Ich kann mich an Zeiten erinnern, wo es noch irgendwie spassiger und lustiger war. Daran will ich hier ein wenig anknüpfen.

Bevor ich jedoch zu dem teilweise „grenzwertigen“ und spassigen Ereignis komme, muss ich noch etwas dazu erklären.

Die Ereignisstadt des Spasseinsatzes war Rottweil. Rottweil ist die älteste Stadt unseres Bundeslandes Baden-Württemberg. Die Stadt hat etwas, Flair, Atmosphäre, ein reizvolles Stadtbild und ein dazu passendes harmonisches Umland.

Rottweil hat um 25.000 Einwohner und der gleichnamige Landkreis knapp 140.000. Ein Rottweiler muss nicht unbedingt ein Einwohner sein, sondern gemeint kann damit auch ein respekteinflößender Hund sein. Der Name des besagten Hundes muss von der Verwendung und der Herkunft herrühren; also von Rottweil. Überall in der Stadt sind Statuen dieser berühmten Hunderasse zu finden. Wenn man zu Tode erschrickt, hat man meist Glück, denn es ist überwiegend eine starre nicht beißende und bellende Statue dieses Hundes.

Persönlich verbindet mich mit Rottweil einiges. In Rottweil startete ich meine erste handwerkliche Berufsausbildung. Später verschlug es mich im Namen der Inneren Sicherheit in den Landkreis und nach Rottweil selbst. Einige Jahre lebten meine Familie und ich in einer Gemeinde, die fast schon mit Rottweil zusammen gewachsen ist. Unser jüngster Sohn kam in Rottweil zur Welt und nun auch unsere Enkelin. Aber nicht nur das verbindet mich mit dieser Stadt. Ich bin auch ein wenig kulinarisch und künstlerisch an Rottweil angelehnt.

Giovanni ist schon Jahrzehnte unser Stammitaliener und mit der Band und als Musiker bieten Rottweil und der Landkreis immer dankbare Aktionsbühnen, natürlich ist bei Giovanni, wenn man so will die Hauptbühne.

Der Tatort

Die Hochbrücke und Giovanni

Die Hochbrücke ist mit eines der Wahrzeichen von Rottweil. Wie weit es dort in die Tiefe geht weiß ich ehrlich gesagt gar nicht so recht. Tragischerweise haben sich dort schon einige Menschen das Leben genommen. Ich wüsste nicht, dass jemand mal den Sprung von der Brücke überlebt hat. Direkt an die Brücke grenzt das gleichnamige Restaurant. Ein sehr altes und uriges Lokal mit einem romantischen Biergarten. Seit gut 40 Jahren ist Giovanni, der aus einem Dorf etwa 150 km südlich von Neapel stammt, Inhaber dieses Lokals.

Giovanni ist in Rottweil inzwischen eine Institution. Egal was ist, Giovanni ist immer gut drauf und verbreitet gute Laune. Er lässt sich nie provozieren und versteht es blendend auf seine Gäste einzugehen. Sein Schlachtruf ist immer Tschakka und was seine Gäste auch äußern oder wünschen, kommentiert er meist mit: Gute Idee.

Durch diese besondere Atmosphäre ist es kein Wunder, dass meine Frau und ich häufig bei Giovanni einkehren; zumal meine Frau sowieso Italien und die italienische Küche liebt.

Jedes Jahr findet zudem (dieses wurden alle Veranstaltungen coronabedingt abgesagt) ein weit über die Region bekanntes Festival, Jazz in Town, in Rottweil statt. Bekannte Stars treten dabei auf und an einem Tag davon findet eine Art Kneipennacht mit Livemusik aller Art statt. Schon seit Jahren spiele ich mit meiner Band bei Giovanni. Das Haus ist immer brechend voll und die Leute standen schon bis auf den Gehweg und feierten durch die Fenster mit. Wir decken bei diesem Kneipenfestival die Sparte Kultrock und Kulthits ab. Und Giovanni singt dann irgendwann mit und das Volk tobt, eine Stimmung die unbeschreiblich ist. Auch im Biergarten haben wir schon gespielt und hatten unseren Spaß dabei.

