In der "Krone bunt", also der farbigen Sonntagsbeilage der "Kronenzeitung" erschien ein äußerst fragwürdiger Artikel des angeblichen Juristen Tassilo Wallentin.

Darin behauptete er, in Bezug auf die Universitäts-Wien-Leitlinie zum "Geschlechterinklusiven Sprachgebrauch", es sei so kompliziert, unverständlich, skurril, kaum aussprechbar, etc.

Und als seinen Alternativvorschlag dazu schlägt er die Verkleinerungsformen "-chen" und "-lein" vor. Unter Berufung auf einen angeblichen Professor Steinbrink, die Verkleinerungsformen auf "-chen" hätten dann alle sächliches Geschlecht, seien also neutral.

Das mag jetzt auf das sprachliche Geschlecht zutreffen, nicht aber auf das biologische Geschlecht.

Als Beispiel erwähnt Wallentin das "Mönchlein", dessen weibliches Pendent (also Gegenstück) nicht das "Mönchlein" ist, sondern das "Nönnlein".

Und es stellt sich die Frage, ob diese Verkleinerungsform nicht auf etwas völlig anderes abstellt, zum Beispiel auf Jugend oder Geschlechtsreife: das "Kätzchen" klingt in meinen Sprachgebrauch eher nach einer jungen, weiblichen Katze, während das "Katerchen" nach dem jungen männlichen Kater klingt. Beides sächlich in der Sprache, aber unterschiedlich im biologischen Geschlecht.

So falsch Wallentin mit seinem Mönchlein auch im Konkreten liegt, so richtig könnte er mit der prinzipiellen Annahme liegen, dass Verkleinerungsformen und Abkürzungen genderneutrale Sprache sein können.

So hat sich zum Beispiel im Uni-Bereich "Studi" und "Studis" eingebürgert als Abkürzung für Studenten, Studentinnen, Studierende, etc.

Das sehr ähnliche "Profi" wiederum ist reine Abkürzung für "Professionist" oder "Professionistin", bzw. "Professioneller" oder "Professionelle", und zwar so sehr dass sich kaum mehr wer erinnert, dass das einst Abkürzungen waren.

Und mit dem Verdrängung des/der "Professionellen" durch den Begriff "Profi" erlangte der Begriff "die Professionelle" eine neue Bedeutung: "Sie ist eine Professionelle" heisst "Sie ist eine Prostituierte".

Ein Phänomen, das man bei Gendern durch Abkürzen und Verkleinern (was oft dasselbe ist), betrachten kann, ist, das gelegentliche Auftreten von Doppelbuchstaben.

Aus meiner Sicht sollten der/die "Assi" (für Assistent oder Assistentin) unterschieden werden von der/die "Asi" für "Asozialer", "Asoziale", das sich mittlerweile schon eingebürgert und Dudenfähigkeit erreicht hat, allerdings mit Doppel-ss.

Was natürlich die Frage aufwirft, ob alle Assis (also Assistenten oder -innen) Assis sind, also "Asozial". Ich als ehemaliger Assi eines Universitätsprofessors, der glaubt, sozial, aber nicht asozial zu sein, muss hier natürlich Protest einlegen und auf eine strikte Trennung von "Assi" und "Asi" drängen.

Der umgekehrte Effekt tritt bei den Professoren und Professorinnen auf: um Verwechslungen mit dem "Profi", also dem Professionisten oder der Professionistin, zu vermeiden, müsste oder könnte man die "Professoren und Professorinnen" als "Proffis" abkürzen, wobei sowohl "der Proffi" als auch "die Proffi" legitim wäre.

Ähnlich Pippi Langstrumpf mit ihrem "Zwei mal drei macht vier, widiwidiwitt, und drei macht neune" aus zwei Fehlern (2*3=4, 4+3=9) eine richtige Aussage (2*3+3=9) wird, so wird auch bei Wallentin, aus seinen mehrfachen Verkleinerungsfehlern der richtige Effekt, dass Verkleinerungen wie "Studi", "Studis", "Proffi", "Proffis" sowohl sprachökonomisch sinnvoll sind, also kürzer, um es unakademisch zu sagen, als auch Gendern ermöglichen, womit die alte Litanei der Genderfeinde, das Gendern verlängere und mache alles komplizierter, widerlegt wäre.

