Der Weg unserer Demokratie in die Ochlokratie

Allen Herrschaftsformen droht die Gefahr, durch Eigennutz der Herrschenden, Regierenden eine schädliche Wirkung auf die Gesellschaft zu entfalten. Schaut der König oder Monarch nur auf sich selber, wird er zum Tyrannen, der Autokrat wird zum Oligarchen und die parlamentarische Demokratie verkommt zur Ochlokratie, zur Pöbelherrschaft. Das betrogene Volk hebelt die Elemente der Demokratie aus, rottet sich zusammen und kippt zuerst die Minderheitenrechte, eine der tragenden Säulen einer Demokratie. Grölend ruft es sich zur Mehrheit aus und bezieht sich auf das MEHRHEITSRECHT. Das ist der erste Schritt und geschieht noch mit Hilfe der Demokratie und ihrer Meinungsfreiheit. Der Aushebelung der Minderheitenrechte folgt dann die Gewalt gegen alle, die anders sind, die nicht der Masse folgen. Das Ende der Demokratie folgt, war mit dem Angriff auf Minderheiten schon vorprogrammiert. Frieden in einer Gesellschaft kann es nur geben, wenn jeder Bürger frei leben und sich gemäß seiner Talente entwickeln kann, wenn Vielfalt gewährt ist. Glück, das persönliche, nicht das gekaufte, entsteht aus der erfolgreichen Entfaltung der angeborenen Talente.

Darauf hat eine Demokratie zu achten. Auch der "kleine Mann" muss seine Talente entwickeln können und darf von keinem "Herrscher" unterdrückt werden. Diese Freiheit gewähren ihm nur demokratische Spielregeln. Werden die Spielregeln von anderen Teilnehmern auf den Kopf gestellt und ist dieser Akt irreversibel, muss über andere Herrschaftsformen nachgedacht werden, die die Pöbelherrschaft beenden, ohne die Freiheit des Einzelnen zu gefährden. Scheinbar kann die Demokratie sich nicht selbst schützen, denn dafür müsste sie autoritär werden, was ihr widerspräche. Man müsste mit autoritären Mitteln antidemokratische Tendenzen bekämpfen. Man müsste all jenen einen Maulkorb anlegen, die auf die Pöbelherrschaft zusteuern. Niemand schafft das aber, weil es eben paradox ist und weil wohl auch jeder mit seinem eigenen Überleben beschäftigt ist. Zudem kann oder will niemand beurteilen, wo Pöbel anfängt und aufhört. So geht die zarte, heikle Pflanze Demokratie stillschweigend unter. An ihrer Stelle wachsen rauhe Disteln und andere bärtige Kräuter, die sich für unentbehrliche Gewächse halten.

Dabei gäbe es eine theoretisch einfache Lösung für Europa, wenigstens zur Überbrückung dieser politisch stürmischen Zeit: Es könnte auch demokratische Monarchien geben. Es könnte einen demokratischen König geben. Haben wir diese Staatsform schon einmal ausprobiert? Nein. Ich kenne keinen "demokratischen Monarchen". Mir sind nur parlamentarische Monarchien bekannt, in denen der Monarch keine Macht über die Regierungsgeschäfte hat.

https://de.wikipedia.org/wiki/Monarchie

In Europa gibt es noch vier konstitutionelle Monarchien, wo sich, je nach Verfassung, der Monarch teilweise in die Politik einmischen könnte, es aber augenscheinlich nicht tut. (Belgien, Norwegen, Monaco, Liechtenstein.)

Nebenbei frage ich mich, warum man ausgerechnet die Habsburger vom Thron stürzen musste, zumal Otto (von) Habsburg ein glühender Europäer war, während anderswo Monarchien auf Kosten der Steuerzahler sinnlos vor sich hin dümpeln? Wer braucht die Queen, die rein theoretisch sogar über Australien herrscht? Ein "aufrechter Habsburger" wäre in diesen Tagen vielleicht unsere Rettung gewesen? Kaiser Franz Joseph hat seinerzeit schon Volksbefragungen durchführen lassen, beispielsweise zur Integration muslimischer Bosniaken in die Monarchie, und zeigte damit demokratische Tendenzen. Unser Petitionsrecht im Staatsgrundgesetz stammt aus 1867 von Kaiser Franz Joseph. Meine Großmutter meinte, dass der Kaiser ein "feiner, anständiger Kerl" war. Gibt es heute keine feinen, anständigen Herrscher mehr? Ist es so schwer, ein Mensch mit Herz und Verstand zu sein?

