Ihr solltet auf keinen Fall andere für euch denken las­sen, sonst denkt nicht ihr, sondern ihr werdet gedacht. #politik #medien

Ich kenne beide Seiten der Medien. Ich war Konsument, trat aber auch selbst regelmäßig in den Medien auf. Daher weiß ich in etwa, wie die Medienwelt funktioniert. Das, was ich in Interviews sage, unterscheidet sich oft von dem, was letztlich gedruckt wird. Selbst wenn man in Talkshows zu Gast ist, werden einige Passagen herausgeschnitten, sofern es keine Livesendungen sind. Ich kann mir ein ungefähres Bild darüber machen, wie viele Falschaussagen über die Medien transportiert werden, die nicht direkt Lügen sind, aber zumindest so etwas wie „Halbwahrheiten“. Auch über mich wurde schon viel Falsches geschrieben. Nun bin ich ja relativ bedeutungslos, es ist im Grunde völlig egal, was da über mich steht. Wenn es aber um wichtige Informationen geht, nach denen sich die Leute dann richten – darum heißt es ja auch „Nachrichten“, nach denen richtet man sich –, dann macht mir die Verzerrung durch die Medien schon ein wenig Angst.

Andererseits sind diese Medien ja nichts anderes als ein Bauteil unseres Systems, in dem wir momentan verhaftet sind. Es ist nicht so, wie es manche gerne behaupten, dass nämlich die Medien die Welt regieren würden oder Teil einer Art „Verschwörung“ seien.

Tatsache ist, dass es den politischen Parteien sehr wichtig ist, Einfluss auf bestimmte Medien zu haben. Die Politiker kennen einfach die Macht der Medien und wissen, dass man über die Medien die Menschen manipulieren kann. Indem man ihr Denken beeinflusst und damit letztendlich auch ihr Handeln. Weil eben viele „Meinungen“ in unseren Köpfen nicht auf eigenen Erfahrungen beruhen, sondern auf reinem Wiederkäuen fremder Ansichten.

Wenn wirklich alle Menschen entsprechend den Meinungen, die sie derzeit in ihren Köpfen haben, handeln würden – na dann, gute Nacht! Es bleibt zu hoffen, dass sich das eigen­ständige Denken wieder eingestellt hat, bis es einmal ans „Eingemachte“ geht, und dass unser Handeln dann klüger sein wird als die vielen Meinungen, die wir in unseren Köpfen haben. Ihr solltet auf keinen Fall andere für euch denken las­sen, sonst denkt man nicht, sondern man wird gedacht.

Es werden ja schon unsere Kinder in einem Bildungssystem geschult, in dem sie nicht lernen, wie man denkt, sondern was sie zu denken haben, und wie sie die Welt sehen sollen. Wenn wir lernen könnten, wie unser Gehirn funktioniert, was für ein unglaubliches Potenzial es hätte, welch ungeahnte Möglichkeiten sich für jeden von uns auftun, dann wären wir wie der Motorradfahrer, der seine Maschine versteht, da er hinter die Funktionsweise blicken kann.

Wenn du nur lernst: „Da ist das Gas, dann fährt es, und wenn ich diesen oder jenen Hebel ziehe, dann macht es das oder das“, dann funktioniert das nur, solange du in einer Situation bist, die der Norm entspricht. Ändern sich die Fahrbahnverhältnisse plötzlich, dann musst du genau verstehen, wie und weshalb sich das Fahrzeug beim Unter- oder Übersteuern so oder so verhält, und welche Möglichkeiten und Potenziale deine Maschine hat. Unter-schätzt man dieses Potenzial, wirft man zu früh die Nerven weg und damit das Motorrad in den Graben. So werfen wir auch oft im Alltag die Nerven weg, weil wir unser Potenzial niemals kennengelernt haben.