Giovanni ist sehr beliebt in Rottweil. Doch einmal wollten ein paar männliche Gäste spät nachts anstatt Pizza, Pasta oder andere Spezialitäten, eher die Tageseinnahmen. Giovanni schlief am Stammtisch ein und hatte noch nicht abgeschlossen. Wie er uns später erzählte war er nicht damit einverstanden, sein schwer verdientes und erkochtes Geld kampflos zu übergeben. Was die späten Besucher offensichtlich nicht wussten, aber seine Stammgäste wissen, dass Giovanni Karatemeister und Träger, ich glaube des 6. Dans ist.

Giovanni ein Original in jeder Lage

Giovannis Unterhaltungsideen

Giovanni hat immer verschiedene Ideen, um seine Gäste zu unterhalten. Wenn ich sein Lokal betrete, begrüßt er mich meist mit einer gewissen Luftgitarrensymbolik; Tschakka Gitarra. Rottweil ist zudem eine Hochburg der Fastnacht. Also um die Fastnachtszeit ist die ganze Stadt belagert und platzt aus allen Nähten. Dass natürlich bei Giovanni immer etwas los ist, liegt in der Natur der Sache.

Einmal ließ ich mich von ihm breitschlagen an Fastnacht eine Einlage zu machen. Fastnacht ist ehrlich gesagt so gar nicht mein Ding. Die ganzen Pappnasen habe ich eigentlich das ganze Jahr über um mich. Aber es war dann doch ein sehr geglückter Abend. Doch der Höhepunkt der Unterhaltung bei und mit Giovanni, war ausgerechnet wieder in der Fastnachtszeit.

Giovannis eindrucksvollste Gaudiattacke

Jedes Jahr feiert ein bekannter Arzt mit seinen Freunden seinen Geburtstag im Nebenraum von Giovannis Lokal. Und dieser Arzt hat, wie sollte es anders sein, an Fastnacht Geburtstag. Also wiederum nicht mein Ding Fastnacht und auch noch eine Geburtstagsfeier. Es liegt wohl an meiner Biografie und meiner schlechten Herkunft oder Erziehung, dass ich vorprogrammierte und solche Mussfeste wie Weihnachten oder Geburtstagsfeiern regelrecht hasse. Mir reicht es, dass ich weiß in welchem Jahr ich geboren wurde und der Tag ist mir ehrlich gesagt wurscht. Würde meine Familie nicht anders denken, gäbe es für mich weder ein Geburtstags- noch etwas wie ein Weihnachtsfest. Inzwischen füge ich mich meiner Familie. Meine Frau ist gerade das Gegenteil, bei ihr zuhause musste man damals als ihre Eltern noch lebten immer Weihnachtslieder singen. Sei´s drumm. Ich bin in dieser Hinsicht wohl eine große Ausnahme.

Nun sollte ich für Unterhaltung bei einem Arzt, den ich nicht kenne Giovanni zuliebe eine Einlage beisteuern. Das auch noch an Fastnacht, wo ich am liebsten dorthin verschwinden würde, wo es so etwas nicht gibt. Giovanni schafft es dennoch immer wieder einen von Dingen zu überzeugen, die einem eigentlich widerstreben. Komischerweise werden diese Überzeugungstaten von Giovanni dann echte Erfolgseinlagen, wo ich ab und zu sogar ein wenig etwas abgewinnen kann.

Aber was soll ich für eine Geburtstagseinlage bringen oder was soll ich machen?

Giovannis erste Idee. Ich könnte doch dazu stoßen und ein paar Lieder mit der Gitarra spielen. Aber Giovanni, ich kann doch nicht einfach in die Gesellschaft herein platzen und wie ein Straßenmusikant den Leuten etwas vordudeln. Das sollte schon origineller sein. Egal, meinte Giovanni, mach ma was anderes. Aber was?

Soll ich eine Stripteasetänzerin organisieren und dem Geburtstagskind im fortgeschrittenen Alter davor eine gute und eine schlechte Nachricht überbringen? Ja, gute Idee, aber was genau soll das sein?, wollte Giovanni wissen. Die gute Nachricht, es kommt eine Stripteasetänzerin. Die schlechte, sie ist so alt wie der Arzt. Ach was, das geht auch nicht. Ja, meinte Giovanni, das könnte Probleme geben. Nicht unbedingt das mit dem Alter der Tänzerin, eher generell mit Striptease. Mir fällt gerade nichts ein, aber das mit der Gitarre, einfach etwas herunterleiern oder gar noch so ein bescheuertes Geburtstagsgedicht aufsagen, das ist nix, lieber Giovanni. Ja, gut überleg einfach, wir haben noch Zeit, meinte Giovanni in der Planungsphase.

