ChatGPT ist absolut erstaunlich. Hier wurden Probleme gelöst, welche die KI-Forscher der 80er und 90er überfordert haben.

Ich habe ChatGPT zwei Witze erzählt und wollte jeweils danach wissen, warum die Witze lustig sind. ChatGPT gab darauf Antworten, aus denen hervorging, dass die KI die beschriebenen Vorgänge vollkommen versteht und versteht, wie Witze prinzipiell funktionieren. Allerdings versagt die Maschine beim zweiten Witz, weil es ein Wortspiel und einen kreativen Ad-Hoc-Akt beim Publikum erfordert, den die Maschine anscheinend nicht leisten. Ich habe den ersten Witz für weit schwieriger gehalten.

Was die Maschine beherrscht, ist haarsträubend.

  • Die Maschine verwendet in seiner Argumentation die Begriffe nach den Vorgaben wie "der eine Teenager", "der andere Teenager", "der Mann", "der alte Freund", usw.
  • Die Maschine weiß und kann darüber nachdenken, wofür Haustiere gut sind und dass die Anthropomorphisierung von Tieren Spaß macht
  • Die Maschine weiß, wie Wortspiele und Absurdität prinzipiell funktionieren und dass eine Pointe vom Unterschied zwischen der Erwartung und der Offenbarung lebt, wie es wirklich ist

Hier der erste Witz in meiner eigenen Übersetzung (Unterhaltung war auf Englisch).

Ein Mann trifft zufällig einen alten Freund auf der Straße, begrüßt ihn und bemerkt, dass er einen Pinguin dabei hat. "Hey, herziger Pinguin, wo hast du den her?" Der Freund antwortet: "Keine Ahnung, war auf einmal da und folgt mir auf Schritt und Tritt. Was soll ich machen?" - "Geh mit ihm in den Zoo." Am nächsten Tag treffen sich die Freunde wieder und der Pinguin ist wieder dabei. "Warst du nicht im Zoo mit ihm?" - "Doch, hat ihm sehr gut gefallen. Heute gehen wir ins Kino und morgen in den Lunapark."

Meine Erklärung zur Funktionsweise wäre: Der Mann hat mit "Geh mit ihm in den Zoo" gemeint, dass der Pinguin dortbehalten und vom Zoo fachmännisch versorgt wird. In der Pointe stellt sich heraus, dass der Freund den Pinguin zu dessen Unterhaltung mitgenommen hat und, durch diesen Erfolg ermuntert, weitere Unterhaltungen für den Pinguin anstrebt. (Der Witz ist so platonisch, weil die AI anfängt, linksgrünen Bullshit abzusondern, wenn man auch nur erklärt, dass bestimmte Vornamen eine Frau nahelegen.)

Die Erklärung der AI war mehr oder weniger identisch. Die Maschine weiß, dass der Witz wegen der Anthropomorphisierung lustig ist, und dass es absurd ist, dass ein Pinguin Besuche von Zoos, Kinos und Rummelplätzen genießen könnte. Das ist für sich eine irre, geradezu unglaubwürdige Leistung für ein Computerprogramm, die im 20. Jahrhundert von den meisten Fachleuten als Science-Fiction erledigt worden wäre. Ich selbst bin damals zum Schluss gekommen, dass das mit den damaligen Methoden nicht möglich war, aber die damaligen Methoden werden heute nicht mehr verwendet. ChatGPT hat mit den damaligen Methoden nichts zu tun. Mir ist jedoch ein Rätsel, wie die deklarierten Methoden das beobachtete Verhalten und die Leistung erzeugen können. Die Maschine versteht den zentralen Punkt, dass das Publikum vom Witz durch "Geh mit ihm in den Zoo" zunächst auf einen Holzweg in der Auffassung geschickt werden -- genauso wie der frischgebackene Halter des Pinguins im Witz.

