Mythen über das Erlernen des Klavierspiels

Mein Hobby ist das Klavierspiel. Ich betreibe es seit meinem fünften Lebensjahr und habe es auch in der Zeit nicht aufgegeben, als mir die Mädels wichtiger waren als Schach und Go. Ich habe mir ausgerechnet, das ich so ca. 30.000 Stunden in meinem Leben Klavier gespielt habe. Also ist es leicht für mich zu sagen, dass es ein Quelle der Freude und Lust ist. Ich werde mich auch in meiner Pension nicht langweilen. (Ich spiele übrigens sehr gerne Kammermusik und habe das einige Jahre mit großer Begeisterung machen können, bis mir ein Violinist aus Krankheitsgründen ausfiel.)

Jetzt gibt es eine Leute, die spät anfangen. In dieser Disziplin gilt ein Alter von 17 als spät. Und doch kenne ich einen fantastischen Pianisten, der tatsächlich erst in dem Alter angefangen hat. Wie sieht das aber nun bei älteren Menschen aus? 30, 40, 50, 60?

Ich habe einen interessanten Beitrag von Howard Richman gefunden. (Er ist auf englisch und hier verlinkt)

Mythen über das Klavierspiel

Ich stelle hier nur eine Übersetzung der Mythen herein und kann sagen, dassjede Aussage FALSCH ist. (Ich kann der Beurteilung beipflichten - aus Erfahrung und aus Beobachtung.)

1) Mein Lehrer wird mich ablehnen, wenn ich eine Menge Fehler mache.

2) Ich muss klassische Musik lernen, bevor ich Pop oder Jazz spielen kann.

3) Kinder lernen schneller als Erwachsene. Das klingt doch vernünftig. Ich kann hier aber auf das Buch von Geoff Colvin "Talent is overrated" hinweisen. Ein Erwachsener sollte vernünftiges Üben rein verstandesmäßig leichter bewerkstelligen.

4) Weil ich nicht schon als Kind zu spielen begonnen habe, werde ich nie richtig gut spielen können.

5) Ich sollte doch viel schneller besser werden.Der eigentliche Mythos betrifft die Erwartungshaltung.

6) Ich sollte zuerst Fingerübungen machen, bevor ich richtige Musik spiele.

7) Ich muss jeden Tag üben.

8) Lange Übungszeiten sind am Besten.

9) Wenn ich das Üben einige Zeit ausfallen lasse, muss ich extra Anstrengungen unternehmen um wieder aufzuholen.

10) Fingersatz ist nur etwas für Anfänger.

11) Ich sollte nichts in meine Noten schreiben.

12) Ich sollte nicht auf meine Hände schauen, wenn ich spiele.

13) Ich muss beim Notenlesen immer vorausschauen.

14) Kinder zum Klavierspielen zu zwingen, ist nur zu ihrem Besten. Später werden sie es zu schätzen wissen.

15) Wenn ich mit beiden Händen gleichzeitig spielen kann, muss ich nicht mehr jede Hand einzeln üben.

16) Wenn etwas zu leicht fällt, mache ich offensichtlich etwas falsch.

17) Das Üben sollte mir doch Freude machen.

18) Ich kann nie ein großer Pianist werden, weil ich keine langen, schlanken Finger habe.

19) Improvisieren kann ich erst später, wenn ich Musiktheorie beherrsche.

Es gibt noch ungefähr zehn weitere Mythen, die alle voraussetzen, dass man vom Klavierspiel bereits etwas Ahnung hat. Ich bin zu faul, die hier jetzt noch anzuführen.

Ich habe diejenigen Mythen hervorgehoben, die mir für Erwachsene besonders abschreckend wirken.

Der Nummer 17 halte ich persönlich für richtig, selbst wenn die ursprüngliche Widerlegung ihre Gültigkeit hat. Wenn ich übe, ziehe ich das Vergnügen daraus, dass eine bestimmte Stelle immer besser wird. Dafür nehme ich dann schon ein, zwei Stunden Langweiligkeit in Kauf. Ich habe aber festgestellt, dass mit richtigem Üben, gar nicht so viel Aufwand notwendig ist

Die Nummer 7 hat einige Ausnahmen. Einmal hat mein Vater zu mir gesagt: wenn Du Chopin spielen möchtest, musst Du jeden Tag Chopin spielen. Das stimmt nach meiner Erfahrung. Arthur Rubinstein hat laut eigener Aussage jeden Tag zum Aufwärmen die Sexten-Etude gespielt. Die dauert ungefähr 2 Minuten, danach ist die Hand geschmeidig und chopinisiert:)

Vielleicht haben meine LeserInnen die eine oder andere Meinung bis jetzt auch geglaubt und es war ein Hindernis für sie, überhaupt erst einmal anzufangen. Es wäre nett, wenn wenigstens eine Person aufgrund der Mythenzertrümmerung einen neuen Anfang wagte.

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