Angeheizt durch einige populistische Vorstösse der Politik und angeheizt durch ein paar emotionalisierende Bilder ist wieder eine Debatte über ein Verbot von Plastikverpackungen oder Ähnliches in Gang gekommen.

Bei dieser Debatte, die wie alle populistischen Debatten vereinfachend ist und vermutlich ein Ablenkungsmanöver von ganz Anderem, wird Zahlreiches ausgeblendet:

Die Verwendung von Plastikprodukten geht in unserer Gesellschaft vielfach einher mit Einwegverwendung, bzw. Einmalverwendung, was aber nicht notwendig so sein muss.

Manche Plastiksackerln oder Plastikbestecke verwende ich schon viele Monate und Jahre lang.

Und da ich sie nur mit Tüchern unmittelbar nach dem Essen abwische, spare ich mir und der Welt chemische Reinigungsmittel, die auch Tiere töten können, wenn sie damit in Kontakt kommen.

Stoffe (wie Plastik oder Glas) als solche haben keine Ökobilanz, sondern sie haben nur eine Ökobilanz in Kombination mit der Verwendung. Ich bespielsweise verwende Plastikflaschen, in denen ich Saft kaufte, oft auch noch monatelang danach als Wasserflaschen.

Und wenn man diese Mehrfachverwendung mitberechnet, dann kommt diese Plastikverwendung auf eine gute Ökobilanz, unter Umständen sogar auf eine weit bessere als manche Glasflaschen, die aufwändig entweder wiedereingeschmolzen und neugegossen oder gereinigt werden müssen.

Aber Argumente der Vernunft, Wissenschaft und Wahrheit sind machtlos gegen die emotionalisierende und verdummende Macht der Bilder.

OKAPIA KG https://www.bild.de/ratgeber/2018/ratgeber/plastikmuell-ein-einziges-stueck-kann-meeresschildkroeten-toeten-57259400.bild.html

("Plastik tötet Schildkröten", ein Foto aus der bildhaftes Denken erzwingenden und nicht-Abbildbares-vertuschenden Boulevardzeitung "Bild" )

Die PR-Katastrophe für Plastik ist, dass man Plastik sehen kann und abbilden kann, während man nicht abbilden kann und zu einem zugkräftigen Foto machen kann, wie z.B. Reinigungschemikalien, mit denen man Glasflaschen reinigt, Tiere töten. Ludwig Wittgenstein sagte einmal: "Die Grenzen der Sprache sind die Grenzen meiner Welt". Und ein Korollar dazu wäre: "Was man nicht abbilden kann, das kann man nicht verstehen".

D.Knoflach

Monate- und jahrelang verwendete Plastikbestecke und Plastikflaschen können kein Tier töten, solange sie in Verwendung sind. Ich bevorzuge die großen Plastikflaschen (1.5 bis 2 Liter, weil sie ein besseres Verhältnis von Verpackung und Inhalt haben: die Oberfläche wächst mit dem Quadrat der Größe, das Volumen mit der dritten Potenz; so gesehen kommt bei einer Zweiliterflasche nur halbsoviel Verpackung pro Volumenseinheit wie bei einer 0,33-Liter-Flasche)

D.Knoflach

Auch Plastiksackerln verwende ich jahrelang (hier ist sogar die Beschriftung verblichen), hier ein Plastiksackerl der Universität Wien, das wegen der Durchsichtigkeit und der Kontrollmöglichkeit von Universitätsbibliotheken ausgegeben wird.

Männer neigen ja oft dazu, Dinge zu verwenden, bis sie völlig unbrauchbar sind, während Frauen oft dazu neigen, sie viel scheller wegzuwerfen, wenn sie nicht mehr schön sind. So gesehen haben natürlich Frauen als statistische Gruppe die schlechtere Ökobilanz als Männer.

Eben deswegen bekomme ich wegen meiner oft als "grindig" oder so bezeichneten Plastiksackerln Diskussionen und Konflikte mit Frauen in Verwandtschaft und Bekanntenkreis.

Eine radikale Gegenposition dazu wäre Charlotte Roche mit ihrer Schmutzkultur, von der aber, weil Roche eine gute Medienstrategin ist, unklar ist, ob sie ernst gemeint war, oder eben nur Tabubruch und Bruch mit dem hygieneorientierten Frauenbild.