Bevor ich weiter überlegte, wollte ich noch ein wenig mehr über die Gäste wissen. Was oder wer sind sie, diese Gäste? Freunde, ein paar Verwandte. Ärzte, Apotheker, ein Anwalt und noch ein paar dieser Art, erklärte mir Giovanni.

Ich muss gestehen, dass diese Personengruppe einen gewissen Reiz auf mich ausübte. Irgendwann erkennt man, dass auch solche Leute, nur Menschen sind. Egal, was sie für einen Job haben, egal wieviel Geld sie haben und egal wie ihr soziales Ansehen und ihr Beziehungsgeflecht ist.

Abgesehen von Fastnacht, reizte es mich nun gerade mit diesen Leuten einen Schabernack zu treiben. Doch mir fiel im Moment nichts passendes ein.

Verstehen Sie Spass

Beim vielen Überlegen kamen mir mit der Zeit gewisse Gedanken, ich dachte an die oft so bescheuerte EU, an saudoofe Fernsehsendungen, wo Kleinkinder beim Stürzen über die Katze gefilmt werden und ähnlichen Schwachsinn. Und dabei sah ich vor lauter Bäumen kurzfristig den Wald nicht mehr. Doch dann ergab sich auf einmal die Lösung ganz einfach. Verstehen Sie Spass mit versteckter Kamera ohne Kamera. Schade, dass wir damals nicht doch keine Kamera verdeckt installiert haben.

Jetzt ging es nur noch darum, was wir in der Spassart der versteckten Kamera machen könnten. Pizza auf dem Teller festkleben oder so? Nein, mir kam eine Idee, die sich später als gelungen herausstellte.

Giovanni war begeistert als ich ihm von dieser Idee, seinen Worten nach eine gute Idee, erzählte. Ich warnte ihn aber, es könnte sein, dass er danach eine seiner Bratpfannen über den Kopf bekommen könnte. Gut, es waren ja dann genug Ärzte anwesend.

Es war soweit, der Spaßabend konnte beginnen

Als es soweit war, war das Lokal gerammelt voll, Giovanni hatte noch zusätzliches Personal beordert mit dabei sein Bruder, der ebenfalls ein Restaurant im Landkreis betreibt. Der Nebenraum war mit den Lokalprominenten, alle in Fastnachtskleidung, voll belegt. Mit dem Essen ließen sie sich auch nicht lumpen. Aber die ersten Bissen werde ich der feinen Gesellschaft schon versauen. Ich fiel richtig auf, denn ich war anständig, mit Jacket angezogen und trug eine Schreibkladde bei mir.

Jetzt ist noch ein Sektempfang und danach soll das Essen serviert werden. Gut, dann schreite ich gleich nach dem Sektempfang zur Tat. Ich konnte das Treiben gut unerkannt beobachten. Nun wurden die ersten Häppchen serviert und die Gesellschaft, bestehend aus etwa 30 Personen, saß mittlerweile freudig an dem großen Tisch, der sich über den ganzen Raum erstreckte und wartete sehnsüchtig auf das Essen. Dr. med. D. konnte gewöhnlich wie immer seine Geburtstagsparty genießen und sich hochleben lassen, meinte er wahrscheinlich. Alles schien bis dahin nach bekanntem Muster abzulaufen.

Giovannis Bruder wollte nun gerade in den Raum, da sagte ich ihm er solle mal langsam machen. Jetzt würde ich so eine Art kleinen behördlichen Polizeieinsatz starten. Giovannis Bruder Mario schaute mich an wie Supermario. Er wurde natürlich nicht so richtig umfassend eingeweiht. Und was macht unser Mario?

Er stürmt in den Raum, riss die Hände hoch und schrie: Oh, Carabinieri, Carabinieri. Oh, nein, Mario, was machst du? dachte ich. Die Gäste schauten Mario, der davor noch völlig normal servierte, verdutzt an. War er wohl schon etwas beschwipst?

Nun musste ich loslegen. Ich betrat sofort den Raum und alle starrten mich noch verdutzter an.

