Was bedeutet es, wenn immerfort die Rede ist von diesem schrecklichen Negativ-Sein, das heutzutage eigentlich gar nicht mehr geht? Ist das wirklich von Bedeutung und zeitrelevant?

Und warum darf niemand mehr negativ sein?

Mir persönlich graust es ja eher vor all den gut gelaunten Menschen, die bei der kleinsten Krise dann eben umfallen und in Tränen ausbrechen.

Andere des Negativismus zu bezichtigen, ist kein Argument, sondern allenfalls ein Verweis auf vermeintlich schlechtes Benehmen. Das ich nicht erkennen kann. Denn es gibt keine Pflicht zum Positiv-Sein. Umso weniger, als die meisten Gutgelaunten eben einfach nur bemüht sind, den besten Eindruck zu machen, weil es irgendwann einmal nützlich sein kann, und Ärger aus dem Weg zu gehen. Denn wer würde sich mit einem "so netten" Menschen auch anlegen?

"Warum kannst du den nicht leiden? Er ist doch so nett!"

Eben genau darum vielleicht?

Wer den Weg des geringsten Widerstandes geht, immer schön geschmeidig ist in die eine wie die andere Richtung, halt so, wie es gerade passt, vermittelt mir jetzt nicht unbedingt die Sicherheit, das könne jemand sein, der irgendwann einmal hinter mir steht fest wie eine Burg. Wer mich an Äußerlichkeiten misst, die da nicht nur Optik, sondern eben auch jederzeit Wohlgefälligkeit sind, mich aber fallen lässt, sobald ich von seinem wohlgeformten Weg abweiche ... was, bitte, vermittelt der mir?

Loyalität ist es nicht, was mir da einfällt.

Schon meine Oma sagte oft: In guten Zeiten Freunde zu haben, ist keine Kunst. Es sind die anderen Zeiten, die uns lehren, was unsere Freunde sind. Vielleicht entdecken wir da sogar Freunde, die wir bis dahin nicht auch nur wahrgenommen hatten.

Nach ein paar Jahrzehnten Leben ist mir natürlich klar, was Oma meinte. Frau sammelt so ihre Erfahrungen. Und hat dabei gelernt, dass es nicht die Gutgelaunten sind, die bleiben. Die, im Gegenteil, vertrollen sich nur allzu schnell, wenn es ungemütlich wird. Irgendeine wohlfeile Begründung, die sie aus Frauenzeitungen oder Psychobüchern holen, ist da immer parat: Du bist zu negativ. Das bekommt mir nicht gut.

Scheiße! Das Leben ist nicht immer positiv. Und wer damit nicht umgehen kann und will, entblößt sich bestenfalls selbst, indem er alles Negative von sich weist. So lange bis einer von diesen Prinzen und Prinzessinen, die sich allzu lange Zeit als egomanische Lebenskünstler erwiesen, einmal selbst Probleme hat, die vielleicht dann nicht weg zu lächeln sind.

Man wird es ihnen, nach kurzer Zeit des Verständnisses (ah, gut, die/ der also auch) nämlich übel nehmen, dass sie sich an ihre eigenen Maximen nicht halten konnten, sobald es ihnen selbst an den Kragen ging.

Da bin ich lieber ehrlich und manchmal mies drauf. Diese Stimmigkeit zwischen drinnen und draußen bekommt mir einfach besser.

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Markus Andel

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