Im zweiten Witz wollte ich es der AI eigentlich leichter machen, mit einem simplen Wortspiel, das vermutlich versagte, weil es das Wort "decomposing" in der vorgestellten Weise gar nicht gibt. Das habe ich übersehen; ich dachte, dass die Maschine alle Wörter kennt und ihre Bedeutung in simplen Bedeutungswolken versammeln kann, daher relativ leicht entdecken kann, dass die Bedeutung in der Pointe aus einer anderen Wolke kommt als zunächst angenommen. Der Witz lässt sich nicht gut übersetzen. Er involviert einen Beethoven in der Gruft, der Noten ausradiert, also das Gegenteil von Komponieren macht -- "decomposing". ("to compose" = komponieren.) "Decomposing" heißt aber auch "verrotten", was eine übliche Tätigkeit von Leichen in der Gruft ist. Die Maschine scheiterte vermutlich daran, dass es kein "decomposing" im Sinne von "unkomponieren" gibt. Diese automatische Kreativität ist anscheinend noch dem Menschen vorbehalten.

Die Erklärung der Maschine war wieder verblüffend, verfehlte jedoch das Thema. Die Maschine hielt "decomposing" im Sinne von "unkomponieren" anscheinend für meinen Rechtschreib- oder Tippfehler und fasste es vermutlich als "composing" auf. Die Maschine hielt für lustig, dass jemand in der Gruft noch Aktivität zeigt, z.B. Komponieren, was laut Maschine absurd ist. Mich erstaunt, dass die Maschine weiß, dass jemand in der Gruft tot ist, und dass Tote typischerweise gar nichts machen.

So etwas wurde im 20. Jahrhundert durch sogenannte "Frames" gelöst, die jedoch einzeln von KI-Forschern in besonderen Programmiersprachen in den Computer hineingefizelt werden mussten. Ein Frame könnte z.B. sein "Ich höre in der Firma auf zu arbeiten und gehe Mittagessen". Im Frame wäre dann (durch besondere, immer neue Programmiersprachen) aufgeschrieben, dass man dann in die Kantine oder ins Gasthaus geht, dort für Essen bezahlt, dort vielleicht Kollegen trifft, die ebenfalls essen, das alles unter Bezugnahme auf andere Frames wie "man isst, weil man Hunger hat; man muss regelmäßig essen, weil die Nahrung im Körper verbraucht wird" oder "man arbeitet nicht gerne und ist froh, wenn man aufhören kann zu arbeiten" oder "ein Gasthaus ist ein Ort, an dem für Geld Getränke ausgeschenkt und gekochte Mahlzeiten angeboten werden", usw. Die Programme des 20. Jahrhunderts waren eng spezialisiert, weil sie bloß ein paar hundert Frames kannten, wenn überhaupt und außerdem nur sehr schlecht nach Textpassagen richtig zuordnen konnten. Die Programme hatten auch einen sehr begrenzten Wortschatz.

Auf Witze angewendet: Die Maschine weiß und kann darüber räsonieren, dass Witze oft durch Diskrepanzen in solchen Rahmen entstehen. Beim Aufbau vermeint das Publikum, im einen Frame zu sein, z.B. Rüge durch den Chef, aber in der Pointe stellt sich heraus, dass man sich im Ehebruch-Frame bewegt hat. Damit kennt sich ChatGPT anscheinend aus, sowie mit Motiven und Regungen in Menschen und sogar vermenschlichten Tieren. Ausgerechnet bei Wortspielen versagt die AI, obwohl ich erwartet hätte, dass die Maschine als Textanalyse-Bossmonster dabei so etwas wie Heimvorteil hat. Das erstreckt sich anscheinend nicht auf frisch erfundene Bedeutung von Wörtern wie "entkomponieren".

