Memoiren einer Geschäftsreisenden - Schockkühlung auf Amerikansich

Weil ich in meinem letzten Beitrag nur Gutes über die Amerikaner geschrieben habe, kommt heute natürlich sofort etwas Negatives. Und mit Schrecken muss ich feststellen, dass dieser viel länger ist als der positive (sorry Andy McQueen!) Zwei Dinge gibt es tatsächlich, die mich an diesem Land aufregen - Essen in Restaurants und Klimaanlagen.

Vieles ist anders in einem anderen Land, und an vieles gewöhnt man sich. Vieles ist sogar besser als im eigenen Land. Was ich aber auch nach vielen Jahren nicht ausstehen kann, ist die Schockkühlung in den USA.

Kommt man im Sommer in sein Hotelzimmer, ist meist schon die Klimaanlage eingeschaltet - 18 Grad mindestens oder noch weniger. Ich hasse es! Draußen ist es heiß, drinnen holt man sich den Tod! Das Fenster kann man meist nicht öffnen, und wenn es draußen nicht gerade 35 Grad hat, dauert es verdammt lange, bis sich das Zimmer von 16 auf angenehme, sagen wir 23 Grad erwärmt. Muss denn so viel Energieverschwendung sein? Noch dazu wird im Zimmer oft die Festbeleuchtung aufgedreht, obwohl man den ganzen Tag nicht da ist.

Von den grauslichen Decken aus irgendeinem künstlichen Material, die auch in den meistens Luxushotels vorzufinden waren, ist man nun auf Daunendecken umgestiegen. Das ist wenigstens nicht so ungustiös wie die früheren. Die Dinger haben aber mindestens zehn Wärmepunkte und sind für Nächtigungen im Freien bei minus zehn Grad geeignet. Was soll ich also damit im Hochsommer? Eine Geschäftspartnerin riet mir, ich solle doch die Klimaanlage ordentlich aufdrehen, sie mache das zu Hause genauso. Meinen Vorschlag, die Klimaanlage zurück- oder abzudrehen und mit einer dünnen Decke zu schlafen, lehnte sie brüsk ab. Auf welche verrückten Ideen diese Europäer doch kommen!

Und dann wollen die auch noch im Sommer im Freien essen! Na das geht nicht! Da könnte man ja ins Schwitzen kommen. Man weiss also, dass, wenn man zum Essen ins Restaurant eingeladen ist, man sich gut mit einer warmen Jacke ausrüsten muss, die man schon den ganzen Tag bei 33 Grad mit sich herum schleppt (bzw. irgendwo in der Hitze vergisst). Am besten führt man noch Strümpfe und einen Schal mit, denn die Kälte kann garstig werden. Gibt es einmal ausnahmsweise ein Lokal mit "normaler" Temperatur, fängt der Amerikaner schon über die Hitze zu jammern an.

Die Kälte allein ist es ja nicht im Restaurant. Es geht weiter damit, dass jeder zunächst ein Glas Wasser auf den Tisch gestellt bekommt. Das wäre ja eine nette Geste, wäre es nicht erstens nach Chlor stinkendes Leitungswasser, zweitens superkaltes Eiswasser, das unsereiner üblicherweise nicht gewohnt ist. Der verwöhnte Europäer bestellt also Wasser in der Flache. Jedes Restaurant, das etwas auf sich hält, bietet natürlich ein solches, am besten aus dem anderen Ende der Welt an und erlaubt sich, dafür einen horrenden Preis auf die Rechnung zu setzen. Was einen Geschäftspartner dazu veranlasste, ordentlich über die Europäer zu schimpfen (sehr unüblich!). Warum könnten wir nicht normales Wasser trinken so wie sie? Meine Erklärung, dass das Leitungswasser stinkt und grauenhaft schmeckt und ich dann gleich das Wasser eines Swimmingpools schlürfen könnte, fand er absolut unverständlich.

Interessanterweise schwitzen die Wassergläser immer, und jedes Mal, wenn man sie zum Mund führt, ergießt sich ein ganzes Rinnsal über den Tisch und meine Bluse bis zu meinem Mund.

