Salzburg, Wien, Österreich – Sprache, Migration und Atomtests

Was tut ein Diplomat?

Am Montag, den 29. August habe ich mein Amt als „Botschafter in Österreich und Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen und anderen Internationalen Organisationen in Wien“ angetreten.

Die letzten Wochen geben ein wenig Aufschluss darüber, wie ich mich auf meinen Dienst vorbereitet und ihn jetzt begonnen habe. Am 1. August kam ich in Salzburg an und verbrachte vier Wochen damit, meine Deutschkenntnisse aufzufrischen. Ich hatte das Privileg, mich mit der Sprache zu beschäftigen, interessante Menschen zu treffen und Österreich aus einer nicht Wien-zentrierten Perspektive kennenzulernen. Getroffen habe ich unter anderem einen leidenschaftlichen Atomkraftgegner, Vertreter der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer, Journalisten, Politiker, Kulturschaffende, Sozialarbeiter, Flüchtlinge, Geschäftsleute, Lehrer und viele andere. Vielen Dank an Sie alle! Zum Ende dieses Aufenthalts legte ich die Deutschprüfung ÖSD (Österreich Schweiz Deutschland) C2 ab.

Die Reisen von London nach Salzburg und von Salzburg nach Wien unternahm ich mit der Bahn. Schon 1984, als ich zum ersten Mal nach Wien versetzt wurde, war ich mit dem Zug angereist. Dass ich mich diesmal dafür entschied, geschah nicht nur aus Nostalgie, sondern auch, weil es ökologischer und billiger war und vor allem – im Vergleich zu einer Reise mit dem Flugzeug – einen besseren Eindruck von der Entfernung zwischen unseren beiden Ländern vermittelt. Jedem, der eine Langstrecken-Bahnfahrt durch Europa in Betracht zieht, empfehle ich The Man in Seat Sixty-One.

Wenn man einen neuen Job anfängt, möchte man natürlich zunächst seine Mitarbeiter kennenlernen. Hier in Wien leite ich sowohl die bilaterale Botschaft (die sich mit den Beziehungen zu Österreich befasst) als auch unsere Vertretung bei den Vereinten Nationen und anderen Internationalen Organisationen in Wien. Die bilaterale Arbeit umfasst die Zusammenarbeit, um gemeinsame Sicherheitsaufgaben zu bewältigen und den Wohlstand zu fördern. Wir unterstützen britische Firmen bei der Erschließung von Exportmärkten, und wir überzeugen österreichische Unternehmen, dass es sich lohnt, im Vereinigten Königreich zu investieren und zu expandieren – österreichische Investoren haben bereits über 30.000 Jobs in Großbritannien geschaffen. Außerdem erbringen wir konsularische Dienstleistungen für die rund 10.000 Briten, die in Österreich leben, und die über 800.000 britischen Touristen.

Was die multilaterale Arbeit angeht, handelt es sich bei den in Wien ansässigen Organisationen um die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO), die Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO), das UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), die Gruppe der Kernmaterial-Lieferländer (NSG), das Wassenaar-Abkommen, das UN-Büro für Weltraumfragen (UNOOSA), und SE4All (Sustainable Energy for All). Die britische Delegation bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) befindet sich ebenfalls in Wien, Botschafterin ist meine hervorragende Kollegin Sian MacLeod.

All das macht Wien zu einer Drehscheibe diplomatischer Aktivitäten. Hier bemühen wir uns, die Sicherheit und den Wohlstand Großbritanniens sowohl durch unsere Beziehungen zu Österreich wie auch über die internationalen Organisationen zu fördern. Die IAEO hat beispielsweise die Aufgabe zu kontrollieren, ob der Iran den gemeinsamen Aktionsplan zu seinem Atomprogramm einhält. Mit dem UN-Büro für Drogen- und Verbrechensbekämpfung arbeitet Großbritannien bei der Vereinbarung effektiverer Kontrollverfahren für neu entwickelte psychoaktive Substanzen zusammen. Auf der bilateralen Ebene verfolgen wir die Entwicklungen in der Migrationspolitik Österreichs und bereiten uns auf die bevorstehenden Brexit-Verhandlungen vor.

All das sind Themen, die für die Menschen in Großbritannien, Österreich und anderswo wirklich wichtig sind.

Am Donnerstag hatte ich das Vergnügen, den Generaldirektor der IAEO, Yukiya Amano, aufzusuchen und ihm mein Beglaubigungsschreiben zu überreichen. Am selben Tag stattete ich Dr. Michael Linhart, Generalsekretär im Außenministerium, einen offiziellen Besuch ab (eine Chance, mein Deutsch zu testen). Beide haben mich herzlich empfangen, und ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit ihnen.

Ende der Woche organisierten wir einen Besuch des britischen Außenministers Boris Johnson, der zu einem bilateralen Treffen mit dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz nach Wien kam. Der Minister schaute sich bei dieser Gelegenheit auch die Schlussakte des Wiener Kongresses im Österreichischen Staatsarchiv an – sie erinnert an die Rolle, die Österreich seit vielen Jahren im Herzen der europäischen Diplomatie spielt.

Das also war meine erste arbeitsreiche Woche. Nun stehen die Tagung des Gouverneursrats in der Woche ab dem 19. September und die IAEO-Generalkonferenz in der Woche ab dem 26. September an.

Ich kann es gar nicht abwarten, mich an die Arbeit zu machen.

1
Ich mag doch keine Fische vergeben
Meine Bewertung zurückziehen
Du hast None Fische vergeben
6 von 6 Fischen

bewertete diesen Eintrag

fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 09.09.2016 10:01:35

2 Kommentare

Mehr von Leigh Turner