Wir alle sind darauf konditioniert, gewisse Dinge zu denken, die wir denken dürfen, daran halten wir uns. Tabus zu brechen wird nicht geduldet. Das wirklich eigenständige Denken zu beherrs chen ist mit einem sehr langwierigen Lernprozess verbunden, in dem auch ich seit vielen Jahren stecke. Ich experimentiere damit, mich ein bisschen umzuprogrammieren und versuche, vieles, das einmal auf meine „Festplatte“ gespielt wurde, zu hinterfragen und mein Gehirn teilweise neu zu „formatieren“. Da sind wir nun wieder im Neurozeitalter, in dem wir unser Gehirn ständig mit Computern vergleichen. In gewisser Weise trifft dieser Vergleich ja auch zu. Die Neuformatierung gelingt mir am besten über Erfahrungen, die ich mache, nicht aber über Wiederkäuen von fremden Meinungen. Dennoch ist der Großteil von dem, was ich von mir gebe, tatsächlich Nachgeplappertes. Ich spreche ja häufig mit anderen Menschen, tausche mich mit ihnen aus und habe daher zum Teil auch Meinungen Anderer im Kopf, die mich inspiriert haben, die aber jetzt nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen müssen.

Gerald Hüther, ein bekannter Gehirnforscher, berichtet in einem seiner Bücher darüber, wie er immer wieder aus der Stadt fährt, auf einen Berg, wo er einen Hügel hinaufwandert. Von dort aus hat er den Überblick über die gesamte Region und er sieht von oben auch die Autobahnen, die Hauptverkehrsstraßen, die Ortschaften, die Nebenstraßen und die schmalen Feldwege. Aus dieser Perspektive sieht man, was auf den Autobahnen alles los ist. Man kann den Verkehr auf den großen Straßen beobachten, erkennt aber auch die unscheinbaren Wege, auf denen niemand unterwegs ist.

Genau auf diese Weise sollten wir, so schreibt Gerald Hüther, auch unser Gehirn von Zeit zu Zeit betrachten. Wir sollten also einen Schritt aus uns heraus machen und unser Gehirn beobachten: „Wie denkt es eigentlich? Welche Wege beschreitet es, wenn es denkt?“ Dann können wir uns die Frage stellen, ob es in unserem Hirn nicht auch Pfade gibt, die wir ansonsten nicht benutzen. Genau das macht ein wirklich spannendes Leben aus. Man muss bereit sein, neue Erfahrungen zu machen, neue Wege des Denkens zu beschreiten und auszubauen. Dann stellt sich wirkliches „Selbst-Denken“ ein.

Ich habe ja auch schon über den Tod gesprochen. Wenn die letzte Stunde schlägt, ist es doch wunderschön, zu wissen, dass man im Leben viele unterschiedliche Erfahrungen gesammelt hat – ganz egal, wie lange das Leben gedauert hat. Ein langes Leben ist nicht zwingend notwendig, um Weisheit zu erlangen. Weise wird man nur, wenn man immer wieder loslässt, neue Erfahrungen macht, neue Wege ausprobiert und immer wieder etwas verändert. Jemand, der 70 Jahre lang demselben Unsinn folgt, ist auch nach 70 Jahren nicht weise.

Was tun wir eigentlich, wenn wir Medien konsumieren? Wir beschäftigen uns in dem Moment vor allem mit den Leben anderer Menschen. Das kann ab und zu angenehm sein, weil man sich dann auch ein wenig vom eigenen Leben, von den eigenen Problemen, ablenken kann. Es ist immer einfacher, sich Gedanken über das Leben der Anderen zu machen als über das eigene. Aus diesem Grund mögen wir diese Mediengeschichten vermutlich so gerne, die uns präsentiert werden und in denen es ständig um die Probleme, die Sorgen, aber auch um die Freuden Anderer geht. In den neuen Medien erscheint uns das schon etwas anders. Da geht es scheinbar auch um uns, und Jeder hat die Möglichkeit, aktiv an dieser neuen Medienwelt teilzunehmen. Man wird zur handelnden Person und kann sich so aus der Opferrolle holen, kann vom Opfer quasi zum „Täter“ werden.

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