Der Zwang zur Selbstinszenierung geht in der Politik so weit, dass manchmal jede sinnvolle Tätigkeit dadurch erschwert oder völlig zerstört wird. Ein klitzekleines Beispiel dafür, über das meiner Beobachtung nach kein einziges der Medien berichtete, fand ich mitten in Wien, im ersten Bezirk, der die größte Journalistendichte hat (mit Ausnahme vielleicht des dritten, in dem sich das Media-Quarter befindet).

Ein Schülerparlament hatte sich eine "Lümmelbank" (bei der man die Beine hochlagern kann) gewünscht, und die Politik, immer darauf bedacht, Wünsche der Bevölkerung aufzugreifen und zur Selbstinszenierung zu gebrauchen bzw. zu missbrauchen, hatte diesem "Wunsch aus der Bevölkerung" aufgegriffen ..... oder auch nicht.

Jedenfalls liess die Bezirksvorstehung, damit gemeint ist also wohl der Kollegialkörper aus Bezirksvorsteher(in) und Stellvertretenden Bezirksvorstehern vielleicht unter Einbindung der Bezirksvertretung, also des Bezirksparlaments (falls man es in Anbetracht der Abhängigkeit vom Rathaus als solches bezeichnen kann), ein Schild anbringen, das allerdings nicht auf der Seite montiert ist, sondern mitten auf der Sitzfläche: das Metall ist erstens kalt und zweitens unangenehm, weil es eine Erhöhung ist, und drittens kann man sich an den Ecken und Schrauben, mit denen dieses Schild befestigt ist, Socken, Pullover oder Hosen aufreissen. Und das ist wohl der (oder mindestens ein teilweiser) Grund, warum diese Sitzmöglichkeit, obwohl vom Schülerparlament gewünscht, kaum genutzt wird, auch kaum von den Kindergartenkindern und Schülern, die den Park nutzen.

Ein weiterer möglicher Grund könnte sein, dass diese Bank wegen des Schilds oder wege der Anbringungsart für ein Kunstprojekt gehalten wird, das nicht berührt werden darf.

"Gut gemeint ist das Gegenteil von gut getan", meinte Johann Wolfgang von Göethe einmal, wobei er eine wesentliche Frage offen liess: "Gut für wen ?".

In diesem Fall: gut für die Schüler oder gut für die Politiker ?

Mag auch der Nutzen für die Kinder wegen der falsch montierten Platte ein geringer sein, für die Politiker besteht der wirkliche Nutzen von Dingen, die angeblich für die Bürger beschafft wird, ja scheinbar rein darin, den Bekanntheits- und Popularitätsgrad der Politiker zu heben.

Auf jeden Fall ist dieser Fall ein Lehrbuchbeispiel, wie Politik angeblich für, aber in Wirklichkeit gegen die Bürger gemacht wird, auch wegen der Kosten und des Zeitaufwands in Zusammenhang mit diesem "Projekt" und dem geringen Nutzen.

Wie Selbstinszenierung der Politiker den Nutzen für die Bürger zerstört.

Klitzekleines, aber sehr vielsagendes Fallbeispiel mitten in Wien (vielleicht sogar Lehrbuchbeispiel fürs Politikwissenschaftsstudium), über das trotz der zentralen Lage überhaupt nicht berichtet wurde.

Derzeitiger Standort der "Lümmelbank", wobei sich das Lümmeln in diesem Fall auf die Politiker beziehen kann, nicht auf die Schüler: Hermann Gmeiner-Park. Der Handcursor zeigt die die genaue momentane Position der Sitzbank. Stadtplangrafiken der Stadt Wien sind nicht als JPG oder in einem ähnlichen Format speicherbar, sodass man die Grafiken fotografieren muss, um sie wieder uploaden zu können. Kein ideales softwaretechnisches Konzept.

Hermann Gmeiner war der Gründer der SOS-Kinderdörfer.

Diese mißglückte Aktion kann man auch als den Absichten von Hermann Gmeiner entgegengerichtet betrachten.

(Copyright aller Fotos: D. Knoflach)

Hier die Bezirksvorstehung des dritten Bezirks: aufgrund des D´Hondt´schen Verfahrens und der Tatsache, dass die SPÖ mit nur 28% mehr als doppelt soviele Stimmen hatte wie die drittstimmenstärkste Partei, erhält die SPÖ den Bezirksvorsteher und den dritten Bezirksvorsteher.

Wäre statt D`Hondt das Sainte-Lague-Verfahren verwendet worden, hätte die SPÖ nur den Bezirksvorsteher und der zweite Stellvertreter wäre der drittstimmenstärksten Partei zugefallen.

Dass man mit nur 28% sowohl den Vorsteher als auch einen Stellvertreter stellen kann, ist demokratiepoltisch äußerst problematisch. Das "rote Wien" beruht sehr wesentlich auf einem Wahlsystem, das die stimmenstärkste Partei, nämlich die SPÖ bevorzugt. Wien ist deswegen rot-regiert, weil eine Art "Stalin-System" angewandt wird: es ist unwichtig, was das Volk will, es zählt einzig und alleine, wer die Stimmen auszählt und wie.

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