Guten Tag mein Name ist XY, ich nannte natürlich nicht meinen richtigen Namen. Ich bin von einer Koordinationsbehörde der EU aus Stuttgart, zuständig für die Einhaltung der EU-Normen, so stellte ich mich vor. Wir sind direkt an Brüssel gekoppelt und überwachen gerade die Gastronomie. Mario wusste nicht so recht was jetzt los war. Giovanni weihte ihn wie gesagt nicht verständlich in die Sache ein. Nun musste ich aufpassen, dass Mario, der seinen Bruder ja kennt, nicht anfängt, ist ja nur Spaß. Deshalb forderte ich resolut Mario auf sofort den Raum zu verlassen. Er soll sich nach draußen zu den Kollegen, die natürlich nicht vorhanden waren, begeben.

Giovanni stand mittlerweile an der Tür. Giovanni beorderte ich den Raum. Bitte kommen Sie zu mir. Herr Dr. D. kam nun sofort auf mich zu. Was ist denn hier los, wollte er wissen. Sind Sie der Veranstalter? fragte ich. Ja, wir feiern meinen Geburtstag. Sie feierten Ihren Geburtstag mit Verlaub. Giovanni stand direkt hinter mir und nahe bei Dr. D. Hätte ich ihn angeschaut, wäre ich mir nicht sicher, ob ich nicht zu lachen angefangen hätte. Giovannis Nachname beginnt auch mit D. Plötzlich rannte Frau Doktor D auf mich zu. Sagen Sie mal was fällt Ihnen ein unsere Feier zu stören? Ich habe Ihnen doch meinen Namen genannt und von welcher Behörde ich komme. Und was wollen Sie von uns? wollte Frau Doktor wissen. Von Ihnen nichts, aber von Herrn D. (also von Giovanni). Er betreibt hier ein Lokal, wo sämtliche Geräte keiner einzigen EU-Norm entsprechen, er hat illegales Personal, das nicht aus der EU stammt und richtet die Speisen entgegen sämtlicher EU-Normen an. Vor mir saß ein Herr, der anfing. Ah ja, gut nun hören Sie auf mit dem Blödsinn. Es war der Herr Doktor Zahnarzt. Ich bitte um Ihr Verständnis, aber das ist kein Blödsinn, sondern ein dienstliches Einschreiten gegen Herrn D. Ja kommen Sie, hören Sie jetzt auf, es ist Fasnet und das ist bestimmt ein kleiner Scherz, oder? Giovanni hat sich noch nie etwas zu schulden kommen lassen, also was soll das? Nun musste ich konsequent bleiben. Sie verstehen, dass wir auf Fasnacht keine Rücksicht nehmen können. Wir haben aus verschiedenen Ermittlungen den Hinweis, dass Herr D. hier sein Lokal unter den bereits genannten illegalen Umständen betreibt. Und bei dem Einschreiten müssen wir verdeckt vorgehen und können unsere Kontrolle nicht ankündigen, ich hoffe dabei auf Ihr Einsehen. Wenn es die Lage erfordert sind wir deswegen auch an Fastnacht im Einsatz. Ich merkte wie sich in dem Zahnarzt darüber die Wut staute. Er hätte mir am liebsten mit irgendetwas unangenehmen gedroht. Frau Doktor war nun schon ein wenig entsetzt. Denn ich schaffte es die Gesellschaft zu überzeugen, dass es amtlich herüberkam. Frau Doktor, schaute Giovanni entsetzt an: Giovanni, so etwas auch noch? Er blickte Frau Doktor treuherzig an, wie er es mit seiner charmanten und charismatischen Art sehr gut kann, verneigte sich halb und drückte sein Bedauern aus. Ja, ist so, kann mo nix machen, erklärte er Frau Doktor. Ich setzte gleich nach und erklärte Herrn D. (Giovanni), das wird schon noch erheblich folgen für ihn haben.

Giovanni, ein erstklassiger Schauspieler, mit ihm machte es richtig Spaß, diese Festgesellschaft reinzulegen.

Nun ging es ans Eingemachte.

Die Kollegen sind schon in der Küche und hier verlässt niemand den Raum, lautete meine Anordnung. Sonst würden sie noch merken, dass es keine Kollegen gibt, dachte ich mir. Nun drohte mir Frau Doktor. Das wird noch Konsequenzen für mich haben. Herr Dr. D. hatte etwas mehr Einsicht, lass doch der Mann macht nur seinen Job. Genau Herr Dr. D., danke für Ihr Verständnis, denn ich mache das auch nicht gern, zumal Sie nichts dafür können, erklärt ich ihm.