Und wenn wir schon beim Tisch sind: auch in teuren Restaurants gibt es nur selten ein Tischtuch. Mich stört das. Das wäre das mindeste für mich bei solchen Preisen. Und dann das Besteck. Na gut, ich bin halt eine überhebliche Mitteleuropäerin, was das Essen mit Besteck angeht. In der griechischen Taverne, wo ich zu zweit um  15 € essen kann, will ich ja nichts sagen, aber in einem teuren Restaurant habe ich so meine Erwartungen. Ich hätte gerne ein Besteck zur Vorspeise und eines für die Hauptspeise. und ich will das Dessert nicht mit einer großen Gabel essen, sondern mit einer kleinen Dessertgabel. Aber so etwas gibt es nicht, und falls doch, kommt sie nicht zum Einsatz. Und dann gibt es die Desserts, die man mit Messer und Gabel ist. Was soll das für ein Dessert sein? Ja, und ich will eigentlich nicht den Amerikanern beim Essen zusehen müssen. Wie die kleinen Kinder schneiden sie sich das Fleisch vor, bevor sie dann alles mit der Gabel aufspießen und das Messer wieder weglegen. Ist auch besser so, denn ich habe immer die Befürchtung, dass ihnen furchtbare Unfälle damit passieren können, so wie sie es halten. Deshalb gibt es auch keine ganzen Salatblätter im Salat, denn die würden ihnen immer von der Gabel fallen. Der Salat muss sich einfach aufspießen lassen.

Ich wurde einmal von einer Amerikanerin gefragt, ob ich denn Linkshänderin sei, denn ich würde das Besteck so komisch in der Hand halten. Wir waren in Europa, und als sie unwissenderweise dem Kellner signalisierte, dass sie mit dem Essen fertig sei, indem sie das Besteck überkreuzt auf den Teller legte und der ihr partout den Teller wegnahm, war sie ganz von den Socken. Als ich ihr erklärte, dass es dazu Regeln gäbe, wie man das Besteck hinlegt, war ihr Kommentar: "Ach, bei euch ist alles so kompliziert!" Also ich finde es einfach. Ich hasse es, wenn in den USA jedes Mal, wenn ich mitten in der Unterhaltung bin, der Kellnere hineinplatzt und fragt, ob man fertig sei (obwohl ich vor einem leeren Teller sitze).

Über das Essen selbst will ich mich nicht beschweren. Man kann in den USA sehr gut essen. Auch ganz schlecht, aber dann kann man überall auf der Welt.

Zu bemängeln hätte ich noch, dass die Leute oft wie im Flugzeug an den Tisch gepfercht werden. Kapitalismus in Reinkultur - so viel wie möglich herausholen! An die Tatsache, dass einem die Rechnung auf den Tisch geknallt wird, sobald man das Messer hingelegt hat, habe ich mich ja schon lange gewöhnt. Immerhin muss man dem Kellner nicht ewig darum nachlaufen. Aber wenn man dann gebeten wird, das Restaurant doch bitte so bald wie möglich wieder zu verlassen, weil draußen noch so viele Leute warten, kommt mir der gute Wille schön langsam abhanden. Während ein Amerikaner das vollkommen versteht, schließlich will der Wirt den Tisch am Abend mindestens drei Mal verkaufen, und das ist für den Gast vollkommen einsichtig. Wie gesagt - andere Länder, andere Sitten.

Aber ich bin dann eh schon froh, wenn ich hinaus darf, denn der Lärmpegel in einem amerikanischen Restaurant ist ohrenbetäubend. Oft sitzen die Leute eng zusammen und haben noch dazu ein lautes Organ (besonders die New Yorker). Und je lauter die Leute schreien, desto lauter wird die Musik aufgedreht. Ich verstehe dann gar nichts mehr und steige aus der Unterhaltung aus. Und träume von einem lauschigen Plätzchen in einem gemütlichen kleinen Wiener Gastgarten ……..

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