Begeben wir uns gemeinsam auf das dünne Eis des gefrorenen Alpensees. Wenn man noch weiter in die Höhe steigt und unsere vermeintlich noch sichere Insel der Seligen von noch weiter oben betrachtet, so erkennt man, dass dieser halbgefrorene See lediglich eine im Ozean der Globalisierung treibende Eisscholle im immer wärmer werdenden Wasser ist. Abkühlung wäre angebracht, auch die unserer Gemüter. Es wird nur miteinander gehen, nicht gegeneinander. Andere Akteure schlechtreden, um das eigene Unvermögen in einem besseren Licht dastehen zu lassen, macht einen selbst nicht besser. „Es wird nicht reichen weniger schlecht zu sein, wir müssen endlich anfangen gut und nützlich zu sein“,16 sagt Michael Braungart, Chemiker und Verfahrenstechniker.

Das Potential hätte jeder von uns, wir müssen es nur erkennen, es gegenseitig in uns erwecken, nützen, und alles, was uns daran hindert, Vergangenheit werden lassen. Klar, keine Frage: Es gibt ziemlich viele Systemtrotteln und das überall und in allen Schichten. Vom kleinen bildungsferneren (ein politisch korrekter und gebräuchlicher Begriff für „Vollpfosten“) Hackler bis hinauf zum verbildeten Experten, dessen Wahrnehmung sich nur mehr auf Fragmente richtet und der trotzdem glaubt, den Überblick zu haben. Aber niemand kommt als Systemtrottel auf die Welt. Sie werden geformt und gebildet. Das wird auch eine seit Jahren in Angriff genommene Bildungsreform nicht ändern. So lange wir uns nicht wieder selbst als fühlende Lebewesen und Teil eines großen Ganzen verstehen und den Mut haben, eigene Entscheidungen zu treffen, in stillen Momenten über uns selbst und unser Selbstverständnis von Gesellschaft und Staat nachzudenken, um uns in dieses wieder zurückzuholen. So lange wir nicht lernen selbst zu denken, sondern uns denken lassen, werden wir uns gegenseitig als Humankapital betrachten.

Es ist an der Zeit, unseren eigenen Schatten ins Gesicht zu sehen, aufzustehen und Widerstand zu leisten. Lasst euch nicht Teilen und Spalten, tretet nicht nach links und nach rechts und schon gar nicht nach unten, nach denen, die schwächer sind als ihr selbst. Treten wir einfach zur Abwechslung einmal kräftig nach oben. Pfu, das klingt ja fast nach Rebellion! Zumindest klingt das nach einem Aufruf zum entschiedenen Handeln. Um uns als Bürger wieder in das Selbstverständnis des Staates zurückzuholen, wird es notwendig sein, sich zu artikulieren, Position zu beziehen, konkrete Dinge einzufordern, sprich: Wir werden demonstrieren müssen. Und zwar nicht nur auf der Straße mit Taferl und Megaphon, sondern dort, wo man trotz aller Stille Gehör findet. In der Wahlzelle, denn das ist die Sprache, die jeder Berufspolitiker kennt und fürchtet. Sobald es ihren Versorgungsposten, den Sessel, auf dem sie kleben, kosten kann,

beginnen auch die größten Ignoranten zuzuhören. Dann ist man sogar bereit, den Willen der Wähler ernstzunehmen. Der Satz: „Wir müssen den Willen der Wähler endlich ernstnehmen!“ wurde hingenommen, nicht kommentiert und findet in den Medien kaum Erwähnung. Man baut hier offenbar auf die Vergesslichkeit der Wähler. Ist das nicht ein Skandal?

Der Text ist ein Auszug aus meinem neuen Buch:

Meine Stimme gilt!

... und deine?

Erschienen im Brandstätter Verlag, 2017

Erhältlich unter:

https://www.brandstaetterverlag.com/buch/meine-stimme-gilt

Brandstätter

Tipp:

Wer zu einer Lesung oder Signierstunde kommen möchte, um mit mir zu diskutieren, kann dies gerne tun. Alle Infos sind online zu finden, wo man sich auch direkt anmelden kann.

Lesung, 17. März, 19:00 Uhr: Buchhandlung Seeseiten in 1220 Wien: https://www.brandstaetterverlag.com/veranstaltung/2017-03/lesung-meine-stimme-gilt-und-deine-1

Lesung, 29. März, 17:00 Uhr: Facultas Buchhandlung NIG: https://www.brandstaetterverlag.com/veranstaltung/2017-03/roland-dueringer-wien

Signierstunde, 5.April 2017, 16:00 Uhr: Buchhandlung Moser in Graz: https://www.brandstaetterverlag.com/veranstaltung/2017-04/signierstunde-mit-roland-dueringer

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