Der Nationalfeiertag begann für mich mit einem Fun Fact. In ihrem Beitragzum heutigen Anlass erklärt Silvia Jelincic, sie sei „nicht in Partylaune“. Was erstmal impliziert, dass es Menschen gibt, die heute wirklich feiern. So wie bei Geburtstagen oder an Weihnachten oder so. Das hätte ich bisher noch nicht mitgekriegt – vielleicht bin ich aber auch zu jung für sowas.

Zuerst hab ich das als Fun Fact abgetan, bis mir geschossen ist, worum es heute geht. Und zwar um den Staatsvertrag zur Neutralität. Uff …

Diese Neutralität. Sie ist eines meiner Hassthemen in Österreich – neben der Wehrpflicht und der STEOP in Publizistik. Seit nunmehr 60 Jahren vergöttert unser Land diese Heilige Kuh, obwohl sie eigentlich längst tot ist. Und vielleicht ist das nicht mal so schlecht.

Eine kurze Geschichte der Neutralität

Ursprünglich war die Neutralität eine von Besatzungsmächten verordnete Bedingung, um Österreich die Freiheit zu schenken. Und das machte in Zeiten des Kalten Krieges durchaus Sinn. In einer bipolaren Welt macht ein neutraler Staat nur Sinn. Unter anderem, weil Österreich seine diplomatischen Schwierigkeiten mit der Sowjetunion und den USA handeln konnte, kam es in weiterer Folge zur „aktiven Neutralitätspolitik“ und zu vielen weltgeschichtlichen Ereignissen im neutralen Österreich.

Durch den Beitritt zur EU sehen viele die österreichische Neutralität gefährdet. Da Österreich bei der „Gemeinsamen Sicherheits- und Außenpolitik“ der Union mitmacht, lässt sich das sogar argumentieren – auch, wenn manche die Neutralität nur als „eingeengt“ empfinden.

Heute allerdings sind österreichische Soldaten in Kriegsgebieten in aller Welt. Der scheinheilige Einwand, es handle sich um „Friedensmissionen“, ändert nichts daran, dass dort bewaffnete Österreicher sind. Währenddessen fahren auf österreichischem Territorium Panzer in Richtung Ukraine – in einen Bürger- und Stellvertreterkrieg, mit dem Österreich eigentlich nichts zu tun haben sollte. Oder?

Lasst uns über die Neutralität abstimmen!

Dieses „Oder“ bei jeder Frage zur österreichischen Neutralität macht mich ziemlich fertig. Ist es denn schlecht, wenn Österreicher Friedensmissionen unterstützen? Oder wenn sich Österreich in der Ukraine auf die Seite des Westens – dem wir eindeutig angehören – stellt? Ist das jetzt gegen die Neutralität? Oder einfach nur konsequent?

Es ist beides. Die Neutralität ist nur noch auf dem Papier vorhanden. Heute verhält sich Österreich außenpolitisch wie die Parodie eines „echten“ Staates ohne Neutralität. Denn diese wird oft als Totschlagargument benutzt, wenn es um echtes Engagement geht. Man kann, wenn man muss – aber wenn man soll, kann man eben nicht. Weil Neutralität. Schade aber auch.

Das einzig Konsequente wäre, das Volk über die Neutralität abstimmen zu lassen. So könnte sich die österreichische Außenpolitik zumindest an einem legitimierten Kurs orientieren. So sehr ich Volksabstimmungen auch skeptisch gegenüber stehe – WEHRPFLICHT! –, so braucht es nicht viel Information darüber. Mit der Neutralität wächst man in Österreich auf, das Konzept ist bekannt. Und selbst der „Ma übaroi is Kriag!“-Stammtischprolet kann sich dazu eine Meinung bilden.

Höchstwahrscheinlich würde die Neutralität gewinnen – und eine ernsthafte Wende in Österreichs Außenpolitik bringen. Vermutlich wären auch rechtliche Debatten zu führen – z. B., inwiefern dieses Verfassungsrecht wirklich über EU-Recht stehen kann. Österreich könnte gegenüber der EU an Handlungsspielraum gewinnen. Alles in allem spricht für mich nichts dagegen: Gebt uns ein Referendum!

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:16

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