Glücklich in Hamburg

Ich verbringe seit einiger Zeit viel Zeit in Hamburg und bis heute war mir ja nicht klar, was ich damit als Frau doch für ein Glück habe. Gott sei Dank bin ich endlich über eine Grafik gestolpert, die mir mein Glück fassbar gemacht hat. gelbeSeiten.de hat sich die Mühe gemacht und aufgelistet, was Hamburg zur besten Stadt für Frauen macht. Museumstipps? Bibliotheken? Sehenswerte Parks? Kleine Insidertipps zum besseren Kennenlernen der Stadt? Gute Job- und Wohnungsplattformen? Weit gefehlt!

Und warum auch. Gleich die ersten beiden Hinweise machen solcherlei obsolet, denn in Hamburg leben ur viele Millionäre. 24.060! Ganze 192 über 90 Jahre alt! Da stockt der weibliche Atem. Bevor man also weiterliest, möchte man sich als Frau den Tipp der Gelbe Seiten aber so etwas von zu Herzen nehmen: Kommen, schauen und angeln! Wer noch weitere überzeugende Argumente nötig hat, der brauche sich nur die dazugehörige Bebilderung anzusehen. Drei Männer im Rollstuhl. Da weiß ich allerdings gar nicht, wo die Diskriminierung von Frauen aufhört und jene der Männer anfängt.

Zum Glück lenkt mich die Grafik daneben von diesem kurzen ketzerischen Gedanken ab: In Hamburg gibt es die meisten (Entzückungsschrei!) Juweliergeschäfte Deutschlands. Die Info, dass es 9,4 Single-Männer für 10 Single-Frauen gibt (Hallo?! Da waren doch schon die rollstuhlfahrenden Millionären ...) wird links liegen gelassen, denn es kommt gleich der nächste Freudentaumel: 209 Nagelstudios! 916 Kosmetikstudios! 122 Waxing-Studios! Haarlos schön in Hamburg, dichtet Gelbe Seiten dazu, und was gäbe es da sonst noch zu sagen?

Man könnte in dieser Art und Weise noch ein paar Absätze mehr schreiben und sich lustig machen. Etwa darüber, dass die meisten Dekorationsgeschäfte präsentiert werden – denn was macht Frau denn lieber als das kuschelige Zuhause der Millionärsvilla einzurichten? Aber die Frage ist, ob das die richtige Art und Weise ist, wie man damit umgehen soll. Ist es diese Grafik überhaupt wert, sich aufzuregen? Wohl nicht.

In unserer durchlauferhitzten digitalen Medienwelt wird jeden Tag gegen irgendetwas oder jemanden geshitstormt. Das muss nicht sein. Diese Grafik hat keinen Shitstorm verdient. Aber lustig machen darüber und sagen: Hey, das ist zuviel des Klischees, das geht schon. Wie sieht wohl die "Hamburg ist die beste Stadt für Männer"-Grafik aus? Die besten Sportangebote, die tollsten Bars, die Hotspots mit den meisten jungen Frauen, die coolsten Bürogebäude und die begehrtesten Autohändler?

Wir sollten darüber langsam hinwegkommen. Frauen wollen nicht nur heiraten und shoppen. Männer wollen nicht nur geile Autos und hübsche Miezen. Lässt es sich nicht auch einmal lustig-provokativ sein ohne Geschlechterklischees zu dreschen? Ich finde Hamburg ganz außergewöhnlich toll. Mein Mann auch. Wir beide aus ähnlichen und verschiedenen Gründen. Die wenigsten davon sind wohl auf einer Grafik zu finden.

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Herbert Erregger

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