Stilvoll ist er wieder über die Bühne gegangen, der 19. Regenbogenball. Endlich mein rosa Prinzessinnen-Kleid und die hochhackigen Glitzersandalen ausführen, die Haare hochstecken (danke, Schatzi) und beim Schminken so richtig klotzen.

Erneut hat das Parkhotel Schönbrunn, im konservativ-schwarzen Hietzing gelegen, seine Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Und somit dem, neben der Regenbogenparade, größten Event der Wiener LGBT-Community, einen geradezu majestätischen Rahmen geboten. Ausgelassen wurde getanzt und gefeiert. Und zwar bunt gemischt. Heteros neben Homos, Schwule mit ihren „best girlfriends“, Mädls sowieso mit anderen Mädls, und das ganze gewürzt mit einigen Transen… es war einfach schön anzuschauen.

Der Einmarsch der Ehrengäste verlief friedlich, auch derer, die mitsamt ihrer Parteizugehörigkeit vorgestellt wurden. Aber es sind ohnehin die üblichen Verdächtigen, die alljährlich auf ein Tänzchen inmitten der queeren Community vorbeischauen. Ich fände es schön, wenn mal der eine oder andere Überraschungsgast auftauchen würde. Aber das würde der Ball wohl (noch) nicht verkraften. Gekonnt moderiert wurden Eröffnung und Einmarsch der Ehrengäste, wie jedes Jahr, von Lucy McEvil. Ihren spitzzüngigen, aber pointensicheren Monolog im Anschluss habe ich mir allerdings dieses Jahr erspart. Sorry, Lucy, aber ich hatte diesmal keine Lust auf Witze über die momentane Situation, die draussen, vor den Toren des Parkhotels, die Realität der Menschen beherrscht. Zu ernst und zu verfahren ist sie, als dass sie sich für, vielleicht auch noch einseitige, Jokes eignen würde. Und das Risiko, mir dadurch vielleicht die Laune vermiesen zu lassen, wollte ich nicht auf mich nehmen. Vielleicht tu ich dir auch unrecht, und du hast es diesmal ganz anders angelegt. Ich gestehe, dass ich mich in einen anderen Saal verzogen habe, um mit Freunden eine Flasche Wein zu genießen. Und es war eine gute Entscheidung, denn die Feierlaune hielt sich bis zum Schluss.

Höhepunkt des Abends war, zumindest aus meiner Sicht, der Auftritt von Limahl, als Mitternachtseinlage. Die Kinder der 80er werden sich noch an den Hübschen mit der blond-schwarzen Haarspray-Struwelmähne erinnern. Für die jüngeren sei erwähnt: berühmt geworden ist er zunächst mit der Band Kajagoogoo, der richtige Durchbruch gelang ihm aber mit dem Song „Neverending Story“, dem Titeltrack zum gleichnamigen Film aus dem Jahr 1984. Danach wurde es allerdings wieder still um ihn. Die Haare sind seit damals auch ein wenig lichter und kürzer geworden, aber das ist bei einem Alter von inzwischen 57 Jahren durchaus zulässig. Trotzdem hat er nichts von seinem Charme verloren. Für mich war klar, dass ich ganz nach vorne, also unmittelbar vor die Bühne, musste. Und es hat sich ausgezahlt: nach ein paar Songs hielt LImahl plötzlich ein Poster in die Höhe, mit einem Foto von anno dazumal, handsigniert. Und fragte, wer denn Interesse daran hätte. Einige Hände gingen in die Höhe, aber unsere Blicke kreuzten sich recht schnell. Er steuerte auf mich zu und reichte mir das Poster. Zu meiner Überraschung zog er mich dabei zu sich und küsste mich auf die Wange. Ich hoffe, man hat meine Schamesröte nicht gesehen. Immerhin war er ein Teil meiner Jugend, damals ein richtiger Weltstar, und ich hätte mir wohl nie im Leben träumen lassen, jemals von Limahl geküsst zu werden. Tja, das Leben steckt voller Überraschungen…

Als zu später, oder auch früher, Stunde (je nach Blickwinkel) der durch die Schuhe verursachte Schmerz an den Füssen sowie die Müdigkeit überhand zu nehmen drohten, warfen wir das Handtuch und begaben uns aufs Zimmer. Praktisch, wenn der Ball in einem Hotel stattfindet.

Am Ende fragten wir uns: Warum kann die Welt nicht immer so in Ordnung sein. So friedlich, freundschaftlich, vorurteilsfrei. Wo niemand dem anderen weh tut oder ihn verurteilt, weil er so oder so ist. Wo es niemanden kümmert, wenn zwei Männer sich küssen. Oder zwei Frauen Händchen halten. Und wo Transen einfach so sein können, wie sie wollen…

Wir freuen uns jedenfalls schon auf das nächste Jahr.

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