da greste gschichtldrucka von da gaunzen wöd!

dafür lieben wir ihn.

den willi resetarits.

am 21. 12. 2018 wird er 70ig.

ich gratuliere von ganzem herzen.

https://www.youtube.com/watch?v=i7N0mj9R8HU

prolog

ich geb zu, ich bin ein fan vom willi (soweit ich halt prinzipiell zum fantum geeignet bin, was eh nur sehr bedingt der fall ist).

schon in der damals besetzen arena beim konzert der schmetterlinge.

ich war ganz am anfang seiner karriere als „ostbahn kurti“ dabei. bei einem seiner ersten konzerte in mödling waren beinahe mehr menschen auf der bühne als im publikum. aber es war grandios.

ich war natürlich auch bei den stadionkonzerten.

auch stubenblues und seine auftritte mit dem molden hab ich ebenso natürlich nicht ausgelassen.

aber viel lieber sind mir die kleinen auftritte.

so einen durft ich erleben.

die gschicht

also machts die augen zu und stellts euch vor:

zweiter hieb, stuwerviertel. das ist das grätzel in wien, gleich neben dem prater, wo die huren auch unter tags auf der straße stehen. auch die ganz jungen. wo meine hund in den „club“ gehen und schweinsbratenresteln von den mädeln abstauben. wo die mädels keine glitzernden bodies und keine pelzmäntel tragen. wo die neonleuchten in den auslagen schon älter ausschauen, als neon überhaupt sonstwo je ausschauen wird. wo erlaubte und unerlaubte drogen, schwerarbeit, einsamkeit und armut die landschaft der gesichter und geschichten der hier geborenen und der hierher aus aller herren länder gezogenen, modelliert hat.

stellts euch vor, ein abend nach einem arbeitsfreien tag mit frühsommerlichem wetter, also angenehmen temparaturen und sonnenschein, überall entspannte und freundliche gesichter und sogar die spärlichen autofahrer bleiben stehen und lassen einen über die strasse gehen ohne dass man sie dazu nötigt. an jeder ecke schanigärten mit menschen die eine nahezu mediterrane stimmung verbreiten.

und in diesem viertel sitz ich dann am abend in einem saal.

in einem alten gemeindebau und über dem eingang steht in roten buchstaben „parteiheim“. und ohne dass es eine genauere bezeichnung der partei gibt ist ganz klar, dass sich um ein lokal der spö handelt. die buchstaben sind aus einer zeit als das s noch für sozialistisch gestanden ist.

aus großen fenstern mit den für zwischenkriegsgemeindebauten typischen neugotischen rundungen fällt der rest des tageslichtes durch die vorhänge und wie es sich für gutbürgerliche arbeiterwohnzimmer gehört, gibts zu den vorhängen seitenteile. und die sind mit so lindgrünen wollfuzerln und dunkelgrün gesprengelt. so ganz typisch anfang siebziger. wobei ich mir sicher bin, dass die farbwahl der vorhänge aber rein gar nichts mit einer eventuellen politischen gesinnung der auswählenden zu tun hat. noch dazu, wo die vorhänge deutlich älter sind als der potentielle politpartner der hier beheimateten partei. an den wänden hängen wandleuchten aus der zeit, aus der mit plexiglas kristallleuchten imitiert wurden. der saal ist gefüllt mit tischen, die eine resopalplatte, und sesseln, die löcher in den lehnen haben. an der stirnseite des saales gibt es eine kleine bühne. von der decke der bühne hängen ein paar lose drähte, eindeutig dazu bestimmt derzeit nicht vorhandene beleuchtungskörper mit strom zu versorgen. auf der bühne steht einer von den resopaltischen, ein paar löchrige sessel, einige mikrophone und ein paar musikinstrumente. (ich bin ja nicht ganz zufällig da, sondern besuche eine kulturveranstaltung.) an der stirnseite der bühne und auch an der rückseite des saales, und das ist ganz wichtig, hängt je ein bild vom bruno kreisky. ein bild vom vranitzky tät auch hier nicht her passen.

gleich vor dem saaleingang gibt es ein kleines buffet, das ehrenamtlich von langjährigen verdienten mitgliedern betreut wird. zum essen gibts selbstgemachtes chilli und frankfurter. das achtel wein, egal ob rot oder weiß, kostet zehn schilling. das einzige, was mir da noch fehlt sind eiaufstrichbrot.

sehr viele menschen sind noch nicht da.

