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Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann trat zurück. Rumms! Ein Paukenschlag zu Wochenbeginn. Und sicherlich auch eine beunruhigende Nachricht für sein deutsches Pendant Angela Merkel. Sollte man meinen.

Nur allzu gerne möchte man der gefühlten „Königin von Deutschland“ zurufen: „Frau Merkel, bitte folgen Sie ihrem Kollegen!“, ab Marsch in den vorzeitigen Ruhestand. Allerdings erscheint dies unwahrscheinlich. Warum? Weil sich die politische Situation kaum vergleichen lässt.

Auf der einen Seite findet sich ein Kanzler, dem nach 18 Wahlniederlagen nicht nur offensichtlich die Unterstützung der Bevölkerung fehlt, sondern der sich auch parteiintern und in seiner Regierungskoaltion keiner 100%igen Loyalität mehr sicher sein kann. Auf der anderen Seite haben wir die Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland, die ihre Partei vom knappen Verpassen der absoluten Mehrheit auf knapp über 30% heruntergeschraubt hat. Aber: Damit stellt die CDU immer noch die mit Abstand stärkste Partei in Deutschland.

Das Problem ist: Nach ihrer nunmehr 11-jährigen Amtszeit hat Merkel anfangs nicht nur die eigenen Reihen geschlossen, sie hat auch politische Widersacher und potentielle Nachfolger gnadenlos kaltgestellt. Ich behaupte mal, hätte die CDU einen Nachfolger in petto, der die Partei wieder zurück ins konservative Lager führen könnte, wäre Merkel längst Geschichte. Aber eben diese Wulffs, Kochs oder Merze sind schon frühzeitig politisch entschärft worden und melden sich allenfalls aus dem „politischen Off“.

Hinzu kommt: Bedingt durch die deutsche Parteienlandschaft werden aktuell beim stetigen Aufstieg der AfD immer mehr schiere Zweckbündnisse geschlossen, bloß, um den Machterhalt zu sichern: In Thüringen regiert zukünftig eine aberwitzige Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Aber ist das tatsächlich so aberwitzig?

Im Jahre 2005, als Frau Merkel ihren Dienst antrat, hätten diese drei Parteien unterschiedlicher nicht daher kommen können. 11 Jahre später hat Angela Merkel ihre CDU stramm nach links geführt, dabei die SPD im Prinzip überholt und überflüssig gemacht und wird mittlerweile gefühlt mehr von Grünen und Linken bejubelt, als von ihrer eigenen Partei. Ergo werden wir offenbar bereits jetzt von einer neuen „Einheitspartei“ regiert: Der Mittel-Links-CDU, den Linken, den Grünen und dem braven Stimmenbeschaffer SPD, der es nicht wagt, gegen Merkels CDU anzugehen. Warum eigentlich? Die Angst vor der politischen Bedeutungslosigkeit kann es nicht sein, denn die Genossen stehen bereits am Rand der Klippe, bereit zum Sprung ins politische Niemandsland.

Ein Teil der Wählerschaft erfreut sich mittlerweile über das Wiedererstarken der FDP, jener Klientelpartei, die man anno 2013 so brutal abgestraft hatte. Man sieht in ihr die mögliche „nicht-ganz-so-radikale“ Alternative zur Alternative für Deutschland, der AfD. Leider scheinen Lindner & Co. wenig bis garnichts gelernt so haben: So gibt man in Nordrhein-Westfalen brav den Steigbügelhalter für ein Weiterwurschteln der rot-grünen Landesregierung. Jener Regierung, die bis dato versucht, die Ereignisse vom Kölner Silvesterabend zu relativieren und zu vertuschen. Schade, die gelbe Partei hatte durchaus Potential für einen vielversprechenden Neustart im konservativ-bürgerlichen Lager.

Was bleibt also? Frau Merkel. Die „alternativlose“ Kanzlerin. Wer sich im konservativen politischen Milieu zuhause findet, kann ihre CDU nicht mehr wählen. Vielen ist die AfD aber mittlerweile zu radikal, die ALFA hat keine ausreichende Öffentlichkeitswahrnehmung und die FDP verspielt ihr Potential (s.o.). Ergo gehen viele Bürger entweder 2017 gar nicht wählen, weil sie sich nirgendwo vertreten fühlen, wählen das „kleinere Übel“ CDU, die FDP oder AfD. Was bedeutet das? Frau Merkel kann so oder so weiter wurschterln, solange sich innerhalb der Partei keine echte Opposition erhebt und ihre Kanzlerschaft beendet oder, was nicht zu erwarten ist, die AfD eine absolute Mehrheit bekommt. Ansonsten wird es eben 2017 auch bundesweit eine „Einheitspartei“ bzw. eine quietschbunte Koalition aus CDU, SPD, Grünen und ggf. der FDP geben. Hauptsache „Weiter so!“, eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD, die oft den Finger in die politischen Wunden legt, wäre ja auch zu schwierig.

Ein Rücktritt Frau Merkels, wie ihn Herr Faymann vollzogen hat, wäre nur konsequent und wünschenswert. Aber Wünsche sind eben nur Wünsche. Die grausame, „alternativlose“ Realität sieht anders aus…

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