Sicherlich gaaaanz, gaaaanz "zufällig" kurz nach der schwarz-blauen Koalitionsbildung in Niederösterreich haben nun der Linken zuzuordnende "Intellektuelle" (Menasse, Rabinovici, Ruiss, etc.) eine Debatte vom Zaum gebrochen mit dem Vorwurf, die Landeshymnen (insbesondere die niederösterreichische) seien nazistisch, sexistisch, bellizistisch (kriegerisch), sonstwie problematisch, etc.

Die Kritik bezieht sich einerseits auf Textstellen, und andererseits auf die Autoren (und -innen) der Hymnentexte.

Unser antifaschistisches Kampfblatt "Der Standard" behauptet in einem seiner Artikel, Franz Karl Ginzkey, der Autor des Textes der NÖ-Landeshymne, sei ein "glühender Nazi" gewesen.

Wahr ist eher das Gegenteil: wenn Ginzkey ein "glühender Nazi" gewesen wäre, dann hätte er wohl in den Jahren 1930-1936 einen NS-Beitrittsantrag gestellt, und nicht erst 1941. Dass Ginzkey erst so spät einen Beitrittsantrag stellte, scheint eher auf Opportunismus oder Mitläufertum oder auch auf Systemzwänge hinzuweisen. Damals 1941 nach Etablierung der Nazidiktatur bestand für Angehörige vieler Berufsgruppen so eine Art Pflichtmitgliedschaft bei irgendeiner Naziorganisation; daher sollte man Ginzkeys NS-Beitrittsantrag 1941 vermutlich nicht so hochspielen, auf eine Art, die der verstorbene "coole" Philosoph Rudolf Burger vermutlich als "hysterisch" oder als "antifaschistischen Karneval" (in Übernahme der Selbstbezeichnung mancher Karnevalisten) bezeichnet hätte. Beim Karneval ist es ja erlaubt oder fast geboten, zu verfälschen, zu karikieren, zu übertreiben, etc. (Ähnlich wie Burger verwende ich den Begriff der Hysterie, der "antifaschistischen Hysterie" hier als geschlechtsneutral, als sowohl Männer als auch Frauen umfassend, nur damit nicht wieder wer aus diesem Hysterie-Begriff einen angeblichen Sexismus ableitet).

Indem der "Standard" hier die Systemzwänge innerhalb des Nazistaates vertuscht und Spät-NS-Beitretenmüsser fälschlicherweise als "glühende Nazis" bezeichnet, verharmlost der "Standard" auch den totalitären Charakter des Nazi-Staates, auf eine Art und Weise, die man als in der Nähe des NS-Verbotsgesetzes befindlich betrachten kann, womit sich karnevalistisch die Frage stellt, ob der "Standard" wegen NS-Wiederbetätigung verboten werden müsse.

https://noe.orf.at/stories/3201630/

An der NÖ-Landeshymne konkret wird eher nichts kritisiert, dafür aber der Autor Franz Karl Ginzkey, der 1941 (also erst relativ spät) einen Aufnahmeantrag in die NSDAP stellte, der am 1.1.1942 genehmigt wurde.

Ginzkey war ursprünglich k.u.k.-Offizier, und schrieb 1909 das umstrittene Kinderbuch "Hatschi Bratschis Luftballon" (das auch ich in meiner Jugend in den 1970er-Jahren (also den SPÖ-Kreisky-Jahren) als Kind in verschiedenen Bibliotheken (auch Schulbibliotheken) sah oder ausborgte.

Diesem Buch werden wohl zu Recht rassistische Stellen vorgeworfen, insbesondere gegenüber Afrikanern, die in der Urversion von Ginzkeys Buch als Menschenfresser und quasi ideale Sklaven beschrieben werden.

Allerdings gibt es zwei Aspekte, die in der Debatte untergehen:

der titelgebende Hauptaspekt bildet die sogenannte "Knabenlese" im osmanischen Reich, bzw. in den Grenzgebieten rund um das osmanische Reich. "Knabenlese" bedeutete, dass Angehörige des osmanischen Reichs (christliche) Buben/Burschen entführten, islamisierten und zu Soldaten des osmanischen Reiches zwangsweise umerzogen, den sogenannnten Janitscharen.

