Von vornehmlich konservativen Kräften unserer Parteienlandschaft wird gegenwärtig die Idee gepflegt, das Verbot aktiver Sterbehilfe in die Verfassung zu schreiben. Ich bin absoluter Gegner dieser Initiative und möchte erklären, warum.

Die aktive Sterbehilfe ist die gezielte Herbeiführung des Todes eines Patienten durch eine konkrete Handlung. Im Gegensatz zur passiven Sterbehilfe, bei der lebenserhaltende Maßnahmen unterlassen werden, ist sie nur in wenigen Staaten zugelassen. Der Grund dafür liegt unter anderem in den Ängsten vor dem Missbrauch eines solchen Gesetzes. Vor allem aber ist er in religiösen Anschauungen zu suchen und in der bedeutenden Rolle, die Leben und Sterben in diesen Konzepten innehaben. Die damit zusammenhängenden Ansichten und persönlichen Gefühle sind natürlich zu akzeptieren, dürfen aber im säkularen Staat in der politischen und daher hoffentlich rein vernünftigen Diskussion eines Sachverhalts, der die gesamte Bevölkerung betrifft, keine Geltung als Begründung eines Standpunktes haben.

Es ist ein fundamentales Recht eines jeden Menschen, zu sterben. Diese Aussage mag seltsam anmuten. Tatsächlich ist sie eine Selbstverständlichkeit. Der Grund, weshalb das Recht auf den Tod nicht derart offenkundig scheint wie das Recht auf Leben, sind lediglich die Auffassungen über Pflichten gegen Gott oder auch über Pflichten gegen sich selbst, die uns als Gesellschaft immer noch ausgesprochen tief in den Knochen stecken. Sie entbehren jedoch, ausgehend von einer undogmatischen und vernünftigen ethischen Grundlage, jeglicher Sinnhaftigkeit. Wenn wir also derartige ideologische Betrachtungen außen vor lassen, so ist ohne große Mühe einzusehen, dass es zahlreiche vorstellbare Fälle gibt, in denen nicht nur die passive, sondern auch die aktive Sterbehilfe moralisch zulässig ist. Wer etwa im Endstadium einer terminalen Erkrankung die Bitte nach einem angenehmen Tod äußert, dem sollte sie möglichst rasch gewährt werden. Vielen Menschen ist verständlicherweise allein schon der Gedanke unerträglich, in einer solchen Lage gefangen und dabei möglicherweise über einen längeren Zeitraum starken Schmerzen ausgesetzt zu sein, um schlussendlich langsam, qualvoll und würdelos zu sterben. Dies führt uns zum stärksten Argument: In einem Staat, in dem das Verbot der aktiven Sterbehilfe in der Verfassung steht, gibt es für niemanden eine Möglichkeit, sich vor einem solchen Schicksal abzusichern.

Der Gefahr des Missbrauches eines Gesetzes, das die Anwendung aktiver Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen erlaubt, kann zweifellos begegnet werden. So könnte man etwa das Vorhandensein einer ausdrücklichen Erklärung zur notwendigen Bedingung machen. Diese Erklärung kann in schriftlicher Form vorliegen, in erster Linie gilt aber die unmissverständliche Äußerung des Patienten, sofern er kommunikationsfähig ist. Desweiteren muss er natürlich, damit überhaupt von Sterbehilfe die Rede sein kann, in einem Stadium seiner zum Tode führenden Erkrankung sein, in dem eine gesundheitliche Verbesserung ausgeschlossen ist.

Jede praktische Situation bedarf klarerweise einer individuellen Bewertung. Dem Missbrauch jedenfalls wird mit einer dementsprechend strengen Formulierung des Paragraphen vorgebeugt. Viel wichtiger noch als die heiklen und diskussionsträchtigen Fragen, unter welchen Umständen die aktive Sterbehilfe grundsätzlich geboten wäre und auf welche Weise sie durchgeführt werden sollte, ist an dieser Stelle aber die Schlussfolgerung, dass es außer Zweifel steht, dass sie keine juristische Unmöglichkeit sein darf. Dies würde eine Beschneidung der Rechte eines jeden Bürgers bedeuten, und dies allenfalls auf einer irrationalen, ja dadurch sogar rücksichtslosen Grundlage.

Liebe Grüße,Mahiat

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Herbert Erregger

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Silvia Jelincic

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fischundfleisch

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