Es müssen einfach die festgelegten EU-Normen und Richtlinien eingehalten werden, erklärte ich weiter. Und Herr D. scheint dies mit der Art, wie er sein Lokal betreibt, offensichtlich nicht zu interessieren. Deshalb nun sofort diese entscheidenden Maßnahmen zu Ihrem Leidwesen.

Nun polterte der vor mir sitzende Zahnarzt wieder los. Plötzlich knallte er mit der Faust auf den Tisch und schrie mir zu diese Scheiß EU, was fällt denen noch alles für Schwachsinn ein. Wie gern hätte ich dem Zahnarzt beigepflichtet. Von der Bananenkrümmung bis zum Traktorsitz, alles muss geregelt sein, hätte ich gern noch angemerkt. Aber nein, ich musste ernst und dienstlich bleiben.

Als ich so auf den wütenden Zahnarzt schaute, fiel mir nebenbei sein Gegenüber auf. Oh, verdammt, er war der einzige unter den Gästen der mich kannte. Ein Amtsleiter der Stadt, der mich aus meiner politischen Vergangenheit her wusste wer ich wirklich bin. Er kannte auch meinen richtigen Namen und hätte unseren Spaß und die nicht vorhandene versteckte Kamera gleich auflösen können. Er grinste nur und gab mir mit seinen Blicken zu verstehen, ich könne ruhig weitermachen, er werde dicht halten. Zum Glück, denn wir waren ja noch nicht am Ende mit der Spassattacke.

Wie geht es jetzt weiter? wollte Frau Doktor wissen. Ja, wenn die Kontrollen soweit draußen im Lokal, in der Küche und beim Personal beendet sind, wird hier geräumt. Deshalb dürften jetzt keinerlei weitere Getränke und Speisen mehr serviert werden.

Eine andere Frau Doktor, wollte gerade noch einen Wein bestellen, was ich aber streng dienstlich verwehrt habe. Die Pommes hatte sie schon vor sich. Darf ich meine Pommes wenigstens noch essen? Ja, das dürfen Sie noch, aber bitte keine weiteren Speisen mehr bestellen. Dann knallte sie ein paar Pommes in den Teller und geiferte mich an. Ihr sei der Hunger vergangen. Ich blieb weiter ernst, höflich und seriös. Wie Sie meinen.

Nun endlich trat der Advokat unter den Gästen in Aktion. Haben Sie eine Verfügung, und zeigen Sie uns bitte zudem noch Ihren Dienstausweis. Soweit hat Herr Doktor D. gar nicht gedacht, dass er gleich nach meinem Dienstausweis gefragt hätte. Anscheinend habe ich ihn so verwirrt, dass dabei der Dienstausweis völlig unterging.

Wer sind Sie, wollte ich von dem Advokaten wissen? Herr Soundso, ich bin Rechtsanwalt. Ach so, dachte ich das ist der Rechtsverdreher. Herr Doktor D. bekommt natürlich gern eine Mehrfertigung der Verfügung. Diese betrifft aber nicht die Gäste, sondern den Lokalbetreiber, erklärte ich dem Advokaten. Aber wenn Herr D. einverstanden ist, bekommen Sie gern eine Ausfertigung. Ja, ich werde ihn natürlich in dieser Sache vertreten, wir lassen wir uns das nicht so einfach gefallen. Wollen Sie gleich Akteneinsicht, provozierte ich ein bisschen. Dass dies ein Spaß sein sollte glaubte inzwischen keiner mehr. Doktor D. beschwichtigte seinen Freund den Advokaten, lass doch der Herr macht doch nur seinen Job. Ach ja, der Dienstausweis. Mit dem habe ich natürlich gerechnet, deshalb habe ich mir schon im Vorfeld einen amtlich wirkendenden Ausweis zusammengebastelt. Doktor D. warf allerdings nur einen flüchtigen Blick darauf. Nicht so seine Frau. Sie wollte dieses Herrschaftsdokument schon genauer sehen. Natürlich fehlte die EU-Fahne nicht darauf. Regierungsdirektor sind Sie? Ja, ich bin Referartsleiter dieser Kooperationsabteilung (die es natürlich nicht gibt, denke ich) und deshalb, weil es hier um einen gravierenden Vorfall geht mit im Einsatz dabei. Ich dachte selbst der Advokat glaubte jetzt nicht mehr an einen Spass, sondern eher an einen sicheren Auftrag.

