Ekel am Hauptbahnhof

War jetzt ne Woche nicht hier. Ist das Flüchtlingsthema noch so aktuell oder wurde es schon von einem neuem Thema in der Presse und dem allgemeinen Bewusstsein abgelöst?

War nur ne rhetorische Frage.

Ich war nie in Traiskirchen. Nicht auf Urlaub, auf Durchfahrt oder zu gewissensberuhigendem Besuch im Flüchtlingspferch. Am Wiener Hauptbahnhof war ich hingegen öfter. "Früher einmal" traf ich mich dort abends zum angenehmen Plaudern und Leute beobachten. Eine schändliche Angewohnheit, solange man es nicht in empirische Statistiken mit wissenschaftlichem Hintergrund verpackt. Vielleicht sollte ich mir das nächste Mal einen Schreibblock und ein Aufnahmegerät dazu mitnehmen - alibihalber halt. Man sah vorwiegend Reisende, was auf einem großen Bahnhof an sich nichts Ungewöhnliches ist. Manche mit riesigen Rucksäcken und in mehr oder weniger abgefuckter Kleidung - kam immer drauf an, wen man fragte. Sie haben es sich häufig in der Fressecke bequem gemacht, um sich von den Strapazen einer wohl zu langen Zugfahrt zu erholen. Daraufhin wurden sie von unterqualifizierten ÖBB Securities meist recht herablassend angequatscht, nicht "herumzulungern", sonst würden sie des Bahnhofs verwiesen werden. Ich wollte mich ja schon oft einmischen, und sagen, sie sollen sich ihre großkotzige Art sonstwohin stecken.

Nun ja, es könnten jedenfalls Interrailfahrer gewesen sein, aber ich hab nie einen gefragt. Sie waren halt da und ich dachte nur so bei mir: "Das wäre echt nichts für mich. Für Wochen aus dem Rucksack leben, abgesandelt und verschwitzt durch Städte zu touren und in Hostels schlafen, wo ich ein Zimmer, Bad und Klo mit zig anderen Leuten teilen muss. Nein danke..."

Diesem Gedankengang folgend wäre ich also auch kein besonders guter Flüchtling. Hoffe, es kommt nie dazu, dass ich derart Farbe bekennen muss...Manche waren wohl auch wirklich Obdachlose, die sich dann an noch abgefuckterer Kleidung und vor allem einem starken Körpergeruch bemerkbar machten. Und das erste Gefühl, das in mir aufkam, noch bevor sich Mitleid mit diesen armen Tröpfen breit machte, war - Ekel. Vermutlich hab ich mich jetzt hiermit für manche wieder als menschenverachtenden, empathielosen Misanthropen geoutet - soll sein. Aber es war kein Angewidertsein, weil ich einen Obdachlosen sah, sondern wegen der mangelnden Hygieneverhältnissen, die diesen Menschenschlag meistens begleitet.

Ich geb zu, ich hab ein fast schon neurotisches Verhältnis zu Körperpflege und finde es schon nahezu ekelerregend, wenn ich Leute mit Haaren sehe, die übergehen vor Fussel und Schuppen und tagelang nicht gewaschen wurden. Oder auch den klassisch-klischeehaften grün-alternativen Ökostudenten (lange, unbeachtete Haare, ungepflegten (Voll)Bart, etc...). Es macht auf mich den Eindruck, diese Leute scheren sich nicht darum, sich zu waschen, zu rasieren, usw...

Zurück zu den Obdachlosen. Die haben meist ja einfach nicht die offensichtliche Möglichkeit dazu, sich zu waschen und zu pflegen. Womöglich haben viele auch einfach schon so aufgegeben, sodass es ihnen echt wurscht ist, was sie noch bedauernswerter macht, als sie eh schon sind. Aber sollte ich je in die Obdachlosigkeit geraten (ich wäre ein genauso schlechter Obdachloser wie Flüchtling...) würde ich alles mir mögliche tun, um mich halbwegs sauber zu halten. Im Sommer die Wien, die Liesing, die Alte oder Neue Donau oder irgendwelche freistehenden Duschen irgendwo... Da wärs mir auch egal, ob das halblegal oder ganz illegal ist. Verzweifelte Zeiten fordern verzweifelte Maßnahmen.

Neulich also am Hauptbahnhof. Ich war jetzt das erste Mal im Gebäude seit des massiven Aufkommens der Flüchtlinge und was war das erste Gefühl, das in mir aufkam? Genau!

Der überwältigende Geruch aus Modrigkeit, ungewaschenen Körpern, vertrocknetem Schweiß und Pisse war selbst durch meine anhaltend verstopfte Nase mehr als deutlich zu riechen und es hat mich gereckt. Stellt diesen Menschen Duschen hin, Herrgott! Aber vielleicht ist es vielen auch mittlerweile egal geworden wie sie riechen und aussehen. Den verhüllten Frauen würde es wahrscheinlich von den Männern verboten werden, sich in der Öffentlichkeit zu säubern, weil Religion und so. Ja, richtig gelesen: Frauen. Und Kinder. Mehr als genug. Nicht nur junge Männer, wie gern von einschlägigen Seiten berichtet wird.

Der Müll. Überall! Ich kann mir nur vorstellen, dass die Abfallbeseitigung für die Leute ein noch vernachlässigbareres Problem ist als die Aufrechterhaltung der Körperpflege. Vielleicht liegt es auch an einer allgemeinen aus dem Ursprungsland mitgebrachten Einstellung. Ich war erst einmal vor vielen Jahren in einem arabischen Land, dort lag der Müll auch einfach auf der Straße, weil es niemanden gekümmert hat. Umweltschutz und moderne Müllbeseitigung ist dort (noch) nicht so großgeschrieben. Ich kann den Grund nicht sagen. Fakt ist, dass der recht neue Hauptbahnhof ausschaut wie nach einem Bombenangriff mit Plünderung. Einfach nur ungut.

So sitzen oder liegen dort überschlagsmäßig 200 - 300 Personen in ihrem Dreck und haben keinen Tau, was mit ihnen passieren wird. Denn Lösungen gibt es ja immer noch keine. Ich wär am liebsten schreiend rausgelaufen und hätt mich daheim mit Desinfektionsmittel gebadet. Einerseits meine Hochachtung, andererseits meine Abscheu vor den Leuten, die den Flüchtlingen bereitwillig helfen und keine Berührungsängste (im wahrsten Sinn des Wortes) haben. Ich wollte es nicht, weil mich ihre Schicksale nicht persönlich berühren, wie schon mal geschrieben und könnte es ob dieser Zustände auch nicht. Und das Allerschlimmste daran ist, dass das ja nur die Speerspitze ist. Mir graut bei dem Gedanken daran, wie es an Orten sein muss, wo wirklich zig Tausende Flüchtlinge zusammen sind.

Das einzig Gute daran ist, dass die präpotenten Securities jetzt wohl nicht mehr herumstolzieren wie die Gockel und jeden der "herumlungert", des Bahnhofs verweisen wollen.

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Spinnchen

Spinnchen bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:17:14

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