Geht es Ihnen auch so?: Man mag das Wort schon bald nicht mehr hören! Zum Wust an Artikeln, die dazu allein in der Schweiz erschienen sind, habe ich ebenfalls beigetragen; ich bitte um Nachsicht! Aber der Anlass trügt nicht, es geht im Endeffekt und im übertragenen Sinn um eine Eiterbeule als Symptom für einen Pestbefall. Wird lang- oder mittelfristig weiterhin Friede herrschen? Jener, den die EU richtigerweise ihren Gründervätern zugute schreibt, von dem sie jedoch übersieht, dass sie selbst ihn ungewollt bedroht? Oder hat der Dritte Weltkrieg, diesmal asymmetrisch geführt, bereits begonnen und trägt die jetzige EU in naiver Weise bei: durch die Aufhebung der Grenzkontrollen innerhalb des Schengenraumes und der Unfähigkeit dessen Außengrenzen wirksam zu schützen?

Enrico Bergmann

Städte waren früher ein Hort der Sicherheit, mit Stadtmauern umgeben, mit tagsüber bewachten Toren, die nachts geschlossenen wurden. Auch bei Häusern und Wohnungen wurde achtgegeben, dass keine ungebetenen Gäste eintraten. Ist es schon ein Verstoß gegen das Rassismusgesetz, wenn man darauf hinweist, dass es ohne Multikulti, aber mit gewissen minimalen Kleidercodes, einfacher war, fragwürdige Gestalten auszumachen? Wohlverstanden: Heute ist zurecht nicht mehr der oder die Andersfarbige oder die Person mit zerschlissenen Hosen die dubioseste! (Nur sind heute die Risse in den Baumwollpflückerhosen, genannt Jeans, in den seltensten Fällen Spuren schwerer körperlicher Arbeit!)

In ländlichen Gegenden hat diese Sicherheit sogar bis in die Fünfzigerjahre überlebt, ohne dass man Häuser und Wohnungen abschließen musste.

Yves Rossier, der Schweizer Beamte und Diplomat, würde diese Feststellungen als die Sehnsucht nach einem verlorenen Paradies bezeichnen. Da mag was dran sein. Aber hier sind sie als Argument dafür gemeint, dass – wenn die Zeiten schon geändert haben – neue gewisse Gewohnheiten nicht schaden könnten.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Neue Formen der Überwachung sollten heute die einstmaligen ersetzen und vermehrt für Sicherheit sorgen. Wer nichts zu verbergen hat und sich berechtigterweise an einem bestimmten Ort aufhält, müsste eigentlich auch nichts dagegen haben, wenn seine Anwesenheit, z.B. durch eine Überwachungskamera dokumentiert wird. Die Sprache hat einen träfen Ausdruck für jene, denen Schalter mit Bewegungsmeldern ein Horror sind: lichtscheu!

Aber zurück zum Brexit und der darüber verfügbaren Lektüre. Ein Element fehlt erstaunlicherweise auch in den Artikeln von Autoren mit Rang und Namen: die Geschichte! In einem Verein, dessen 28 Mitglieder ausnahmslos noch im industriellen Zeitalter Monarchien oder Teile von solchen waren, kann man doch nicht erwarten, dass demokratische Strukturen entstehen. Nun gilt zwar ausgerechnet England als die Monarchie schlechthin. Wer das behauptet übersieht, dass diese schon mehr als 100 Jahre vor der französischen Krone damit beginnen musste, ihre Macht zu teilen. Das heutige England ist in vielen Bereichen demokratischer organisiert als beispielsweise Frankreich. Bei den Briten wurde das Volk wenigstens gefragt und es hat sich entschieden. Dass es gewissen europäischen Kontinentalmächten (Spanien, Frankreich, Deutschland) nicht gelungen ist, die Britischen Inseln zu erobern, dürfte jetzt noch Ressentiments wecken.

Genau so wie der weiße Fleck mitten im Blau des versprochenen Himmels auf Erden, wie er heute die EU-Karte bekleckert, Vorurteile schürt. Dass er schon im Ersten und Zweiten Weltkrieg bestand, wird geflissentlich übersehen, kleingeredet oder – im Inland – nach Nestbeschmutzerart kritisiert.

Außer der Schweiz wird jetzt auch England der Rosinenpickerei verdächtigt. Von Leuten, die sich für eine Elite halten und sonst nicht an Lebensmittelallergien leiden, denn sie haben die Weisheit mit dem Löffel gegessen. Sie täten gut darn, ihre letzten Irrtümer mal unter die Lupe zu nehmen, die mit ein Grund für das gegenwärtige EU-Bashing sein mögen. Zu diesen Leuten gehören leider auch solche aus meiner ehemaligen Partei, der einzigen, der ich jemals angehört habe, der freisinnigen. Dass ihre ehemalige Koryphäe, die bezüglich eines Autounfalls Gedächtnisschwierigkeiten zugibt, nun zu den klassischen Komponenten der Mischfarbe Braun auch jene der Absonderung der Leber beimischen will, zeugt von weiteren Vergesslichkeiten: Aus Verlustangst hat das Schweizer Volk bis heute noch nie seine Seele verkauft. Auch wenn ein Teil oder die Gesamtheit der »Bilateralen« in der jetzigen Form flöten gingen, darob würde die Schweiz nicht untergehen. Um die Sicherheit der »TEUTANIC« müsste man sich da eher Sorgen machen.

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