"Teflon-Angie" – oder: bloß keine Kante zeigen.

Sie hat es mal wieder geschafft: Angela Merkel wird ihrem Image als Aussitzerin und „Teflon-Angie“ gerecht: Der Abstimmung über eine Resolution über die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor einhundert Jahren bleibt Frau Merkel fern.

Auch die SPD-Granden Steinmeier und Gabriel haben offenbar kein Interesse, unmittelbar an diesem politischen Statement mitzuwirken: Gabriel ist es wichtiger am „Tag der Bauindustrie“ eine Rede zu schwingen. Steinmeier ist auf Auslandsreise – ein noch einigermaßen nachvollziehbarer Grund.

Und Frau Merkel? Die hat, so gibt man stolz aus dem Kanzleramt preis, bei der unionsinternen Probeabstimmung natürlich für die Resolution gestimmt. Sie sei aber ebenfalls terminlich verhindert. Laut der "Welt" befindet sie sich auf einer naturwissenschaftlichen Konferenz. Was natürlich bedeutend wichtiger ist!

Was bitte ist das für ein politisches Signal?

Klar, eine Abstimmung über eine Resolution, in der drei mal das Wort „Völkermord“ vorkommt, mag grundsätzlich in der Prioritätenliste einer Regierungschefin weit unten angesiedelt sein. In diesem Falle jedoch ist es Schlicht ein fatales Signal, das Frau Merkel aussendet. Oder auch: Das sie nicht aussendet.

Es wäre ein Bild mit Symbolcharakter gewesen, hätte man Frau Merkel oder besser noch die komplette Regierung bildlich festgehalten, wenn sie für diese Resolution die Hand heben. Dies wäre ein klares Signal an den türkischen Präsidenten gewesen: „Sehr her! Wir stehen zu unserer Meinung! Wir sind eine handlungsfähige, unerpressbare Regierung eines souveränen Staates!“ Das Fernbleiben des Führungstrios ist jedoch ebenso ein Signal, eines der Unterwerfung und eines der Konfliktvermeidung mit dem wichtigen Partner vom Bosporus.

Erdogan und sein Regime haben vorab schon die Resolution scharf kritisiert und mit der Verschlechterung der Beziehungen gedroht. Frau Merkel hat sich diese Kritik offenbar sehr zu Herzen genommen und – mal wieder – versucht, mit ihrer Duckmäusermethode halbwegs sauber aus diesem politischen Zwiespalt heraus zu kommen.

Ein Zeichen der Stärke durch persönliche Anwesenheit und damit ein klares öffentliches Bekenntnis hätte vermutlich deutlich mehr Eindruck auf Erdogan und Co. gemacht. So unterstreicht es eher deren offensichtliche Macht über die EU und Deutschland im speziellen. Frau Merkel hat wieder einmal eine Chance vertan und sich mehr oder weniger dem Sultan unterworfen.

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