Ist der Neoliberalismus wirklich an allem Schuld?

Vorab zu den simplen Fakten:

1.) Von 1953 bis 2014 hat sich der Lohnanteil der untersten Quintile der Lohnabhängigen (nach 20% gestaffelte Lohnklasse) um ca. 68% verschlechtert, während sich die der obersten Quintile um ca. 27% verbesserte.

Übrigens die Verschlechterung der untersten Quintile hatte nur während der Klaus und der Norfred Stegowatz Ära einen kurzzeitig gegenteiligen Trend. Was verblüfft. Gelten doch ausgerechnet diese beiden Phasen als die schwächsten Regierungen in der 2.Republik.

2.) ca. 30% aller Haushalte sind schon jetzt Nettoschuldner d.h. sogar vernünftiges Wirtschaften vorausgesetzt, können die ohne Wohlfahrt nicht überleben

3.) die Einkommens- bzw. Lohnsteuer ist NICHT der wichtigste Steuerposten, dieser wird sogar in Richtung Minderverdienender sukkzessive bedeutungsloser (aka Kalte Progression).

die mit weitem Abstand wichtigsten Einnahmequellen des Staates sind die Sozialabgaben für Arbeitgeber und Arbeitnehmer und, was auf den ersten Blick verwundert, im Nachhinein aber banal ist, die Indirekten Steuern (meist MWST und MÖST).

Anzumerken ist, dass bei der steuerlichen Belastung das Bruttogesamteinkommen (also inkl. staatl. Unterstützung) berücksichtigt ist!

In der ärmsten Dezile verteilt sich das Steueraufkommen:

Sozialabgaben Arbeitnehmer ca. 8%

Sozialabgaben Arbeitgeber ca. 14%

Indirekte Steuern ca. 15%

Lohnsteuer ca. 1%

Steuern für Selbstständigeneinkommen ca. 1.5%

Steuern aus Kapitalerträgen und Mieten 0,1%

in der zweithöchsten Dezile:

Sozialabgaben Arbeitnehmer ca. 11%

Sozialabgaben Arbeitgeber ca. 16%

Indirekte Steuern ca. 7%

Lohnsteuer ca. 12%

Steuern für Selbstständigeneinkommen ca 2%

Steuern aus Kapitalerträgen und Mieten 0,6%

in der höchsten Dezile, die vom Trend tatsächlich abweicht:

Sozialabgaben Arbeitnehmer ca. 7%

Sozialabgaben Arbeitgeber ca. 11%

Indirekte Steuern ca. 6%

Lohnsteuer ca. 13%

Steuern für Selbstständigeneinkommen ca. 5%

Steuern aus Kapitalerträgen und Mieten 4%!!

Conclusio: also eine Lohnsteuersenkung bringt den Ärmsten wirklich fast nichts. Sie effektiv steuerlich vor der Armutsfalle zu schützen, hieße sie großteils von den Indirekten Steuern und von den Sozialabgaben zu befreien - ironischer Weise ihnen sogar klassische Manchesterkapitalismus-Praktiken zuzugestehen. Die daraus folgenden Finanzlücken allerdings dann von den oberen Einkommensklassen kompensiert werden müßten - diese also noch mehr steuerlich so zu belasten, dass die reichsten die ärmsten (also mindestens 30% der österr. Haushalte) faktisch durchfütterten. Die Reichen faktisch lohngepfändet würden.

Hollande in F hatte ähnliches probiert. Das Ergebnis kennen wir.

In Österreich meines Wissens nach ist auch in den Phasen des klass. Austrokeynesianismus (Kreiksy Ära) nie jemand solch eine Reform angegangen.

Die einzig wirkliche neoliberale Idee von schwarz / blau wäre jetzt, durch Steuererleichterungen v.a. in der Lohnsteuer Investitionen im Sinne der Laffer-Kurve zu fördern. Arthur Laffer dachte sich, dass es einen optimalen Steuersatz gäbe, bei dem Produzenten gerade noch motiviert seien zu produzieren d.h. bei einem zu hohen Steuersatz wäre der Gewinn zu gering, um weiterzuproduzieren, bei einem zu niedrigen würde das Steuervolumen nicht ausgeschöpft. Nur diesen Punkt zu finden, ist sehr abstrakt.

http://www.verteilung.at/#/steuern-abgaben

https://de.wikipedia.org/wiki/Laffer-Kurve

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Tourix

Tourix bewertete diesen Eintrag 21.12.2017 22:55:49

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