Knapp zwei Wochen sind die Ereignisse am Kölner Hauptbahnhof jetzt her. Zwei Wochen, in denen man beobachten durfte, wie auf allen Seiten die Masken fielen. Nun konnte es niemanden wirklich überraschen, dass auch auf Seiten der Flüchtlinge Kriminelle sein würden. Es sind Menschen zu uns gekommen, nicht Heilige. Und gerade weil der Mensch nicht sonderlich friedlich ist, ist in unseren Breitengraden der Rechtsstaat entstanden, der die Rechte des Einzelnen regelt. Genauso wenig überrascht es aber wohl, die vermeintlichen „Verteidiger“ von Kultur und Abendland als Spiegelbild der Ideologie zu erleben, die sie zu bekämpfen vorgeben.

Am 05.01.2016 veröffentlichte ich den Beitrag „Übergriffe in Köln“ und entschloss mich, nachdem bereits diverse Posts zum Aufruf zur Gewalt gegen meine Person von der FischundFleisch-Redaktion gelöscht worden waren, einige der Beiträge zu dokumentieren.

Entstanden ist heute eine Dokumentation des Hasses, die nicht zu rechtfertigen ist mit „Sorge um Frauen“, mit „Sorge um Sicherheit“ oder „Liebe zum Vaterland“.

Sie ist repräsentativ für das, was dieses Land tatsächlich bedroht:

Verrohung, Gewalt, radikale Ideologie, Abwendung von rechtsstaatlichen Prinzipien und demokratischen Ideen, Verlust an Respekt vor Meinungsfreiheit und vor Menschenleben.

Es ist eine Bedrohung von innen, nicht von außen.

Reaktionen auf meinen Blogbeitrag „Übergriffe in Köln“:

Reaktionen auf deeskalierende und sachliche Beiträge zum Thema von Freunden und Bekannten, alle von ihnen bemüht, dem Hass Vernunft entgegenzusetzen:

Besonders ins Kreuzfeuer geriet die wunderbare Anja Reschke, Journalistin, Publizistin und Moderatorin, die wiederholt gegen Hetze positionierte, aber auch andere Journalisten und selbstverständlich auch Politiker:

Nicht nur an den Kommentaren zu Frau Reschke lässt sich klar ablesen, dass das Thema „Gewalt gegen Frauen“ nur Vorwand ist, um Hass eine Berechtigung zu geben. Immer und überall waren frauenfeindliche Kommentare zu finden. So gehörten „Hure“, „Schlampe“, Aufrufe zu Vergewaltigung und Zwangsprostitution und das schöne Synonym für ein weibliches Geschlechtsorgan zur üblichen Abwertung des Gegenübers:

Seit Wochen heißt es von Seiten derjenigen, die „Gutmensch“ für eine Beschimpfung halten, es solle nur verhindert werden, dass mit dem Islam die Gewalt Einzug halten könnte in Deutschland wie auch in Österreich. Vermutlich deshalb die Masse an Aufrufen zum „Hängen“, „Köpfen“, „Erschießen“, „Entsorgen“:

Und zuletzt: Wo in diesem Land Hass ist, Hass gegen „die Anderen“, diejenigen, die vermeintlich nicht hierher gehören, da ist auch der Antisemitismus nicht fern. Wenn schon wieder „deportiert“ wird, dann richtig:

Was in all den Kommentaren, und dies ist nur ein winziger Ausschnitt, deutlich wird:

Gewalt, Hass, Menschenfeindlichkeit müssen nicht importiert werden. Sie sind ein Teil unserer Kultur wie jeder anderen Kultur. Uns ist es nur in den letzten Jahrzehnten, nicht zuletzt auch wegen unseres wachsenden Wohlstandes und der Erfahrungen aus Krieg und Elend gelungen, einen Rechtsstaat zu implementieren, der vielleicht seine Defizite hat, aber der dann eben doch das Gegenteil ist von Lynchjustiz, Sippenhaft, Kollektivschuld, dem permanenten Ruf nach Todesstrafe. Es ist dieser Rechtsstaat, der wirklichen Schutzes bedarf. Dass andere teilhaben wollen an Wohlstand, Frieden, Rechtsstaat ist ebenso menschlich und natürlich. Meine Generation hat wenig getan für den Frieden, hat ihn in die Wiege gelegt bekommen. Ein Geschenk. Keine Leistung.

Dass Straftäter belangt gehören, stellt niemand in Abrede. Dies gilt für jeden in diesem Land, der einen Gesetzesbruch begeht.

Rufen Sie nach Bestrafung im Rahmen gesetzlicher Vorgaben, ist das Ihr gutes Recht. Rufen Sie jedoch nach Mord, Todesstrafe, Strang, Lynchmob, so sind Sie es, der den Frieden in diesem Land gefährdet, Kultur und Werte mit Füßen tritt.

Wo in dieser Form Hass grassiert, braucht es keine Terroristen.

Ein Land, das sich derart von innen heraus von jeder zivilisatorischen Errungenschaft abwendet, hat den Kampf gegen den Terror längst verloren.

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Zur Ehrenrettung und Ergänzung sei gesagt: In den letzten Wochen sind mir auch ganz wunderbare Menschen und Kommentare begegnet. Der Chor derjenigen, die an Vernunft und Sachlichkeit appellieren ist übersichtlich, aber hörbar.

Und ich möchte an dieser Stelle jedem einzelnen "Danke" sagen, der sich nicht von Angst und Hass hat mitreißen lassen.

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