US-Präsidentschaftswahl 2016 und das Verhältnis zu Israel

Im kommenden Jahr finden in den USA die nächsten Präsidentschaftswahlen statt und es wird bereits eifrig spekuliert, wer letztendlich kandidieren wird und wer denn die größten Chancen auf einen Wahlsieg hätte. Ich möchte keine persönlichen Präferenzen bekanntgeben oder darüber spekulieren, wer am Ende im Weißen Haus sitzt, sondern allein die Frage aufwerfen,  von welchen der bislang aussichtsreichsten Personen eine solidarischere Haltung gegenüber Israel zu erwarten ist. Warum das derzeit von der Obama-Administration betriebene Appeasement gegenüber dem Iran fatale Folgen nicht nur für Israel sondern für die ganze Region hat, wurde bereits am gestrigen Tag in einem Artikel von Alex Feuerherdt ausführlich und treffend dargelegt, deshalb sehe ich an dieser Stelle nicht die Notwendigkeit, zu begründen, dass ein weiterer Chamberlain im Weißen Haus nicht wünschenswert sein kann. Ich werde mich also darauf beschränken, anhand der Aussagen der bisherigen FavoritInnen einen Überblick über die Positionen hinsichtlich der Unterstützung Israels zu bieten. Dabei sei natürlich vorab die Einschränkung gemacht, dass aus einer oppositionellen Haltung heraus leicht Meinungen vertreten werden können, die sich dann nicht zwingend in praktischer Politik niederschlagen.

Auf Seiten der Republikaner sind bislang vor allem Jeb Bush (ehemaliger Gouverneur von Florida), Rand Paul (Senator von Kentucky) und Ted Cruz (Senator von Texas) im Gespräch. Bush positionierte sich kürzlich in einem Artikel für  National Review deutlich proisraelisch. Er kritisierte Obamas Haltung bei den Verhandlungen über das iranische Atomprogramm und seine zu zaghafte Bekämpfung des IS und wies auch darauf hin, dass die  Obama-Administration andererseits Israel immer Zugeständnisse abverlangt, deren Sinn zweifelhaft ist und die letztendlich sogar zu Lasten Israels gehen. Es ist in der Tat eine schwerwiegende Fehleinschätzung, zu glauben, Israel und die Palästinensergebiete befänden sich in einem bloßen Territorialkonflikt, der durch einige Zugeständnisse gelöst werden könnte. Man wird die Lage nicht zutreffend analysieren können, wenn man völlig abstrahiert vom eliminatorischen Antisemitismus sowohl der Hamas als auch der vermeintlich „moderaten“ Fatah. Es wäre natürlich illusorisch, zu glauben, Bush ließe sich bei seiner proisraelischen Haltung allein von einer  Analyse des Antisemitismus leiten und nicht etwa von realpolitischen Erwägungen. Die „Israelsolidarität“ bürgerlicher Staaten und Regierungen kann auch gar nicht mehr sein als eine Unterstützung soweit es den eigenen Interessen dient, doch gerade eine solche Form von Solidarität ist es schließlich, auf die Israel vor allem angewiesen ist.

An Rand Paul ist auch gut zu sehen, wie schnell die proisraelische Haltung ad acta gelegt wird, wenn man der Ansicht ist, es sei im Interesse der USA, Israel nicht zu unterstützen. Man wird nicht behaupten können, Paul sei ein ausgesprochener Gegner Israels, problematisch ist bei ihm allerdings der traditionelle paläolibertäre Isolationismus, für den auch sein Vater Ron Paul bekannt ist. Verbunden mit dem ebenfalls paläolibertären Ziel, die Staatsaugaben in allen Bereichen drastisch zu senken, würde dies auch bedeuten, jede Hilfe für Israel einzustellen. Paul scheint diesen Einwand bereits vorauszusehen und präsentiert sich daher auf seiner Homepage als Unterstützer Israels. Seine „Unterstützung“ beschränkt sich allerdings darauf, das Ende aller Zahlungen an die Palästinensische Autonomiebehörde zu fordern. Der dahinterstehende Gedanke ist simpel: Israel bekommt keine Unterstützung mehr, die Feinde Israels aber auch nicht. Unnötig zu erwähnen, dass der jüdische Staat viele Feinde und nur wenige Freunde hat. Der eventuelle Rückzug des wichtigsten Verbündeten Israels wird daher nicht aufgewogen durch die Einstellung der Zahlungen an die PA.