Die Stimmung war gereizt und soweit am Boden, dass sich die ansonsten schon mit Einfluss bestückte Gesellschaft vor der staatlichen Gewalt geschlagen gab. Der Amtsleiter der Stadt, erklärte seinen Freunden, dass man da nichts machen kann und unterstütze mich dabei noch ein wenig flankierend. Es ist wirklich alles amtlich. Ich redete noch ein wenig geschwollen daher, mit Verwaltungsakt und so verwaltungsrechtlichem Kram, so dass ich glaubhaft zum Höhepunkt überleiten konnte.

Nun schreiten wir zur Räumung über, erklärte ich der frustrierten akademisierten Geburtstagsgesellschaft. Ich bitte Sie nun den Raum zu verlassen und beende hiermit die Feier in diesen Räumen, die von Herrn D. illegal als Gaststäte betrieben werden. Doch ganz wollten sie sich noch nicht geschlagen geben und den Saal räumen.

Frau Doktor hatte nun eine Idee. Können wir die Getränke und ein bisschen Knabberzeug nicht von uns zu Hause her holen, wir wohnen nur ein paar Kilometer entfernt, dann könnte wir doch hier weiter feiern. Wo sollen wir denn sonst hin? Wollte sie wissen. Sie können in jedes andere Restaurant hier in Rottweil oder auch Umgebung. Sie sind lustig, wo sollen wir heute an Fastnacht in Rottweil einen Platz bekommen. Tja, vielleicht können Sie woanders mitfeiern, aber leider nicht mehr hier. Was soll denn das, woanders mitfeuern? Antwortete ich zynisch und provokativ. Nun stellte ich mir vor, wie sie mit ihren dicken Autos Getränke und Knabberzeug her karren würden. Amüsant, diese Vorstellung. Das wäre erst ein richtiger Spaß geworden. Aber ich glaube dann hätten sie wirklich keinen Spaß mehr verstanden.

Das geht leider alles nicht, wir müssen die Räume nun räumen und versiegeln. Die Küche ist schon geschlossen, wie ich es den Kollegen angewiesen habe.

Frau Doktor ließ nicht locker. Gibt es denn nicht irgendeine Ausnahme, dass wir noch ein wenig hier feiern könnten?

Nein, tut mir Leid, da können wir absolut keine Ausnahme machen. Inzwischen gaben sie sich nun doch geschlagen und waren bereit das Lokal zu verlassen. Obwohl, da fällt mir etwas ein. Frau Doktor wurde nun ganz aufmerksam, während ihr Mann, der seinen Festtag hatte, schon etwas frustriert abwesend war.

Doch es gibt eine Ausnahmemöglichkeit, die betrifft aber Sie alle. Was wäre das denn? Moment, ich holte meine Unterlagen mit der heißersehnten Verfügung. Herr Doktor D. schauen Sie mal hier auf dieses amtlich Dokument unter dieser Voraussetzung, die Sie hier lesen können, können Sie weiter feiern. Die Spannung war auf ihrem Höhepunkt.

Auf dem Blatt hatte ich das Verstehen Sie Spaß-Logo, so ein Zwinkersmiley über´s ganze Blatt erstreckt. Darüber stand Herzlichen Glückwunsch Herr Doktor D. zum Geburtstag. Doktor D. starrte regungslos auf dieses Blatt. Entweder wollte er jetzt mich verarschen oder war er so durcheinander, dass er nicht mehr kapierte, was ich hier schriftlich ausdrücken wollte.

Frau Doktor D. warf nun einen Blick auf das Blatt, schaute ihren Mann an und rief ihm zu. Die haben uns verarscht und dann ein Schrei: Giovanni na warte. Giovanni hatte natürlich wieder sein übliches Lachen drauf und rief: Tschakka.

So richtig kam es aber noch nicht an. Denn am Ende des Tisches saß auch so ein Akademiker in einer Napoleonverkleidung, passend zu seiner Körpergröße. Er fuchtelte die ganze Zeit nervös an seinem Säbel herum und redete aufgeregt mit seinem Tischnachbarn. Ich schaute zu den beiden und rief nur: Waterloo. Hallo Herr Napoleon, Waterloo. Es ist vorbei.

