meinungsfreiheit als das höchste Gut zu achten, das wir als Gesellschaft haben können, weil es zum einzigen "Super-Grundrecht" gehört, das das Grundgesetz und die aufgeklärte Demokratie kennen: Der Würde des Menschen (zur Würde des Menschen mehr in einem anderen Blogpost).

Der öffentliche Raum ist nicht störungsfrei

Es ist also nicht in Ordnung, zu verlangen, die Welt möge stille schweigen, nur, weil mich ein Thema nervt, beleidigt oder derangiert. Nicht mal haben psychisch Kranke das Recht darauf, dass ihre Umgebung Trigger-frei gehalten wird, um ihre Erkrankung oder ihre Traumata heilen zu lassen. Sie sind selbst dafür verantwortlich, sich in eine Umgebung zu begeben, die ihnen Heilung ermöglicht (was allerdings nur für freie, sichere Gesellschaften gilt - in Kriegsgebieten sind Traumatisierte oft Höllenszenarien ausgesetzt, denen sie sich nicht entziehen können). Hingegen ist es ein Entgegenkommen, keine Pflicht, wenn Veranstaltungen sogenannte "Trigger-Warnungen" aussprechen, wenn beispielsweiese Gewalt dargestellt oder thematisiert wird.

Gegen das Argument, nicht gegen die Person

Was auch nicht in Ordnung ist: Menschen, die öffentlich eine Meinung vertreten, und sich darüber beschweren, wenn andere sie beim Wort nehmen. Das in meiner Erfahrung häufigste Beispiel sind Menschen, die ihre Sätze einleiten mit "Ich bin ja kein Rassist, aber ...". Diese Menschen beschweren sich sehr gern, dass ihre Meinungsfreiheit eingeschränkt würde, nur weil jemand antwortet: Doch, du bist Rassist, wenn du sowas sagst.

Ein Beispiel

Spielen wir das mal durch: Herr M. denkt, er sei kein Rassist, aber vertritt rassistische Positionen. Frau P. widerspricht und nennt M einen Rassisten. Hier man der stereotype Ablauf, wie er jeden Tag tausendfach vorkommt:

M.: "Ich bin ja kein Rassist, aber man muss doch einfach anerkennen, dass die Nordafrikaner hier alle klauen und Frauen begrapschen."

P.: "Tut mir Leid, aber wenn Sie das so pauschal sagen, dann sind Sie sehr wohl Rassist!"

M.: "Na klar, wieder die Nazikeule. Schon mal was von Meinungsfreiheit gehört!?"

Das schlimme Ergebnis: M. sieht sich bestätigt, P. sieht sich bestätigt, aber ein Austausch, eine Annäherung, eine Diskussion sind im Keim erstickt worden.

Man kann mit ein bisschen Achtsamkeit genau das verhindern. Dazu müssen alle Seiten ein wenig darauf achten, was sie wie schreiben - und schon können Diskussionen entstehen, bei denen man Menschen sieht und versteht, statt Fratzen zu beschimpfen:

M.: "Ich bin ja kein Rassist, aber man muss doch einfach anerkennen, dass die Nordafrikaner hier alle klauen und Frauen begrapschen."

P.: "Tut mir Leid, aber wenn Sie das so pauschal sagen, dann argumentieren Sie rassistisch. Sie müssen anerkennen, dass es unter Nordafrikanern sehr wohl auch solche gibt, die nicht gegen unsere Gesetze verstoßen."

M.: "Aber die Mehrzahl ist doch kriminell, machen Sie sich doch nichts vor!"

P.: "Ich glaube nicht, dass die Statistiken Ihr Argument stützen. Aber selbst wenn, rechtfertigt das nicht, alle Nordafrikaner als Diebe und Sittenstrolche zu bezeichnen - und das wäre rassistisch."

M.: "Klar, es gibt auch solche, bei denen das nicht so ist, aber wie viele sind das schon?"

P.: "Ich habe hier Zahlen gefunden, die besagen ..."

...und das heißt?

Sehen Sie, worauf ich hinaus will? P. hat M. nicht als Rassisten beschimpft, sondern das Argument als rassistisch benannt. Das ist ihr gutes Recht (und es stimmt auch). Sie hat damit NICHT die Person M. als solche beleidigt, sondern ein Argument gebracht. M. hatte die Möglichkeit, seine pauschale (rassistische) Aussage neu zu bewerten und klar zu machen, dass er nicht "alle" meint, sondern "viele". Und plötzlich ging es nicht mehr um Beleidigung und Meinungsfreiheit, sondern um Argumente, Fakten und Meinungen. Die einfache Lösung "das ist xy" statt "du bist xy".

Niemand wird gern auf ein Schlagwort reduziert, aber jeder muss akzeptieren, wenn seinen Argumenten widersprochen wird.

0
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
0 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

17 Kommentare

Mehr von der Koner