Foluke* hat eine weite Reise hinter sich.

Er sitzt auf den Felsen und schaut hinüber in das Land seiner Sehnsucht.

Es ist wie ein tiefes Atemholen vor einem Tauchgang.

Ein sich-Umschauen, ehe man die Heimat verlässt.

Ein sich-Besinnen auf das Richtige.

Ist das, was er zu tun sich anschickt, wirklich richtig?

Aber was hat er schon für eine Wahl?

Keinen Moment seines Lebens hat er für etwas anderes gelebt und seine Reise währt schon ein halbes Leben lang.

Foluke ist neunzehn.

Und er hat sich entschieden.

Er möchte Himmel sehen, am liebsten blau. Und manchmal auch Regenwolken. Aber jedenfalls Himmel und keinen Horizont, der noch vor dem Ende des Müllplatzes beginnt.

Und er möchte lernen, weil er ahnt, dass es so viel gibt, was er nicht weiss und doch so gerne wissen möchte.

Als er weg ging, hat seine Mutter geweint.

Nicht nur, weil sie ein Kind verliert.

Sondern auch, weil ihr Leben ab da noch ein bisschen schwerer wurde.

Foluke hat nicht viel verdient mit dem, was er auf dem Mülllplatz aus den Geräten heraus holte, aber es war eine Erleichterung.

Foluke hat gesagt: "Ich hole euch nach."

Auf seiner langen, langen Reise hat er viel gesehen und erfahren.

Leute getroffen, die von Ertrunkenen erzählten und von denen, die obschon sie es schafften, nun doch wieder da sind. Man hat sie zurück geschickt. Immer wieder.

Er will es trotzdem versuchen.

Weil ... was hätte alles sonst für einen Sinn gehabt?

Heute nacht fährt das Schiff.

Da hin geht er jedenfalls nicht wieder:

Foto: Kai Löffelbein, Sieger "Unicef-Foto des Jahres 2011"

Der Text entstand bereits im letzten Jahr. Die Situation ist unverändert, nur die Diskussionen sind schärfer geworden. Und ich frage mich, wie Menschen noch einen Unterschied zwischen politischen und Wirtschaftsflüchtlingen machen können. Politik IST Wirtschaft.

* Foluke heißt: "in Gottes Obhut gegeben"