Und weil jetzt Wallentin so halbrecht hat, dass zwar Verkleinerung das Gendern ermöglicht, aber nicht das, das er erwähnt, müsste man seinen Text auch als "Halb-Fake-News" einstufen.

Eine weitere Möglichkeit zu Gendern, ist das "Leute", das es nur in der Geschlechtsneutralen Pluralform gibt. Bei Landeshauptmännern und -frauen hat sich schon das "Landeshauptleute" eingebürgert, samt "Landeshauptleutekonferenz".

In ähnlichem Zusammenhang, und weil es heute viel mehr selbständige Frauen/Unternehmerinnen gibt, könnte man auch z.B. die "kaufmännische Sorgfaltspflicht" ersetzen durch die "kaufleutische Sorgfaltspflicht".

Ein sehr wesentlicher Aspekt, den Wallentin unter den Tisch fallen läßt, ist, dass die Anstossgebung zu dieser UniversitätsLeitlinie (die eben nur eine Leitlinie) ist, ein Verfassungsgerichtshofurteil aus dem Jahr 2018 zum dritten Geschlecht ist.

Was bei ihm als Juristen oder angeblichen Juristen besodners krass ist.

https://personalwesen.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/d_personalwesen/Gleichstellung/Dokumente/Geschlechterinklusiver_Sprachgebrauch_in_der_Administration_der_Universitaet_Wien.pdf

https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?ResultFunctionToken=62561362-373c-4d35-bfaf-47efe3438247&Position=1&Abfrage=Vfgh&Entscheidungsart=Undefined&Sammlungsnummer=&Index=&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=G77%2F2018&VonDatum=&BisDatum=05.11.2018&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Dokumentnummer=JFR_20180615_18G00077_01

Hier der legendäre Pippi-Langstrumpf-Song mit den Halbfakenews "2*3=4", "4+3=9", "2*3+3=9"

Weil wir gerade bei Pippi Langstrumpf sind: laut Soziologischen Untersuchungen sind 99.9% aller Menschen, die nicht-zusammenpassende Socken oder Strümpfe tragen, männlich, also Männer oder Buben. Während das beim weiblichen Geschlecht praktisch sehr selten vorkommt.

Das möglicherweise berühmteste Beispiel für ein weibliches Wesen, das nicht-zusammenpassende Strümpfe trägt, ist wiederum Pippi Langstrumpf, wobei das bei ihr insofern besonders gravierend ist, weil diese - weil eben lange Stümpfe - besonders gut sichtbar sind, und weil der Strumpf eben in ihrem Namen vorkommt.

Dass Pippi Langstrumpf nun eine so männliche Eigenschaft wie das Tragen nicht zusammenpassender Strümpfe praktiziert, stellt sich die Frage, ob sie nicht intersexuell sein könnte, also genau das, was der VfGH in seinem 2018-Urteil für legitim und auch auszuweisend hielt und vorschrieb. Allerdings ist vielleicht ein Gegenargument, dass es bei Pippi Absicht ist, während es den meisten Männern/Buben unabsichtlich passiert.

Ein weiterer interessanter Fall möglicher Intersexualität ist Margaret Thatcher, die frühere britische Premierministerin, die sogenannte "Eiserne Lady": ihre Eltern sollen sich einen Sohn gewünscht, aber "nur" (aus ihrer Sicht) eine Tochter, nämlich Margaret, bekommen haben, sich aber dann dazu entschlossen haben, diese Tochter so zu erziehen wie einen Jungen, mit dem Resultat, dass sie eben Premierministerin wurde, die erste Großbritanniens.

Und in der Politik (siehe Falklandkrieg 1982, siehe Konflikt mit den Gewerkschaften 1980) eher männlich agierte.