Der Name "Hadschi Bratschi" ist bei Ginzkey vermutlich eine Anspielung auf Hadschi Bektasch, dem Führer eines islamischen Sufi-Ordens, deren Mitglieder diese zwangsweise Islamisierung und Militarisierung vollzogen. Dieser historisch richtige Konnex des Ginzkey-Buches zur osmanischen Knabenlese wird in der linken Rezeption meist "vergessen" oder vertuscht.

Meiner Einschätzung nach könnte der Hintergrund von Ginzkeys Buch Kriegspropaganda sein, dass Ginzkey als Offizier vermutete, dass in Bälde ein Krieg um die europäischen Teile des osmanischen Reiches ausbrechen werde, und dass er eine österreichisch-ungarische Kriegsbeteiligung an diesem Krieg ideologisch vorbereiten wollte (ob allerdings ein Kinderbuch dazu geeignet erscheint, ist zweifelhaft, aber Kinderbücher sind auch ein Mittel, um Eltern zu erreichen, oftmals Eltern, die man auf anderem Wege nicht erreichen kann).

Mit der vermuteten Einschätzung des baldigen Kriegs rund um die europäischen Teile des osmanischen Reiches hatte Ginzkey übrigens recht: 3 Jahre nach Bucherscheinung brach der erste Balkankrieg 1912-1913 aus, in dem die orthodoxe Allianz aus Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro (aber nicht Österreich-Ungarn) das osmanische Reich besiegte und ihm fast die gesamten europäischen Reichsteile abnahm.

Nicht nur, dass Ginzkey mit seiner Einschätzung einer österreichisch-ungarischen Gegnerschaft zum osmanischen Reich unrecht hatte, sondern im ersten Weltkrieg trat genau das Gegenteil des von Ginzkey Prognostizierten ein: das deutsche Reich und die österreichisch-ungarische Monarchie bildeten in diesem eine Allianz mit dem osmanischen Reich gegen eine britisch-französisch-russische Allianz.

Auch fraglich ist, ob man "Kunst" und "Künstler" so eng verflochten betrachten kann oder muss: Caravaggio war einer der größten Spätrenaissancemaler, vielleicht der bedeutendste Maler überhaupt, aber er war ein mehrfacher Mörder, ein Schläger, einer, der oftmals seine Stadt fluchtartig verlassen musste, manchmal, weil er mit seinen Starallüren und seiner Unterschichtherkunft den Gebräuchen der damaligen Adelsgesellschaft oft zuwiderhandelte.

Kein einziges Museum auf der Welt würde die Caravaggios, die es besitzt, abhängen, vernichten, billig verkaufen oder ähnliches, "nur", weil Caravaggio ein Mörder war. Nicht nur das, sondern die Gemälde von Caravaggio drehen sich oft um Gewalt, um biblische Gewalt.

Keines, abgelaufen https://de.wikipedia.org/wiki/Michelangelo_Merisi_da_Caravaggio#/media/Datei:Caravaggio_Judith_Beheading_Holofernes.jpg

Hier Caravaggios "Judith und Holofernes", nach der gleichnamigen Bibelpassage, politisch inkorrekt laut linken Zensurkünstlern wegen der darin gezeigten Gewalt, aber politisch korrekt, weil eine Frau einen Mann tötet (der nebenbei der General war, der ihr Land mit seiner Armee überfallen hat). Der Vorwurf an Ginzkey, er habe die Buchverbrennungen gutgeheissen, könnte überzogen sein - laut dem, was ich gelesen habe, schien er aus dem PEN-Club ausgetreten zu sein, nachdem dieser sich gegen die Buchverbrennungen der Nazis ausgesprochen hatte - was nicht automatisch bedeutet, dass Ginzkey die Buchverbrennungen gutgeheissen hätte, sondern auch bedeuten kann, dass er vielleicht mit einer neutraleren Position des PEN-Clubs zufrieden gewesen wäre.

Hier gilt die Trennung von Künstler und Werk, die insbesondere Linke für linke Künstler oft geltend machen: die Glorifizierung revolutionärer Gewalt durch linke Künstler müsse man ignorieren, weil man (linke) Künstler und Werk eben getrennt betrachten müsse.

Dasselbe gilt für Linksintellektuelle oder Links-Pseudointellektuelle bei "rechten" "Künstlern" aber nicht.

