Was wollen Politiker, die ihrer eigenen Partei zu rechts sind, eigentlich in der Politik?

Nachdem ich kürzlich daran erinnert wurde, dass es die AfD auch noch immer gibt, habe ich darüber sinniert, was so jemand wie Bernd Höcke eigentlich in der Spitzenpolitik macht.

Wer seiner Rhetorik länger als 1.5 Minuten lauscht und nicht schnallt, woher der Wind weht, ist ein Realitätsverweigerer allererster Güteklasse. "Realitätsverweigerer" ist so ein tolles Wort, das es in gewissen Kreisen gern als Universalwort gegen Andersdenkende verwendet wird; ich mag das Wort deshalb zwar nicht sonderlich, aber hier passt es doch ganz gut hin.

Jedenfalls stelle ich mir die Frage, was er sich von seinem Engagement als Politiker verspricht. In der Politik wird er nie was werden, außer Pausenclown in Dresden. Er ist er doch nicht einmal in der eigenen Partei - nicht gerade als ein Hort der "Gutmenschen" und der politischen Korrektheit bekannt - unumstritten. Ganz im Gegenteil, dem Vernehmen nach stand er bereits kurz vor dem Rauswurf. Er ist persönlich derartig belastet, so jemand würde doch außerhalb seiner Gesinnungsblase nicht einmal mehr einen Job bekommen (ohne mich im Detail mit deutschem Lehrerdienstrecht auszukennen). Aber im Gegensatz zu anderen Aktivisten am linken oder rechten Rand ist er deutschlandweit und noch darüber hinaus bekannt. Dagegen kenne ich z.B. keinen einzigen aktuellen NPD-Politiker namentlich. Warum tut man sich das alles also an?

Will er irgendwem Angst machen? In letzter Zeit sind derartige viele grausige Sachen passiert, dass so ein kleiner Deutsch-Erdogan zumindest mir nicht mehr als ein müdes Gähnen entlockt. Damit eine rechte Partei in Mitteleuropa überhaupt erst auf eine relevante %-Zahl kommt und als regierungstauglich wahrgenommen wird, muss sie derartig weit in die Mitte rücken, dass Hardcore-Fans ja das kalte Entsetzen bekommen müssen.

Bei der FPÖ ist es ja mittlerweile soweit. Im Öffentlich-Rechtlichen spielt es da schon lange keine "Ausländer-raus"-Rhetorik mehr, da wird plötzlich davon gesprochen, dass selbst "Wirtschaftsflüchtlingen doch niemand persönlich einen Vorwurf machen wird!". Nebst dessen, dass man mit dem sozialdemokratischem Kanzler zeitweise schon fast Händchen gehalten hat und man den Vizeparteichef ausrichten lässt, wie schlimm es nicht ist, wenn in den eigenen Reihen jemand mit Antisemitismus auffällt.

Und selbst wenn diese Leute sich jetzt nur geläutert geben, um bei gemäßigten Bürgern besser anzukommen - das ist im Ergebnis völlig egal. In dem Fall wäre der Witz ja, sie können in ihrem Leben überhaupt nichts erreichen, ohne sich selbst zu verleugnen. Sobald man die Maske einmal zu deutlich lüftet, ist die Karriere vorbei. Oder fängt überhaupt nie an, wie bei Höcke eben.

Ziemliche scheiß Situation eigentlich. Man muss beinahe Mitleid haben.

Bernd Höcke / wikipedia

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Iris123

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sisterect

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