Das zeigt die Auswirkungen einer möglicherweise übersteigerten Hygieneunkultur, die die Welt verschmutzt, um individuell möglichst hygienisch, sauber und uninfektiös leben zu können. Das wäre ein klassischer Konflikt zwischen individueller Rationalität und kollektiver Rationalität.

Plastiksackerln können viele Vorteile haben: wegen der Luftdichtheit hält sich Brot in Plastiksackerln länger frisch. In Plastiksackerln kann man tropfende oder nässende Speisen verpacken, ohne dass sie den Rucksack oder die Tasche vollnässen.

Zu behaupten, ein Einweg-Papiersackerl sei umweltfreundlicher als ein jahrelang verwendetes Plastikssackerl, ist so eine himmelschreiende Dummheit, dass es wundert (oder auch nicht), dass das in unserer verdummenden Gesellschaft Mainstream ist.

Ebenso wie bei Benzin könnte man zur Wiederbefüllung von Flaschen, welcher Bauart auch immer, in Geschäften kommen. Bei oftmaliger oder jahrelanger Wiederverwendung würde sich die Stofffrage erübrigen. Eine Glasflasche, die man wiederverwendet und wiederbefüllt, verursacht genauso keine Umweltsverschmutzung wie eine Plastikflasche, die man jahrelang wiederverwendet; abgesehen von Reinigungsmitteln.

Plastik hat außerdem den Vorteil, dass es sehr leicht ist, leicht zu tragen. Glasflaschen und Metallbestecke sind viel schwergewichtiger, und weil man Glasflaschen und Metallbestecke wegen des hohen Gewichts nicht mit sich herumtragen kann, ist man auch Einweg- und Wegwerfprodukte angewiesen.

Was sich auch nicht bewährt hat, sind Papierbecher. Diese werden bei längerer Verwendung schnell löchrig und verlieren Flüssigkeit, was bei Plastikbechern nicht der Fall ist.

Umgekehrt verwenden Obdachlose (Obdachlosigkeit mit ihrer Vielfachwiederverwendung ist eine mehrheitliche Männerkultur), die ständig ihren gesamten Haushalt am Rücken tragen, sehr viel oder fast nur Plastik, weil es eben leicht ist und man es tragen kann.

Vom Plastiksackerl über das Plastikbesteck bis hin zur Plastikfolie, die einen in der Nacht vor dem Regen beschützt, ist die Obdachlosenkultur eine Plastikkultur, und zwar eine Kultur des ständig und Unzählige Male wiederverwerteten Plastik.

Und da Obdachlose auf ihren Ruf pfeiffen können, können sie auch Plastikprodukte solange verwenden, bis der dekadente Rest der Gesellschaft diese dauerverwendeten Plastikprodukte als "grindig", "schiach" oder sonstwie negativ bewertet.

Der Obdachlose (ich verwende hier absichtlich die männliche Form, weil es eine überwiegend männliche Kultur ist) ist überhaupt der Mensch mit ökologischem Fussabdruck von Null. Er besitzt kein Verkehrsmittel mit Verbrennungsmotor, er heizt im Winter nicht. Sein Verbrauch an fossiler Energie ist so gesehen NUll.

Und ja, manche gaben mir den Spitznamen "Diogenes", nach dem Philosophen im Fass.

Einer der Gründe, warum Plastik (ein Erdölprodukt) sich derart durchgesetzt hat, ist der niedrige Preis, der sehr wesentlich mit den Ölpreis zusammenhängt, der in den letzten Jahren durch Fracking gesunken ist; aber man kann annehmen, dass mit der Verknappung des Erdöls auch der Ölpreis und davon abgeleitet der Plastikpreis steigen könnte, womit auch die Einwegverwendung - zumindest im bisherigen Stil - erschwert bis unmöglich werden könnte.

https://www.cupsolutions.at/

Die Stadt Wien bzw. deren Umweltstadträtin unterstützt wiederverwertbare Coffe-to-go-Becher der Firma Cupsolutions.

https://www.cupsolutions.at/pwPosts/mycoffeecup-mehrwegbechersystem-fuer-wiener-innenstadt-26

Diese Becher sind mir aufgefallen, aber ich durfte sie nicht fotografieren, weil in der betreffenden Bäckerei (die auch Kaffee ausschenkt) Fotografierverbot existierte.

DIese Mehrwegbecher passen vom Prinzip her in mein KOnzept, aber was sie ökobilanztechnisch tatsächlich an Daten haben, muss sich erst erweisen.

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