ist auch noch zeit bis zu beginn der veranstaltung. aber nachdem der star des abends einer der ihren ist, kommen sie auch die menschen die hier leben. und es ist wirklich einer der die massen bewegen kann, der sich zwar selber nicht als star bezeichnen tät, der aber einer ist, wenns sowas in österreich überhaupt gibt. einer, der auch große hallen und freiluftplätze mit tausenden von leuten füllen kann. aber heut ist krimiabend mit musikalischer untermalung. der erfinder des rock´n´roll, herr kurt ostbahn, liest texte aus den romanen von günther brödl über kurt ostbahn. und dazwischen musiziert die auf ein trio geschrumpfte kombo.

und dann ist es soweit, die sessel sind besetzt, das krügerl oder der weiße spritzer hatte während der wartezeit keine gelegenheit zum verdunsten und wird kontinuierlich nachgeliefert, und die akteure betreten die bretter die angeblich die welt bedeuten. aber nicht nur die akteure. mit ihnen kommt einer, der hier daheim ist, ich vermute der sektionsleiter oder wie immer das heißt. und der hält jetzt vorher noch eine rede. bedankt sich artig dafür, dass der grosse herr ostbahn hier in die niederungen der arbeiterwelt gestiegen ist und liefert dabei einen akt unfreiwilliger komik. aber auch das geht vorüber.

das licht geht aus und die „light-show“, die aus zwei strahlern mit rotem und gelbem licht besteht, kann beginnen.

herr ostbahn und die restkombo sind in blendender laune, die musik rockt und wenn der kurti dann mit unterstützung vom „dr. trash“ liest und in seinen abschweifungen vom text die „echten“ geschichten erzählt, sieht man seine figuren aus den liedern dann wirklich. alles tieftraurige, tragische gestalten denen das leben eigentlich keine sonne beschert. der polypka rudl z.b. der alte kinobilleteur, dessen nahrungs- und flüssigkeitszufuhr sich ausschließlich auf billigen weinbrand und haltbarmilch beschränkt, und der sein dasein jetzt als geldwechsler in der peepshow am neubaugürtel fristet. dem in seltenen momenten der geistigen klarheit der james cagnie in einer großen limousine hinterherfährt. die rikki, das mädel aus der peep-show, die sich nichts sehnlicher wünscht als eine neue haut. ohne tappser, eine die ihr ganz allein gehört. den herbert „bertl“ braun, der schon in der schul ein arschloch war, noch immer eines ist und glaubt er ist der größte.

dass dann zum text „in da oarbeit muass ma alles gebn“ die drei pfeile der spö gehießt werden, ist nur ein nettes detail am rande.

und dann natürlich die geschichte von der roten anni. die spielt zwar am äußeren gürtel, im espresso rosi, gleich ums eck beim modehaus beck, könnt sich aber genausogut hier im club neun oder der suzi-bar abspielen. da herinnen sitzen ein paar, die solche geschichten nicht nur vom hörensagen kennen, sondern die das auch erlebt haben. und weil dem so ist passiert dann auch was.

während der kurti also das lied von der roten anni zum besten gibt und mehr als hundert daumen mehr oder weniger den richtigen rhythmus schnippsen kämpft sich einer von ganz hinten durch die tische und sessel nach vor zur bühne. leicht illuminiert, aber in keiner weise bösartig. so mitte vierzig, schlank, unter der jean leuchten die weissen tennissocken in den abgetretenen schuhen, schwarze lederjacke und ein psk-kapperl am kopf. endlich vor der bühne greift er dann in den hosensack und zieht ihn triumphierend heraus. den grottenfeitl. so einen, wie er in der geschichte von der roten anni und ihrem kavalier auch eine rolle spielt, dem ernstl gehört und den er in die rippen kriegt. triumphierend klappt der er den feitl auf und überreicht ihn dem ostbahn. der endgültige beweis, dass das alles wirklich genauso ist, wie da gesungen wird. der feitl wird dem kurti sozusagen ehrenhalber überlassen. er wird sozusagen zum großen träger des grottenfeitls ernannt.

und wie dann noch als zugabe der song „feuer“ intoniert wird, eine geschichte die jeder von uns nur allzugut nachvollziehen kann, geraten alle aus dem häuschen. die brave, abgearbeitete exschönheit vor mir in der bermudashort über ihrem zu großen hintern, mutiert nocheinmal zur discoqueen. der jetzt wehrlose, weil feitllose psk-kapperl-träger schaut jetzt nicht mehr nur im gesicht dem keith richard ähnlich.

und ich sitz da, gröll ganz laut feiiiaaa, hab meinen körper trotz größtmöglicher nüchternheit nicht mehr unter kontrolle und fühl mich sauwohl.