Wie Millionen von perfekten Frames in der Maschine durch bloße Textanalyse entstehen, ist mir ein Rätsel. Bei der Textanalyse werden Korrelationen aufgedeckt und sogenannte "Cluster" ("Bedeutungswolken", mein Ad-hoc-Begriff) gebildet. Das hat maschinelle Übersetzungen revolutioniert, was im 20. Jahrhundert überhaupt nicht funktioniert hat. Es gab komplett unbrauchbare Systeme für viel Geld zu kaufen, darunter von Langenscheidt und Siemens. Wie kann eine Maschine erkennen, ob das Wort "Hahn" als "rooster" (Gockelhahn) oder "tap" (Wasserhahn) übersetzt werden soll? Konnte sie im 20. Jahrhundert ja gar nicht. Der geneigte Leser kann es übrigens auch nicht, wenn er bloß das Wort "Hahn" sieht. Google industrialisierte für solche Probleme eine simple Methode: eine riesige Menge an Übersetzungen von Menschen analysieren. Dabei stellt sich heraus, dass immer, wenn im selben Text Wörter wie "Bauernhof", "Misthaufen", "Eierproduktion" oder "Kikeriki" vorkommen, der menschliche Übersetzer "rooster" wählte; bei "Flansch", "Wasser", "Soda" und "Abwasch" das Wort "tap". (Das wären zwei der oben erwähnten "Bedeutungswolken".) Ausgerüstet mit der Erkenntnis aus dieser Beobachtung weiß Google Translate, ob von einem Gockel- oder Wasserhahn die Rede ist.

Die meisten großen Firmen verwenden diese Technik seit 20 Jahren zur Klassifizierung von Kundenanfragen per E-mail, z.B. die Telekom. Will jemand eine neue Nummer? Ist ein Telefon kaputt? Funktioniert das Internet nicht mehr? Einfach auf die Wörter in der E-mail blicken. Auch die Autoren von ChatGPT berufen sich auf diese simple Technik.

Wie aus so einer Textanalyse Frames entstehen, wie die Maschine die einzelnen Kontexte der Unterhaltung verwaltet oder Motive in Figuren in Witzen nachvollziehen kann, kann ich nicht erklären, weil es hier für mich eine riesige Lücke gibt.

Fest steht jedenfalls, dass die Technik noch relativ neu ist und sehr schnell besser wird. Viele Anwendungen drängen sich auf, besonders, wenn die Technik mit gesprochener Sprache kombiniert wird. Vermutlich wird in Kürze das gesamte Telefon-Support-Wesen auf Maschinen umgestellt, was prinzipiell gut wäre, denn Support ist Mord. Außerdem können enzyklopädisch kenntnisreiche Maschinen am Telefon wahrscheinlich zielführender Ratschläge geben als "Abdrehen - wieder aufdrehen - nochmal anrufen, wenns noch immer nicht geht".

Andere Anwendungen wären die Beurteilung von Kreditwürdigkeit nach Dokumenten, Auffinden von relevanten Präzedenzfällen in der Rechtsliteratur für die Strafverteidigung, Prüfung von Benutzerdokumentation, Auskünfte bei WKO, AK oder Bürgerbüro, sowie im Schulunterricht. Ein gigantisches Feld wäre Medizin, sobald die Technik mit Befundanalyse kombiniert wird. Kein Arzt kann damit mithalten. (Viele Ärzte können schon mit Google nicht mithalten, obwohl damit keine Reklame gemacht wird.)

Der Vollständigkeit halber -- die Unterhaltung im Original

HAWAII: Want to hear a joke?

MASCHINE: Of course! I'd love to hear a joke. Please go ahead and share one with me.

So ein Austausch hätte schon im 20. Jahrhundert durch gespeicherte Konservensätze funktioniert. Stimulus-Response.

HAWAII: A man bumps into an old friend, they greet each other and the man notices that the friend has a penguin with him. "Hey, cute penguin. Where did you get it?" The friend replies: "Don't know. The penguin was there all of a sudden, following me around. What am I supposed to do?" The man suggests to take the penguin to the zoo. The next day, the two meet again, and the penguin is still with the old friend. "Hey, didn't you go to the zoo with the penguin?" - "Oh, we did. The penguin loved it. Today we go to the movies and tomorrow we go to the luna park!"

MASCHINE: That's a great joke! I enjoyed it. Thanks for sharing it with me.

Mehr Konservensätze. Maschine bräuchte nicht die leiseste Ahnung zu haben, worum es geht.