Auf jeden Fall stellt sich die Frage, ob die Kombination aus weiblichem biologischen Geschlecht und männlichem Erziehungsgeschlecht nicht eine Art von intersexuellen Wesen hervorbringt.

Es gab mehrere landesweite Debatten, Befragungen, parlamentarische Untersuchungen zu Margaret Thatchers "Sink the Belgrano!"-Befehl (Die Belgrano war das argentinische Flaggschiff gewesen, also das Flaggschiff des britischen Kriegsgegners im Falklandkrieg). Verschiedentlich wurde Thatcher auch als "Hexe" ("Witch" ) oder als Kriegsverbrecher bezeichnet, u.A. auch wegen dieser Sache; bei der Versenkung der Belgrano kam eine große Zahl an argentinischen Soldaten ums Leben, auch deswegen, weil sie so schnell sank, nachdem der britische U-Boot-Kommandant in kurzer Folge drei Torpedos auf die Belgrano abgefeuert hatte.

Es stellt sich in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, inwieweit eine etwaige Schuld beim U-Boot-Kommandanten liegt, bzw. bei der argentinischen Militärjunta, die mit der Invasion der Falkland-Inseln (Malvinas aus argentinischer Sicht) den Krieg überhaupt begonnen hatte.

Die Entschlossenheit von Margaret Thatcher im Falkland-Krieg trug übrigens bei zum Ende der argentinischen Militärjunta, insbesondere von Präsident Leopoldo Galtieri und zur Demokratisierung Argentiniens und damit zur Stabilisierung von ganz Lateinamerika, was man ihr hoch anrechnen kann und soll.

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Hier Pippi Langstrumpf, mal in einer anderen Darstellung als durch Inger Nilson in der schwedischen Fernsehserie der späten 1960er, frühen 1970er, aber - wie es sich gehört - mit krass unterschiedlichen langen Strümpfen.

Eine weitergehende Frage ist die, ob Politik in die Sprache eingreifen soll oder nicht: Wallentin ist der Meinung: nein.

Aber es gibt zahlreiche Argumente, warum die Politik doch in die Sprache eingreifen sollte, und nicht darauf warten, dass sich Sprache von selbst weiterentwickle.

Erstens einmal transportieren zahlreiche unserer Bücher oder sonstigen Lesbaren Dinge eine vergangene Sprache, eine Sprache, die für frühere, längst vergangene Zeiten gemacht ist: zum Beispiel die Begriffe "Männerberuf" und "Frauenberuf" stammt aus einer Zeit, als es keine Soldatinnen, Polizistinnen, Automechanikerinnen und keine Kindergärtner oder männliche Hebammen gab.

Da sich im Vergleich zu früher in vielen Berufen gewisse Frauenanteile entwickelt haben, müsste man diese Begriffe eigentlich umbauen zu "Eher-männlichen Berufen" oder "Eher-Frauenberufen" oder sowas.

Jetzt ist die Krone aber nicht irgendein kaum gelesenes Obskurantistenmedium, sondern das meistgelesene Printmedium des Landes, mit einem Marktanteil, den es sonst kaum wo gibt auf der Welt, sodass sich die Frage stellt, ob man das so ohne Weiteres hinnehmen kann.

Und die Frage nach der Sprachvorschrift stellt sich ja auch in anderen Zusammenhängen und nicht nur im Zusammenhang mit dem Gendern: um zum Beispiel die islamische Polygynie (Ehe eines Mannes mit mehreren Frauen) auch ideologisch zu bekämpfen, erscheint überlegenswert, Begriffe wie "Nebenfrau" oder "Hauptfrau" zu verbieten, zumindest den Gebrauch in unwissenschaftlichem und unkritischen oder sogar polygynie-befürwortenden Zusammenhang. Ein politisches Wortverbot wäre hier nur die konsequente Fortsetzung der Tatsache, dass in Österreich die Polygamie, also Vielehe verboten ist, und eben auch die Polygynie.

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