Ja meine sehr verehrten Festgäste, verehrtes Geburtstagskind Herr Doktor D., das war eine ungeplante Geburtstagseinlage. Dieter, hast Du das gewusst, wollten die Gäste vom Gastgeber wissen? Nein, das ist doch auf Giovannis Mist gewachsen. Ja, nicht ganz erklärte ich.

Der Zahnarzt war ganz erleichtert. Sie haben recht mit der EU, das ist wirklich eine total sch… bürokratischer Haufen. Das hätte man dem verlängerten Arm von denen zutrauen können, meinte er. Übrigens Frau Doktor, falls die Pommes kalt sind, würde ich natürlich vom Gastwirt eine Extraportion anfordern, hae ich empfohlen. Die Dame grinste nur noch. Ich habe es wirklich geglaubt, dass jetzt gleich der Laden dicht sein wird, meinte sie sichtlich erleichtert.

Hallo Herr Zerr, begrüßte mich dann offiziell der Amtsleiter. Was ihr kennt euch? Hast Du alles gewusst, wollten die Gäste wissen. Nein, aber ich kenne Herrn Zerr. Ja, was machen Sie wirklich, wollten Gäste von mir wissen. Suchen sie es sich aus. Der Amtsleiter erklärte es für mich, er war Hauptkommissar und auch Bürgermeister und ist jetzt auch noch auf der staatlichen Schiene tätig, meine ich. Richtig, so ist es, bestätigte ich. Nein, kam es aus der Runde, wir werden von einem Ex-Hauptkommissar und ex-Kommunalpolitiker verarscht. Ach, die Politik ist doch sowieso nur noch eine einzige Verstehen Sie Spaß Arena, merkte ich an. Dann kommt noch das Volk dazu, das eigentlich doch verarscht werden will. Dann passt es ja wieder, oder?

Giovanni kasperte freudig, lustig und glücklich darüber, dass es geklappt hat neben mir herum. Ja, Tschakka, gute Idee.

Wollen Sie sich zu uns setzen, bot man mir an. Nein danke sehr nett. Herr und Frau Doktor D. Sie sind mir nicht böse, wollte ich wissen. Nein, jetzt nicht mehr. Kann man Sie engagieren? Ja, natürlich Giovanni ist mein Manager, erklärte ich schmunzelnd.

Ich verabschiedete mich höflich und wünschte der Gesellschaft noch einen schönen amüsanten Abend.

Tschakka - gute Idee

Napoleon passte mich noch ab. Das war ja ein Ding das Sie hier abgezogen haben. Hat es Ihnen gefallen? Ich sah ja Ihr Schreiben nur aus der Entfernung. Das Smileysymbol muss aus der Distanz wohl wie eine Pizza ausgesehen haben. Napoleon sagte seinem Tischnachbarn darauf hin, nun zeigt er ihm (dem Dr. D.) eine Pizza und wie groß der Durchmesser sein darf oder muss. Ah, deshalb das nervöse Säbelrasseln merkte ich an. Hören Sie auf, Sie sind mir einer. Am Tisch gaben alle zu, dass sie anfangs an einen Spaß dachten, aber nach einer Weile sicher waren, das ist kein Spaß mehr. Es hätte aber auch ins Auge gehen können, machte mich einer von ihnen aufmerksam. Ach, was mir ist schon so viel schief gegangen im Leben, das hätte mich irgendwie auch nicht sonderlich gestört, erklärte ich.

Also feiert schön weiter. Als Giovanni und ich den Raum verließen, drohte man herzlich Giovanni und winkte mir zu wie einem Fastnachtsprinzen.

Später erzählte mir Giovanni, ein Großteil der Gäste ist noch bis früh am Morgen an der Bar gesessen, haben ein Schnäpschen nach dem anderen getrunken und haben sich über die Einlage amüsiert.

Das ist jetzt nun schon ein paar Jahre her, aber Giovanni und ich erzählen uns immer noch von diesem gelungenen Abend. Leider ist der Zahnarzt, der mir irgendwie gefallen hat mit Anfang sechzig an Krebs verstorben.

Spaß in der richtigen Dosierung tut also immer gut.

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