Korrekt betrachtet müsste jeder faire Herrscher mehr oder weniger ein Demokrat sein, weil es ihm der Anstand befiehlt, Menschen mit weniger Talenten nicht auszugrenzen. Talente entspringen keiner persönlichen Leistung, man hat sie bei der Geburt mitbekommen. Ergo dessen muss auch der weniger Talentierte ein Mitspracherecht im Herrschaftssystem   bekommen.

1978 hat sich die ZEIT lustigerweise mit der Idee eines "demokratischen Königs für Europa" befasst.

https://www.zeit.de/1978/28/ein-demokratischer-koenig-fuer-europa

Theoretisch könnte ein Habsburger heute "demokratischer Monarch" von Europa werden. Praktisch haben sich die Habsburger aber der Zeit angepasst und gehen alltäglichen Jobs nach. Schlummert in keinem Habsburger mehr ein Funken von Machtanspruch? War Otto der letzte?

Von wo nähmen wir einen demokratischen König für Europa her? Wer könnte dem Anspruch gerecht werden?

Ein demokratischer Monarch müsste direkt und in ständigem Austausch mit dem Volk regieren. Ein Parlament kann zwischengeschaltet sein, darf aber keine gesetzgebende Macht besitzen, ist daher unnötig. Die Gesetze macht der Monarch in Abstimmung mit dem Volk. Er allein ist verantwortlich. Er allein wird zur Rechenschaft gezogen. Es gibt keine Flucht in die verlogene Sippenwirtschaft von Hunderten von Abgeordneten, wo ein korrupter Kollege den anderen deckt und es Heere von Ermittlern braucht, um Verbrechen aufzuklären. Der einzelne demokratische Monarch ist über jeden Verdacht erhaben, ein Volksbetrüger zu sein. Sein Handeln liegt offen am Tisch und ist jederzeit überprüfbar.

Wahrscheinlich hat es sich der Dämon Mammon so ausgedacht, dass wir heute mit Hunderten Abgeordneten, die verrückt und korrupt sind, wild durcheinanderschwatzen und sich sogar gegenseitig ohrfeigen, gestraft sind? Sind wir aber nicht selber schuld? Wie die Schafe folgen wir den irregeführten Abgeordneten. Das sich selbst ohrfeigende Parlament gehört schon lange abgesetzt, mindestens so lange, als ich persönlich nicht mehr wählen gehe. Es gibt keine Partei, die gesunden Idealvorstellungen entspricht. Warum muss man als sogenannter "Untertan der Herrschenden" seinen Wunsch nach Perfektion aufgeben? Wer bin ich, wenn ich Hampelmänner fremder Mächte wähle? Ich werde doch dann nicht genügend vertreten?

Wenn eine Demokratie (be)trügerisch geworden ist, muss sie genauso abserviert werden wie ein betrügerischer Monarch oder Autokrat. Den Unterschied macht nur die Zahl aus. Hier sind es zweihundert Betrüger, dort ist es nur einer. Der eine ist aber schwerer loszuwerden, weil er mitunter gewaltsam regiert. Die Wahlverweigerung hingegen ist ein friedliches Abservieren unserer zweihundert Volksbetrüger.

Was macht den Betrug aus? Sie haben nicht dem "Volk" gedient, der Bevölkerung, den Wählern, wozu sie verpflichtet wären, sondern den eigenen Taschen. Vor dieser artspezifischen Gier ist kein Mensch sicher. Die EU-Wahlen werden wenig Änderungen bringen. Selbst wenn die Kommunisten gewännen, wird "Mammon" sie in die Mangel nehmen. Die Kommunisten müssten sehr radikal vorgehen, um Mammon vor die Tür zu setzen und das System von Grund und Boden auf zu ändern. Sie müssten das System vom Raubkapitalismus zur Gänze befreien. Daran glaube ich nicht. Das ist selbst mir zu utopisch, zumal der Europäer merklich schwächelt. Er schießt sich ein Eigentor nach dem anderen. Mammon dürfte ihn ausgelaugt haben. Die Jagd nach Geld und Besitz hat den Europäer fertiggemacht. Kein Jungbrunnen ist in Sicht. (Dämonen zehren an den Kräften.)

Also haben wir im Mai wohl nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, zwischen der Fortsetzung einer betrügerischen Demokratie, die mit dem Raubkapitalismus kooperiert, und der Ochlokratie, die uns umbringen will. Die betrügerische Demokratie wird von den konservativen und neoliberalen Kräften fortgesetzt, die in Brüssel die Mehrheit stellen (EVP). In die Ochlokratie schlittern wir mit den Rechtspopulisten und Rechtsextremen, die quer über den Globus unheimliche Bündnisse schließen. Wer sie wählt, wählt die Pöbelherrschaft, die in letzter Konsequenz die Eigenschaft eines Bumerangs mit tödlicher Schlagkraft besitzt. Abyssus abyssum invocat!

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