Wenn in (als rechts betrachteten) Landeshymnen Textpassagen wie "Männermut und Frauentreu" vorkommen, dann schwillt von der Linken ein lautes Protestgeschrei an, das umso unglaubwürdiger erscheint, als derselbe "Sexismus" im linken Partisanenglorifizierungslied "Bella, Ciao!" nicht thematisiert wird, sondern verschwiegen wird: im Song "Bella, Ciao!" sind es die Männer, die entscheiden, wann und wofür sie in den Partisanenkampf ziehen, während die Frauen die Pflicht haben, zuhause zu bleiben und zu warten, bis der Mann vielleicht zurückkehrt, und falls der Mann nicht zurückkehrt, seinen Tod italienisch-laut zu beklagen. Und es hat noch nie ein Linker Intellektueller (oder Pseudointellektueller) die Umtextung von "Bella, Ciao!" gefordert, weil das darin beschriebene Geschlechterbild den heutigen Umständen nicht entspreche, so wie bei den Landeshymnen. Auch das ein Indiz, dass es nur um Wahlkampf geht, nur um parteipolitische Agitation, und dass alle angegebenen Gründe nur Vorwände sind, deren Durchsichtigkeit auffällt, wenn man das lagerspezifische Pendent betrachtet. Nicht zuletzt sagte ja die frühere Wiener "Kulturstadträtin" Ursula Pasterk, die Kultur sei ein Ideologie- und Propagandaressort.

Es ist auch heute noch so, dass Kriegsführung dominant eher eine männliche Domäne ist: es gibt Wehrpflicht für Männer (nur in Israel gibt es Wehrpflicht für beide Geschlechter).

Im Ukrainekrieg herrscht Fluchtrecht für Frauen und Fluchtverbot für Männer, was so eine Art Kriegsbeteiligungspflicht ist.

Auch wenn es Frauen in der ukrainischen Armee gibt, so sind sie dennoch in der krassen Minderzahl, und umso krasser, je näher die Soldatenbeschäftigung am Kampfeinsatz ist: beim Sanitätswesen, bei Nachschub und bei Ausbildung ist der Frauenanteil in vielen Armeen weit höher als in der kämpfenden Truppe.

Ein weiterer Kritikpunkt an verschiedenen Landeshymnen ist das sogenannte "Undemokratische", eine angeblich übertriebene Verbundenheit mit der Heimat und eine übergroße nazi-ähnliche Treue, die der Nibelungentreue ähneln solle.

In der oberösterreichischen Landeshymne heisst es beispielsweise in der ersten Strophe

"Haimátland, Haimátland!

Han di so gern,

Wie rá Kinderl sein Muedár,

Á Hünderl sein'n Herrn."

Im Zeitalter des Demokratismus, des Populismus, der durch den Populismus entstehenden Staatsverschuldung und der dadurch entstehenden Inflation stellt sich die Frage, ob wir nicht schon in einer Stufe es zu exzessiven Demokratismus seien, und ob nicht eine gewisse Gebundenheit an die Heimat und gewisse Pflichten gegenüber der Heimat stärker betont werden müssten.

John F. Kennedy (ein Mitte-Links-Politiker, der Demokratischen Partei angehörig) sagte einmal: "Frag´ nicht, was Dein Land für Dich tun kann, sondern frag´, was Du für Dein Land tun kannst".

Heutige demokratistisch-populistische "Linksintellektuelle" oder "Links-Pseudointellektuelle" würden dieses Zitat eines linken Politikers wohl eher Adolf Hitler zuordnen, so dröhnend Pflichten betonend und Wünsche eingrenzend, wie es ist.

Und eine ähnliche Doppelmoral gibt es auch beim angeblichen oder wirklichen Rassismus: Ginzkeys Tendenz zum Rassismus wurde und wird oft kritisiert, auch und insbesondere in einem Artikel in unserem antifaschistischen Kampfblatt "Der Standard". Dieser ist wenigstens aus dem Jahr 2008 und somit sicherlich nicht auf die schwarz-blaue Regierungsbildung in Niederösterreich gemünzt, aber die Doppelmoral des "Standard" besteht meiner (fehlbaren) Beobachtung nach darin, dass derselbe "Standard" Tendenzen hin zu einem schwarzen, anti-weissen Rassismus, so wie er sich zum Beispiel in der US-Rapband "Public Enemy" äußerte, nicht thematisierte, und auch nicht die Verbindungen dieses schwarzen, anti-weissen Rassismus hin zum Islam, wie zum Beispiel von zwei Mitgliedern von "Public Enemy" zu Louis Farrakhans "Nation of Islam", deren Ziel die Abspaltung eines schwarzen, muslimischen Gebiets von den USA zu sein scheint.