fühl mich sauwohl unter menschen, die ich nicht kenn, denen nichts geschenkt wird, die aber jetzt trotzdem mehr leben als all die wohlerzogenen, gutsituierten, frustrierten klone in ihren bmw-cabrios in döbling und sievering je leben werden.

epilog

ZWANZIG JAHRE SPÄTER!

statt dem parteilokal in der vorstadt der stadtsaal auf der mahü.

aus dem ruderleiberl vom kurti ist ein anzug vom willi resetarits geworden.

der spritzer aus dem doppler ist eine thermoskanne mit kaffee geworden (oder tee – so genau weiss man das nicht).

dem motto der veranstaltung entsprechend drapiert mit rotem schal und roten schuhen. der ostbahnkurti ist eine tussi geworden.

aus dem rot beleuchteten stuwerviertel eine gentrifizierte bobogegend und aus unmittelbar betroffenen eine zivilisierte schar von „kurtologen“.

inklusive meiner wenigkeit.

und die nochtschicht hat sich in eine vormittags-matinee verwandelt.

im ersten teil der veranstaltung wird geplaudert. der gastgeber dient aber maximal als stichwortgeber. entstehung und geschichte vom kurti sind das thema. die metamorphose nimmt ihren lauf und aus dem herrn resetarits wird wieder der kurti.

und er macht, was er immer schon am besten gekonnt hat.

gschichtl drucken.

er erzählt von der ersten tour und von konzerten bei denen auf der bühne mehr menschen gestanden sind als im saal. besucherrekord in tulln – 27 personen.

bei einem dieser konzerte – in mödling – war ich anwesend. inklusive eiaufstrichbrot verzehrend.

aber natürlich erzählt er auch von der kaiserwiese mit 20.000 zusehern.

und er erzählt von durchzechten nächten an die er sich eigentlich nicht erinnern kann.

eine unterhaltsame stunde.

pause

aber der kurti wär nicht der kurti, hätt er nicht ein paar rechtschaffene und hervorragende musikanten eingeladen.

und nur die plauderei hätte ja vielleicht auch nicht die leut hinter dem warmen ofen hervorgeholt. es wird also musiziert.

und plötzlich ist es völlig egal, ob stadtsaal, parteiheim oder tulln.

vergessen der anzug und der zahn der zeit, der an jedem von uns zehrt.

vergessen, dass eine oder andere dem fortgeschrittenem alter geschuldeten wehwehchen.

es ist, als ob es die letzten zwanzig jahre nicht gegeben hätte.

da fährt er wieder der 57er chevy und die gitarren sind laut wie eh und je.

in da oabeit muas ma ollas gebn verkündert er sein credo und das treibt dem einen oder anderen neben der obligaten gänsehaut tränen in die augen. wenn dann die rikki aus der peepshow das wort ergreift und ihre bedürfnisse nach einer neichn haud kundtut is es vorbei mit dem sitzen.

hallelujah!

dass die zeit stillstand ist aber nur eine sehr subjektive empfindung und entspricht leider nicht den tatsachen. auch dieser vormittag geht zu ende. der dr. ostbahn verabschiedet sich unter lauten kurti-kurti-rufen.

aber einer geht noch. einer ist immer noch gegangen.

und wer würde schon von einem ostbahn-konzert heimgehen, ohne bis zur heiserkeit „feia“ geplärrt zu haben?

und weil der kurti halt der kurti is, weiss er, was er uns schuldig ist.

inklusive einem gschichtl bevors mit romeo und julia weitergeht.

da irgendwo links von der bühne bin ich damals auf der hohen warte auch gestanden!

und wenn sich hoffentlich wieder gelegenheit ergibt werd ich meine alten geschundenen knochen wieder in stellung bringen.

kann man den mythos ostbahn kurti eigentlich erklären?

ich versuchs mit einem gschichtl

es war mitte der 90er und ich hatte besuch aus england. bekennender rock-fan. zufällig war der kurti in der stadt und gab ein konzert im vindobona. wir also auf um uns mit lauten gitarren und mundharmonika beschallen zu lassen. unsere bzw. meine erwartungen wurden zur vollsten zufriedenheit befriedigt. nach dem konzert versuchte ich meinem nicht deutsch und schon gar nicht wienerisch kundigen gast zu erklären wovon der da oben gesungen hat und warum das die leute so mitgerissen hat. was mir folgende antwort einbrachte:

unbekannt

„don´t try to explain – I understand every single word“

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