Unlängst war meine Tochter Amelie auf Schullandwoche. Da sollten die Kinder ihre Handys nicht mitnehmen. Sollte tatsächlich etwas sein, konnten wir Eltern die Lehrer anrufen.

Diese Zeit ohne den persönlichen Kontakt – noch nicht einmal übers Handy - ist uns sehr schwer gefallen. Uns beiden. Wir sind es gewohnt, uns sonst tagtäglich abzustimmen, uns auszutauschen und selbst den Schulweg noch als heilige, gemeinsame Zeit zu nutzen, um miteinander Dinge zu besprechen.

Ich weiß nicht, ob wir vom Handy abhängig sind und ob das Fehlen des Kontakts ein gutes oder schlechtes Zeichen ist. Ich glaube jedoch, wenn das Handy als Ersatz für das persönliche Gespräch dafür genutzt wird, sich miteinander zu unterhalten, ist es für mich positiv. Da hörst du die Stimme, den Ton und hast die Verbindung.

Ich kenne aber auch Freunde, für die das Handy für die Kontrolle ihrer Kinder ganz wichtig ist. Ich kann es verstehen, wird uns ja suggeriert, dass die Welt heute so viel gefährlicher ist. In unserer Mutter-Tochter-Beziehung ist Kontrolle aber nicht stark ausgeprägt: Als Amelie ein Baby war habe ich ein Buch einer Wissenschafterin gelesen, die bei einem Stamm in Südamerika war und erforscht hatte, warum dort keine Phobien existieren. Sie ist draufgekommen, dass die Kinder dort 1 – 1,5 Jahre dauernd am Körper getragen und nach dieser Zeit auf den Boden gesetzt werden, um selbstständig zu sein. Da werden keine Gruben zugeschüttet, keine Messer weggeräumt, sie werden gelassen – und es passiert dort nicht mehr oder weniger als bei uns. Die Kinder und Eltern erhalten aber offensichtlich so eine innere Sicherheit, dass sich keine Phobien – weder Höhenangst noch Spinnenphobie – entwickeln. Das hat mich unglaublich beeindruckt und beeinflusst. Deshalb habe ich vermutlich nie geschrieen: „Pass auf!“, wenn Amelie auf eine Leiter gestiegen ist. Ich habe das Glück, großes Vertrauen zu meinem Kind zu haben und ja, diese innere Sicherheit hilft in schwierigen Situationen sicher mehr als das Angstbewusstsein.

Die ersten ein – zwei Tage ohne Kontakt zu Amelie waren trotzdem chwer. Ich hatte das Gefühl, sie verloren zu haben. Erst dann konnte ich wieder ins Vertrauen gehen und habe mich erinnert: Wenn man sich um jemanden sorgt, dann schwächt man ihn. Wenn man aber ins Vertrauen geht, ist alles gut. Dann weiß man, dass das Kind eine super Zeit hat, die man ihm auch gönnt und dass man angerufen wird, sollte tatsächlich etwas passieren. Es ist schwierig, aber gut zu lernen, jemanden auch sein zu lassen – auch die eigenen Kinder – und sie nicht dauernd anzuquatschen. Ab einem gewissen Alter haben sie das nicht mehr so gern, dass die Mama dauernd kommt und nachfragt – da ist es heilsam, sich mit oder ohne Handy wieder zurückzunehmen. Das ist wichtig, aber nicht einfach. Die Liebe will sich nämlich dauernd mitteilen, aber braucht manchmal auch stille Stunden.

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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KatharinaWallner

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