Ted Cruz positioniert sich innerhalb der republikanischen Partei selbst zwischen dem paläolibertären Isolationismus eines Rand Paul und der interventionistischen Linie, für die besonders John McCain stehe. Im September des vergangenen Jahres machte er Schlagzeilen, als er auf einer Konferenz arabischer Christen in Washington D. C.  nach einer proisraelischen Rede regelrecht ausgebuht wurde. Zentral in seiner Rede waren folgende Worte: „Those who hate Israel hate America. Those who hate Jews hate Christians. If those in this room will not recognize that, then my heart weeps. If you hate the Jewish people you are not reflecting the teachings of Christ.“ Cruz ist damit ein klassischer Vertreter einer biblisch begründeten israelfreundlichen Haltung, wie sie charakteristisch ist für weite Teile der religiösen Rechten in den USA. Konstitutiv für diese Position ist besonders der imaginierte gemeinsame Feind, der sowohl Christen als auch Juden, sowohl Israel als auch die USA hasse. Eine doch recht wirklichkeitsfremde Sichtweise, wenn man bedenkt, wie viele christliche AntisemitInnen und AntizionistInnen es gibt.

Bei den Demokraten werden zur Zeit Hillary Clinton (ehem. Außenministerin) und Joe Biden (Vizepräsident) als FavoritInnen gehandelt. Clintons Position wirkt zuweilen widersprüchlich. Einerseits benannte sie zwar die Hamas klar als Schuldige am Gaza-Konflikt und die Verurteilung Israels als antisemitisch motiviert, doch ist sie auch sehr zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen der Verhandlungen um das iranische Atomprogramm, welche deutlich zu Lasten Israels gehen. Dies muss ihr nicht als israelfeindlich ausgelegt werden, auch die Obama-Administration wird vermutlich ehrlich und aufrichtig der Überzeugung sein, der Sicherheit Israels ausreichend Rechnung getragen zu haben. Die Bedenken gegenüber den Verhandlungen sind jedoch mehr als berechtigt und nicht so einfach beiseite zu wischen. Es steht zu befürchten, dass Clinton diese Appeasment-Linie als Präsidentin fortsetzen würde, im Glauben, damit auch die Interessen Israels zu berücksichtigen.

Biden, der Vizepräsident der aktuellen Administration, sieht sich selbst als einen Zionisten und einen dezidierten Unterstützer Israels. Wenn er allerdings Obama den größten Unterstützer Israels seit 30 Jahren nennt, so kann man dies nur als geradezu groteske Fehleinschätzung betrachten. Natürlich ist nicht zu erwarten, dass Biden in seiner Position als Vizepräsident die Linie Obamas in irgendeiner Form attackiert, doch ist bei ihm ebenso wie bei Clinton fraglich, ob er lediglich eine von ihm als falsch betrachtete Linie aus innenpolitisch-taktischen Gründen oder aus  Loyalität verteidigt, oder tatsächlich der Auffassung ist, nach bestem Wissen und Gewissen die Sache Israels zu vertreten.

Von den bisherigen FavoritInnen positioniert sich also niemand offen israelfeindlich, im Gegenteil, alle behaupten, die Interessen Israels berücksichtigen zu wollen, selbst der Isolationist Rand Paul tut dies in seiner ihm eigenen Logik. Allen gemein ist auch die Begründung ihrer Haltung als im besten Interesse der USA. Negativ gewendet kann man dies auch so verstehen, dass die Unterstützung Israels nur so lange gilt wie sie auch für die USA von Vorteil ist. Sollte also eine Situation eintreten, in der die Interessen Israels mit denen der USA nicht nur nicht deckungsgleich sind sondern einander sogar entgegenstehen, dann kann es durchaus passieren, dass Israel völlig allein steht. Letztendlich ist dies auch der Grund für die Existenz des Staates Israels. In einer in Nationalstaaten organisierten Welt, in der Antisemitismus nach wie vor  ein dringendes Problem ist, können Jüdinnen und Juden wenn es darauf ankommt keinen Schutz als Minderheit in einem Nationalstaat erwarten sondern nur in einem eigenen und bewaffneten Nationalstaat, im Staat Israel.

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