Nichts darf eine Frage des Geschlechts sein

Letzte Woche war ich mit meiner Oma in der Kirche. Ich kann mich ehrlich gesagt, nicht mehr daran erinnern, wann ich das letzte Mal dort war. Als Kind, wahrscheinlich. Ganz bestimmt ist es schon ewig her. Jetzt sitz ich im Zug und lese einen Zeitungsartikel im Sportteil einer Tageszeitung und da fällt mir direkt der Kirchenbesuch ein. Ich habe mich nämlich, so unvorsichtig wie ich bin, auf der falschen Seite der Kirche einen Platz gesucht. Bei den Männern quasi. Meine Oma hat sich tatsächlich geärgert. Ob sie sich auch geschämt hat, kann ich nicht wirklich einschätzen. Ich gehe aber nicht davon aus, weil so schlimm ist es dann auch wieder nicht. Mir war es egal, da steh ich drüber. Sollen sich die Leute denken was sie wollen, sollen doch froh sein, dass ich überhaupt mit in die Kirche gehe. Nach langem Kopf schütteln hatte ich mein Oma davon überzeugt, dass wir hier bleiben. Weil wir dort eine super Sicht auf den Altar hatten und zweitens es eh schon Punkt 9 Uhr war, somit fehlte die Zeit sich einen neuen Platz zu suchen. Viele Kirchenbänken waren noch frei, eigentlich die meisten. Sie setzte sich, weil ihr sowieso jede Diskusssion mit mir im Endeffekt zu mühsam ist.

Nach dem Kirchengang am Küchentisch war ich natürlich Gesprächsstoff. Ich betonte, dass es doch völlig egal ist ob ich rechts oder links im Gotteshaus sitze - Hauptsache ich war dort. Mir fehle einfach die Routine, sagte meine Oma. Ha, der Opa hatte sofort dieselbe Meinung. Schön, wenn die beiden nach x-Jahren Ehe noch genau gleich denken. Aber ich denk anders, das diesen beiden Leuten zu erklären hätte mir zu viel Kraft gekostet, ich ließ es! Sie gönnen mir ja auch meine Ansichten.

Zurück in der Tageszeitung wird mir klar, dass es keine Frage des Alters ist. Absolut keine Frage des Geburtsjahres. Unabhängig davon, wann man auf dieser Welt aufgeschlagen ist - es gibt Menschen welche, die Meinung vertreten, dass es schon einen Unterschied zwischen Frauen und Männer geben muss. Rein biologisch wäre diese These eh ohnehin untermauert. Quatsch! Echter Quatsch! Richtiger Blödsinn! Nur weil sich Frauen und Männer äußerlich unterscheiden, müssen sie das nicht in jeder Lebenslage. Nur weil Frauen und Männer unterschiedliche Geschlechtsorgane haben, heißt das nicht, dass nur einer von beiden in der Bundeshymne vorkommen muss. Nur weil Frauen und Männer aus verschiedenen Chromosomen bestehen, heißt das nicht, dass Männer in der Regel mehr verdienen müssen als Frauen. Nur weil Frauen und Männer sich aus den unterschiedlichsten Gründen unterscheiden, heißt das nicht, dass an bestimmten Plätzen keine Frauen sitzen dürfen.

Der Mann neben mir tippt auf meine Zeitung und sagt so was ähnliches wie: Es sei eine sinnlose Diskussion, ob jetzt die Töchter in der Hymne mitgesungen werden oder nicht. Hat Österreich keine anderen Probleme? Die Politiker beschäftigen sich nur mit sinnlosen Themen. Das kann doch Frauen eh egal sein, ob die Hymne so oder so gesungen wird. Ja klar, kann es uns vielleicht irgendwo wurscht sein. Es berührt mich auch nicht wirklich! Aber bei der Grunddiskussion wird mir heiß: Weil kann es nicht einfach den Männern egal sein, wenn wir die Töchter mitsingen? Ist jetzt so gesetzlich verankert und aus.

Beim Aussteigen bin ich echt froh diesem Mann nicht mehr in die Augen sehen zu müssen. Hätte die Zugfahrt zwei Minuten länger gedauert, hätte ich ihm fix einen elendslange Vortag über Emanzipation und Feminismus gehalten, er hätte bestimmt Qualen erlitten. Ganz sicher !!!  [...]

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