Lex VGT: ein Gesetz, um Tierschutzaktivismus zu kriminalisieren

Als uns 2005 durch öffentlichen Druck gelang, das Legebatterieverbot durchzusetzen, läuteten bei den LobbyistInnen der Tierindustrie die Alarmglocken. Es ist schon seit langem bekannt, dass Mehrheiten von 70 – 90 Prozent der Bevölkerung ein Verbot der Massentierhaltung wünschen, doch bisher war man in Österreich gewohnt, dass die agrarindustrielle Praxis durch Mauscheln unter den Mächtigen bestimmt wird. Plötzlich will das Volk mitreden? Wo käme man da hin?

Die Reaktion war die sogenannte Tierschutzcausa. Aus Basis des Strafgesetzes gegen die Bildung einer kriminellen Organisation wurde die gesamte Tierschutzszene verdächtigt, überwacht und letztlich angeklagt. Doch es kam zum Freispruch auf ganzer Linie. Da war guter Rat teuer. Wie könnte man verhindern, dass Bilder aus Tierfabriken an die Öffentlichkeit gelangen und diese gegen die dortigen Haltungsbedingungen aufbringen?

Wie so oft kam die zündende Idee aus den USA. Dort führt man momentan in einem Staat nach dem anderen sogenannte „Ag gag“ Gesetze ein, also „agriculture“ und „gagging“ Gesetze, d.i. die Knebelung von KritikerInnen der Zustände in der Agrarindustrie. Dabei handelt es sich um Verbote, in Tierfabriken oder Schlachthöfen zu filmen, auch undercover, z.B. als Angestellter. Kürzlich wurde eine Tierschützerin in den USA für 1 Monat ins Gefängnis gesperrt, weil sie in einer Entenstopffarm gefilmt hatte. Dort wird den Enten mit Gewalt so viel Nahrung in den Magen gepumpt, bis sich ihre Leber krankhaft vergrößert. Das ist dann eine Delikatesse für den Markt. In Österreich ist diese Praxis längst verboten. Und das nur deshalb, weil Filme, wie von dieser Aktivistin, an die Öffentlichkeit gelangten.

Nun hat man zuerst in Niederösterreich, mittlerweile auch in Oberösterreich eigene solche Ag-gag Gesetze geschaffen. Dabei geniert man sich nicht zuzugeben, dass dieser Schritt durch die LobbyistInnen der Tierindustrie eingeflüstert wurden. Man wolle endlich eine Handhabe gegen den VGT zur Verfügung haben. Feldfrevel heißt das Vergehen, das nun um das Betreten einer Tierstallung, auch durch die offene Tür, erweitert wurde. Nun kann man auch in zumindest diesen zwei Bundesländern filmende TierschützerInnen ins Gefängnis sperren. Dabei dürfen sich die LandwirtInnen zu „Feldschutzorganen“ vereidigen lassen, die dann sogar das Recht bekommen, die TierschützerInnen mit Gewalt anzuhalten, zu durchsuchen, ihre Kameras zu beschlagnahmen und sie festzunehmen. Zusätzlich steht den LandwortInnen ein gewisser Schadenersatz zu, auch wenn kein Schaden entstanden ist.

Der Bauernzeitung ist zu entnehmen, dass sich die Tierindustrie von der Bundesregierung dafür sogar einen eigenen Paragraphen im Strafgesetzbuch wünscht. Ein Treffen eines „Think Tanks“ von Jungbauern und Jungbäuerinnen zu Tierschutz hatte diese Forderung als Ergebnis. Offenbar war das das Einzige, was ihnen zum Thema Tierschutz eingefallen ist. Statt dass die BürgerInnen über die wahren Zustände in Tierfabriken informiert und Konsequenzen gezogen werden, will man die InformantInnen kriminalisieren, wie Wikileaks oder Edward Snowdon.

Hier geht es um essenzielle Grundrechte, wie die Pressefreiheit, ohne die eine Demokratie nicht funktionieren kann. Nur, wenn die Öffentlichkeit weiß, wie es in Tierfabriken zugeht, kann sie informiert darüber entscheiden, ob das so bleiben soll.

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