Ich koche gerade. Grenadiermarsch soll es werden. Ich koche eben so gerne wie schlecht. Also doch sehr. Ich mag das Ritual. Ich hab die Anleitung aus dem Netz vor mir liegen. Ich gehe systematisch vor. Die Zutaten hab ich bereit gelegt. 5 Erdäpfel, 2 Zwiebel, Nudeln, Öl, Mayoran, Pfeffer, Schnittlauch – ich hab nur den gefriergetrockneten – und das Fleisch.

Jetzt kommt das Wichtigste: Ich hol mir eine Flasche Wein aus dem Stiegenhaus. Ich find einen Roten. „Toro Loco“ steht auf dem Aufkleber. Irgendwas mit Stier also. Gut so! Ich hab sofort die Silhouette des andalusischen Stiers vor mir. Als ich in Mijas war, konnte man die überall sehen. Ich mochte das. Ich brachte sie nicht mit dem Stierkampf in Verbindung. Eher mit dem Stolz auf seine Heimat, mit Stärke und Selbstvertrauen. Ich kann mit diesen Begriffen viel anfangen. Sie sind absolut positiv belegt – wie man sagt. Mit Wein selbst kenn ich mich nicht aus. Ich habe allerdings herausgefunden, dass die ganz edlen Tropfen meinen Geschmack nicht treffen. Die sind so herb. Ich trink gern die süßen Weine. Die für Ignoranten.

Ich beginne die beiden Zwiebel zu verstümmeln und schicke ein Foto der Szenerie an meine Tochter die sich gerade eine Geschichtsvorlesung anhört. Ich fotografiere Zwiebel, Topf mit kochenden Erdäpfeln, die Flasche und das angetestete Glas Wein. Text: „Der Alte hängt sich schon wieder beim Kochen einen um.“

Eines habe ich noch zu erledigen. Ich mach youtube auf und such mir meine Musik.

Ich mag Country. Sowohl den traditionellen als auch den modernen. Das ist eigentlich ungewöhnlich. In aller Regel verweigere ich mich jeder Veränderung. Mein Schnitzel soll mit Bröseln paniert werden und nicht mit irgendwelchen Flocken. Und bevor ich mir eine Änderung meiner Sprache verordnen lasse, beiß ich mir die Zunge ab. Soweit kommt’s noch.

Aber die neuen Countrymusikanten fahren mir tief ins Herz. Nicht alle aber viele.

Der Toby Keith etwa. „American Soldier“ mit dem zugehörigen Video hackt mich um. Weiß schon: Pfui Gacki. Nicht mal die „Dixie Chicks“ können den leiden. Und zeitgeistig ist das schon gar nicht. Starke, pflichtbewusste Männer. Solche die ihr Land und ihre Familie mit dem Leben verteidigen würden. Frauen die sanft lieben. Schön und zart. Mit netten Frisuren noch dazu. Die tragen nie diese Stirnfransen die irgendwo am Oberkopf eine harte Linie ziehen. Auch nicht Brillen die wie Krankenkassengestelle aus den 70ern aussehen – unerträglich!

Jetzt halte ich ein. Der Brad Paisley beginnt gerade mit der Alison Krauss „Whiskey Lullaby“ zu singen. Das zieht mir die Füße weg. Ich lass die zweite, halb gehackte Zwiebel liegen und setz mich vor den Monitor. Der junge Soldat kommt aus einem Einsatz für sein Land zurück. Er wirft sich seinen Sack über die Schulter, springt aus dem Bus und will das Leben mit seiner Frau beginnen. Sie haben sich ewige Liebe geschworen. Es ist so tragisch! Schaut Euch das selbst an. Ich bin noch immer ganz außer mir.

Das ganze Ding würd aber nicht mehr funktionieren wenn der Bursche eine selbst gestrickte, rosa Haube trüge. Unterwegs auf einem Lastenrad in dessen Mulde sich eine Baby namens - hier irgendeinen blöden Namen einsetzen – fände.

Und seine Frau – obwohl, sie ist ja natürlich nicht sein Eigentum; natürlich nicht – Ute Müller-Flachopf. Sie kommt grad aus der Arbeit. Selbstverständlich ist sie die Werktätige von den beiden. Und eben so sicher ist sie schiach wie der Zins. Allerdings halb absichtlich. Bissl was ist genetisch, der Rest kommt daher, weil sie keinem männlichen Schönheitsideal entsprechen will – nicht um die Burg.

Sie kommt grade abgehetzt und schlecht gelaunt aus der Arbeit. Ihr Männlein „Lionel“, das Baby in einem Tragetuch gefärbt mit Naturfarben in Pastelltönen um den Bauch gebunden, öffnet ihr die Tür. Das kann sie ihm nicht abgewöhnen. Er ist noch nicht fertig dressiert. „Glaubst du das kann ich nicht selbst!? Werd mir nicht frech! Ich kann auch anders!“

Er entschuldigt sich – er will ja keine proletoide Machosau sein: „Tut mir leid! Schau, ich hab das Couscous fertig. Alles aus dem Bioladen. Dem in Neubau. Mit dem sexuell nicht festgelegten Verkäufer.“

Okay, stopp jetzt. Das zerstört mir ja die Stimmung!

Ich bleib beim traditionellen Rollenbild. Männer haben stark, mutig, loyal und heldenhaft zu sein. Frauen fesch, zart, nicht aufbrausend und laut, treu und lieb. Keinesfalls leiten sie ihren Frisörbesuch mit der Forderung: „Eine Idiotenfrisur und zwar gleich!“ ein.

Schon klar: Euch modernen Frauen gehen meine und meinesgleichen Vorstellungen am Feministenarsch vorbei. Ihr wolltet mich nicht. Nicht in tausend Jahren! Weil ihr nämlich auf den „Lionel“ und sein rosa Lastenrad steht. Natürlich! Klar ist das so. Und ihr denkt euch auch nicht manchmal – ganz im Geheimen – dass ihr nicht ganz zufrieden seid mit ihm. Dass ihr euch lieber hinter einem Richtigen geborgen fühlen wollt. Nein, nie!

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