Back to the roots. Auch wenn mir klar ist, dass diese Themen nicht mal ansatzweise so viele Leute interessieren und die Anzahl der Leser wieder in den Keller rasselt, wie wenn man über Politik und das Weltgeschehen der letzten Tage/Wochen/Monate schreibt. Trotzdem möchte ich heute wieder mal über das Trans-sein schreiben. Und zwar über Beziehungen von Trans-Menschen, und die Probleme, die diese aufwerfen.

Ein Großteil der Transmänner, also der Frau-zu-Mann-Transgender, lebt vor der Transition in einer lesbischen Beziehung mit einer Frau. Diese wird oft nach der Transition beibehalten. Da viele Transmänner die, bei FzM extrem komplizierte und aufwendige „geschlechtsanpassende“ Operation, den sog. Penoidaufbau, meiden, stellt das kein gröberes Problem dar. Natürlich gibt es auch FzM-Transgender, die sexuell mit Männern verkehren. Und da wird es dann pikant. Sie sind zwar äusserlich durch und durch Mann, und im Gegensatz zu den meisten MzF-Transgender schaffen viele Transmänner auch ein durchaus ansprechendes Passing. Somit würden sie eher homosexuelle Männer ansprechen. Ohne OP haben sie jedoch im Genitalbereich eine Vagina. Ich lehne mich nicht allzu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass die meisten schwulen Männer ziemlich „Penis-fixiert“ sind. Ein Penis, der jedoch hier nicht vorhanden ist. Natürlich gibt es genügend Männer, die aus reiner sexueller Neugier „mal ausprobieren“ möchten. Aber die Suche nach einem Partner, der zu einer ernsthaften Beziehung bereit ist, wird dadurch nicht gerade erleichtert. Denn einen Mann zu finden, der zwar mit der Vagina kein Problem hat, mit dem äusserlichen Erscheinungsbild als Mann aber auch nicht, ist nicht ganz so einfach.

Problematisch ist es auch bei den MzF-Transgender. Viele leben vor der Transition, oft jahrelang, in einer Hetero-Beziehung, verheiratet, oftmals gibt es sogar Kinder. Das Trans-sein wird jahrelang nur geheim ausgelebt, im stillen Kämmerlein. Oder es wird überhaupt ein Doppelleben geführt. Getrennt von der Familie bauen sich viele fast so etwas wie eine zweite Identität auf. Aus Angst, die Familie könnte etwas mitbekommen, was womöglich verheerende Auswirkungen hätte. Manche wären schon froh, wenn sie eine Partnerin hätten, die ihr Trans-Sein, wenn schon nicht gutheißt, zumindest akzeptiert. Dann gibt es einige wenige, die eine Partnerin haben, die nicht nur akzeptiert, sondern sogar aktiv involviert ist. Unterstützend, aufmunternd, und vor allem am Anfang Sicherheit gebend. Dies geht in der Regel vor allem dann gut, wenn trotzdem großteils noch der Mann anwesend ist, und nicht ausschliesslich die (Trans)Frau. Damit können sich mehr und mehr Partnerinnen sehr gut arrangieren.

Wird jedoch der Wunsch nach einer dauerhaften Transition immer intensiver und nachhaltiger, wird es problematisch. Denn die meisten Partnerinnen sind die Beziehung mit einem Mann eingegangen, und haben keinerlei lesbische Tendenzen. Und man kann noch so sehr darauf verweisen, dass der Mensch an sich der gleiche bleibt. Es stimmt nicht. Eine Hormonbehandlung lässt Brüste wachsen und die Libido schwinden. Und Stimmungsschwankungen entstehen. Und der heterosexuelle Akt wird, aufgrund dieser Hormongabe, mit der Zeit so gut wie unmöglich. Wenn nicht ohnehin sogar eine geschlechtsangleichende Op angestrebt wird. Spätestens hier steigen viele Partnerinnen, die sich vorgenommen haben, die Transition an der Seite der Transgender durchzuhalten, aus. Und nach einer lesbischen Frau Ausschau zu halten, die gewillt ist, mit einem „ehemaligen Mann“ , der vermutlich, als Frau, nicht mal annähernd ein 100%iges Passing erreicht, eine Beziehung einzugehen, ist auch kein einfaches Unterfangen. Platonische Freundschaften zu Frauen können sich wiederum recht schnell ergeben. Frauen sind aufgeschlossen, und viele haben absolut kein Problem mit Transidentität, solange es nicht den eigenen Partner betrifft. Aber eine Frau für eine langfristige Zweierbeziehung zu finden, stellt dann schon eine Herausforderung dar.

Nicht kleiner werden die Schwierigkeiten für jene Transfrauen, die sich zu Männern hingezogen fühlen. Hier muss man wiederum unterscheiden zwischen einer ernsthaften Beziehung und reinen Sex-Dates. Für letzteres gibt es genügend Interessenten, ja, ich würde sogar sagen, die gibt es wie Sand am Meer. Solange – ja, solange sich alles hinter verschlossenen Türen abspielt. Denn sich mit einer Transe in der Öffentlichkeit zu zeigen, das ist schon wieder eine ganz andere Angelegenheit. Und für viele Männer ein absolutes No-Go! Die Angst, für schwul gehalten zu werden, wenn man in der Öffentlichkeit an der Seite einer offensichtlichen Transfrau gesehen wird, ist weit verbreitet. Wie soll man also einen Partner finden, der auch öffentlich zu einem steht und keine Berührungsängste hat?

Genug Probleme also. Und die Tatsache, dass man als Transgender auch im Alltag und am Arbeitsplatz leider noch immer Diskriminierungen und Schmähungen ausgesetzt ist, macht das Leben nicht gerade einfacher. Warum wir es trotzdem tun? Weil wir es uns nicht ausgesucht haben und nicht anders können.

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