HAWAII: Why is the joke funny?

MASCHINE: The joke is funny because it plays on the idea that animals can follow people and be taken on outings, as if they were pets. The idea of a penguin enjoying a trip to the zoo, the movies, and a amusement park is unexpected and humorous, as it is not something that typically happens in real life. The joke also has a touch of absurdity, which can be a source of humor in and of itself. Overall, the joke is a lighthearted and playful take on the relationship between humans and animals, and the humor comes from the mismatch between the expected and the actual.

Okay, DAS ist neu. Hier kommt das 21. Jahrhundert.

HAWAII: What did the man mean by "Take the penguin to the zoo"? How did the friend construe the suggestion?

MASCHINE: In the joke, the man suggests that the old friend take the penguin to the zoo as a way to solve the problem of the penguin following him around. The friend misunderstands the suggestion and takes the penguin to the zoo as if it were a pet or a companion, rather than as an animal that needs to be housed in a zoo. This misunderstanding creates the humor in the joke, as the friend's actions are unexpected and absurd. The joke also implies that the penguin is happy to go on outings with the old friend, adding to the humor. The man's suggestion to take the penguin to the zoo was meant to solve a problem, but the friend's interpretation of the suggestion created a new and humorous situation.

Blech-Status: Weggeflogen. Es gab wahrscheinlich noch im 21. Jahrhundert Fachleute, die eine solche Leistung prinzipiell ausgeschlossen hätten. Das alles angeblich durch bloßes Wörterzählen und -verwalten, wohlgemerkt. What. The. Fuck. Ich alter Mann im 21. Jahrhundert.

HAWAII: Not quite right, but better than the answer I heard from some humans.

MASCHINE: I apologize if my answer didn't fully meet your expectations. I'm here to help, so if you have any further clarification or questions, please let me know. I'll do my best to provide you with a more accurate and helpful response.

Die Maschine protestiert hier nicht...

HAWAII: I expected to be blown away by your answer, what somewhat worked.

MASCHINE: I'm glad I could provide some assistance, even if it wasn't exactly what you were hoping for. I strive to provide accurate and helpful answers, but there may be times when I fall short of your expectations. If there's anything specific you'd like to know or any way I can improve my responses, please let me know. I'm here to help!

HAWAII: Two teenagers go to the graveyard and find Beethoven's crypt. They move the heavy block of granite barring the entry to the crypt. Inside, they see Beethoven being busy with musical sheets and an eraser. "Hey, Beethoven, what are you doing?" one teenager asks. "I'm decomposing."

MASCHINE: That's a great joke! The humor comes from the play on words between "decomposing" and "decomposing," which is a common misspelling of "decomposing." The joke is that the teenagers expect to see Beethoven resting in his grave, but instead they find him working on musical compositions, as if he's still alive. The idea of a dead composer still composing music is unexpected and absurd, which adds to the humor of the joke.

Dass die Maschine den Witz als solchen ohne Vorankündigung erkennt, lässt sich durch bloßes Wörterzählen a la Telekom-E-mail-Sortierung gut erklären. Die Deutung des Witzes ist unzureichend, aber die Maschine versteht alle Einzelheiten der Handlung, was auch durch bloßes Wörterzählen erklärt wird, was mich jedoch, wie gesagt, nicht befriedigt, vermutlich wegen meiner Inkompetenz. Vielleicht ist für die Maschine verwirrend, dass die Bedeutung von "decomposing" als "das Gegenteil von 'komponieren'" für den Witz frei erfunden ist.

HAWAII: Not quite, but a few million dollars more investment will make you really good at appreciating jokes.

MASCHINE: I apologize if my answer didn't fully capture the humor of the joke. As an AI language model, I don't have personal experiences or emotions, but I am programmed to understand and analyze language and provide relevant information. However, I'm always learning and improving, so please let me know if there's anything I can do to better understand or appreciate jokes in the future.

Konserve, blah. Eher lästig. Es gibt eine KI, die das nicht macht, aber die ist S U P E R G E F Ä H R L I C H:

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