Zusammen mit Drogen (Cannabis), dem "Die EG ist ein Christenklub, der Muslime ausgrenzt"-Sager des türkischen Präsidenten Erdogan zählte auch "Public Enemy" zu den "Inspirations"-Quellen, die einen Austro-Türken in den späten 1990er Jahren dazu brachten, mich schwer zu verletzen. Der Begriff "Assassin" (Attentäter, Mörder) leitet sich übrigens vom Haschisch ab, dessen "Genuss" eine Wirkung hat, die die menschliche Tötungshemmung ausschaltet, neben den halluzinogenen /Fehlwahrnehmungen-verursachenden und psychose-erzeugenden Wirkungen, die diese Droge auch haben kann.

Vielleicht auch, um dem schwarzen, anti-weissen Rassismus entgegenzuwirken, machte die ebenfalls schwarze, ebenfalls US-amerikanische Rap-Band Run DMC ein Remake ihres Hits "Walk this way!" gemeinsam mit der weissen Rocker-Band Aerosmith, das konflikthaft beginnt, und sich dann in Kooperation wandelt:

Obwohl dem "Standard" die Infos darüber vorlagen, weigerte er sich "standhaft", darüber etwas zu publizieren, schliesslich bin ich ja scheinbar nur ein Enkel eines SS-Mannes, der laut antifaschistischer Doktrin scheinbar kein Lebensrecht habe und getötet oder schwerverletzt werden dürfe, völlig egal, ob Christ oder sekular.

Und dieses Attentat auf mich "passierte" auch noch zu Zeiten eines SPÖ-Kanzlers (Vranitzky oder Klima), und der Täter wurde auch noch abgeschoben, obwohl er den Wehrdienst in der Türkei noch nicht abgeleistet hatte, weshalb er von der türkischen Armee eingezogen werden konnte und in den Kurdengebieten oder im Syrienkrieg eingesetzt werden konnte, mit der damit verbundenen Gefahr, verletzt oder getötet zu werden.

Der Fall zeigte also, dass das Dogma der "Willkommens"-Fanatiker, Abschiebungen in Todesgefahr dürften nicht stattfinden, auch nicht in die geringfügigste Todesgefahr, in Wirklichkeit gar nicht gilt, und dass Österreich immer schon Abschiebungen in geringfügige Todesgefahr stattfanden, was der "Standard" aber scheinbar nicht publizieren kann, weil es an den Grundfesten von Ideologie von großen Teilen von Redaktion und LeserInnen-Schaft rütteln würde.

Und um zu verschleiern, dass es Abschiebungen in geringfügige Todesgefahr seit langem und unter SPÖ-Kanzlern gab/gibt, nahm der "Standard" auch in Kauf, dass durch dieses Verschleiern Kritik am türkischen Präsidenten Erdogan, an seinem Zug ins Diktatorische, an seinem Radikal-Islamismus mitverschleiert wurde, bzw. mitverschleiert werden "musste" - und das noch dazu mitten im türkischen Wahlkampf. (Womit nicht gesagt sein soll, dass alle Strömungen innerhalb des Islam radikal wären)

Weitere Aspekte der linken Doppelmoral wären, warum in Wien noch immer Sozialdemokraten geehrt und gewürdigt werden, die punktuell Parallelen zum oder kurzfristige Sympathien mit dem Nationalsozialismus hatten, wie Julius Tandler oder Theodor Körner, und warum die heutigen Linksintellektuellen das niemals thematisieren, sondern sehr konsequent totschweigen. Bzgl. Karl Renner (auch SPÖ) gibt es eine derartige Kritik, die man allerdings auch als sehr überzogen betrachten kann, erstens, weil eine gewisse Anschluss-Sympathie (auch schon vor dem Nazismus) bei Renner aufgrund seines Sudetendeutschen Hintergrunds verständlich ist, und zweitens, weil Renner seine Interviews mti Nazi-Blättern immer auch mit Kritik am Nationalsozialismus verbunden hatte, was vermutlich der Grund war, warum der dann sowas wie eine Interviewsperre mit ebendiesen Naziblättern bekam.

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