In meinem Einstandartikel bei F&F geht es um eine Zeitreise in die eigene Vergangenheit. Eigentlich geht das niemanden was an, aber neulich las ich bloggen sei Exhibitionismus. Na denn ...

Da war ich also tatsächlich am letzten Samstag im Oktober 2015 in Bartenstein. Ein innerer Zwang trieb mich dorthin. Mein Unterbewusstsein hatte mir einen Streich gespielt und „Bartenstein“ in den Brennpunkt meiner Gedankenwelt gerückt. Ausgerechnet Bartenstein, ausgerechnet. Mir wurde schnell klar was mir mein Unterbewusstsein mit Bartenstein mitteilen wollte. Ich hatte – Schande über mich – wiedermal den Geburtstag meines vor 20 Jahren verstorbenen Vaters vergessen. Geburtstage sind nicht so mein Ding. Ich habe mir fest vorgenommen, demnächst auch meinen eigenen Geburtstag zu vergessen. Es wird klappen, ich bin mir sicher.

Der Weg zum Ziel

Fast hätten mir familieninterne Turbulenzen noch einen Strich durch meine Samstagsnachmittags-Planung gemacht, aber nur fast. So fuhr ich also gen Crailsheim und weiter nach Blaufelden, vorbei am Gourmet-Tempel „Zum Hirschen“ und weiter nach Riedbach. Nach einer kurzen Erleichterung auf einem Parkplatz kurz hinter Riedbach bog ich nach links ab und landete alsbald im Kleinod Bartenstein. Der Schritt vom Kleinod zum Kleinöd ist nicht groß, aber damit würde man Bartenstein unrecht tun.

Bartenstein, das vergessene ehemalige Residenzstädtchen abseits der Hauptverkehrswege im Herzen von Hohenlohe, liegt in einem Dornröschenschlaf - schon lange. Als ich das letzte Mal vor circa 20 Jahren hier war, war Bartenstein schon eingenickt und döste bereits vor sich hin. Und so wie es aussieht, wird es auch noch lange so bleiben. Aber ich hatte auf der Heimfahrt eine Vision, die alles ändern, und Bartenstein aus seinem Dornröschenschlaf erwecken könnte. Doch dazu später.

Denkmalgeschütztes Unterbewusstsein

Ich und mein Unterbewusstsein hatten sich natürlich ausgiebig im Internet über Bartenstein informiert. Ich hatte viele tolle Bilder gesehen. Ich hatte gelesen, dass das Kleinod Bartenstein mit Schloss, Schlossstraße und Hofgarten unter Gesamtdenkmalschutz steht. Und ich – und mein Unterbewusstsein – hatten verdrängt, was man dort selber erlebt hatte.

Und es kam wie es kommen musste: Ich brauchte zwei Anläufe, um überhaupt in Bartenstein zu parken, auszusteigen und mich zu räuspern. Beim ersten Anlauf parkte ich unten am Schloss, war bereits halb in meine Jacke geschlüpft, doch dann blickte ich die Schlossstraße entlang und schüttelte den Kopf. Nee, dachte ich, also wirklich nicht. Was soll ich hier, es ist immer noch genauso, wie ich es in Erinnerung habe.

Am Brunnen mittendrin

Und nun stehe ich hier gegenüber vom Rathaus. Der Brunnen am Gallasini Platz plätschert leise. Die im Westen stehende Sonne setzt das Laub der Bäume im Hofgarten in Brand, ein flammendes Farben-Inferno blendet meine Netzhaut. Und dann diese wohltuende Stille. Ich bin ja anfällig für Stille. Linkerhand steht das ehemalige Hofbaumeisterhaus, ein schönes Barockgebäude in Rot. Halbrechts hinter mir, am Abzweig zur Käppelesgasse, befindet sich das ehemalige Hofgärtnerhaus. Und hier beginnt dann auch der Hofgarten, der sich über 250 Meter bis zum Schloss hinunterzieht und dessen Stützmauer die Nordseite der Schlossstraße begrenzt.

Ich gehe Richtung Schloss, halte mich in der Mitte der Straße, Autoverkehr muss ich nicht befürchten. Die dreiflügelige Schlossanlage präsentiert sich schmucklos, ebenso der Schlossvorplatz. Der „Adler“ hat geschlossen und ja, eigentlich hat das ganze Areal zwischen Riedbach-Tor und Schloss irgendwie geschlossen. In dem Schloss wohnt der Fürst zu Hohenlohe-Bartenstein und der weigert sich noch immer, sein Schloss für die Öffentlichkeit zu öffnen. Und solange das so ist, wird es auch keinen Tourismus in Bartenstein geben. Was vielleicht sogar besser ist.

Ich mache ein paar Fotos und auf dem Rückweg lese ich die Haustafeln, die an den Häusern der Schlossstraße hängen und die die wechselvolle Geschichte der einzelnen Gebäude beschreiben. Ich kreuze den Gallasini Platz und gehe Richtung Riedbach-Tor. Hier irgendwo muss es sein, das Elternhaus meines Vaters mit dem Plumpsklo im Hinterhof. Als ich mit 6 Jahren das erste Mal in Bartenstein sein musste, hat dieses Plumpsklo mein Verhältnis zu Bartenstein nachhaltig geprägt. Zumindest bilde ich mir das ein. Niemals wollte ich wieder in Bartenstein sein, niemals. Mein Wunsch ging allerdings nur teilweise in Erfüllung.

Was bleibt

Ja nun, das Elternhaus meines Vaters habe ich nicht gefunden, aber das war auch nicht das Ziel meiner Reise. Wollte ich meinen Vater finden? Vielleicht. Was habe ich gefunden? Nun ja, ein Kleinod, einmalig in Deutschland - Bartenstein halt.

Doch Wanderer lass dir sagen, falls dich dein Weg jemals nach Bartenstein führt, erwarte nichts: Kein Café, kein Wirtshaus und keine Übernachtungsmöglichkeit. Bring dir eine Flasche Rotwein mit, setzt dich verbotenerweise in den Hofgarten und genieße es hier zu sein.

Und jetzt noch meine Vision: Ich sehe in Bartenstein eine selbstverwaltete Senioren-Residenz, einen Tummelplatz der jungen Alten. Das wäre das Beste, was Bartenstein passieren könnte.

Und wir werden im Hofgarten sitzen und einen mentalen Block bilden. Und die Kraft unserer Gedanken wird alles Böse in dieser Welt hinwegfegen, sowie ein Herbststurm die Blätter von den Bäumen bläst. Ich weiß nur noch nicht genau, wann das sein wird. Heute nicht mehr, morgen vielleicht oder übermorgen. Was weiß ich. Aber man sieht sich – in Bartenstein. Gebongt, oder?

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Markus Andel

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fischundfleisch

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Silvia Jelincic

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