Wie fast immer, so bedeutet auch jetzt "Bayreuth" so viel wie "Wagner". Und "Wagner" bedeutet hier (das ist dann eher selten) so viel wie "Hausmeister".

Unserer Zeit sagt man gerne nach, sie sei schnellebig und oberflächlich. Nichts hätte lange Bestand, alles was entstünde wäre es nicht nur wert, daß es zugrunde gehe, es gehe auch tatsächlich ziemlich schnell zugrunde.

An einem Sonntag vor einigen Jahren bin ich beim Abspülen zufällig in eine Sendung des Deutschlandfunks zur Eröffnung der damaligen Bayreuther Festspiele geraten, interviewt wurde gerade der Hausmeister des Festspielhauses. Anschließend erfuhr ich, Norbert Kessler sei erst der fünfte Hausmeister auf dem Grünen Hügel seit den ersten Festspielen im August 1876.

Ich war verblüfft, rechnete nach und kam auf eine durchschnittliche Amtsdauer von 27 Jahren.

Gut, wirst du sagen, die Queen ist schon viel länger im Amt, was soll man sich also über einen Hausmeister aufregen. Schon, antworte ich, aber eine Queen braucht heutzutage keine sonderliche Ausbildung mehr, die Rede zur Parlamentseröffnung kann sie auch in einem Alter weit jenseits der Pensionsgrenze vom Blatt abnudeln: "Hört mal, Leute, die May, wo jetzt neue Premiermiinisterin ist, hat mir aufgeschrieben, was ich euch jetzt vorlesen soll (Setzt die Lesebrille auf)."

Was ich sagen will: Jeder Narr kann heutzutage Queen werden. Hausmeister in Bayreuth aber wird man nicht - denke ich mir jedenfalls - indem man auf eine Stellenanzeige antwortet. Bevor dort einer verantwortlicher Hausmeister wird muß er - und sei er auch bereits fortgeschrittenen Alters mit abgeschlossener Berufsausbildung und entsprechender Erfahrung - jahrelang als Lehrling mit dem amtierenden Hausmeister mitgeschlappt sein, muß sich von ihm in die Geheimnisse aller Winkel und Ecken einweihen lassen. Wenn im Festspielhaus der Hausmeister ein Brett abschraubt, weil es ihm unsinnig und hinderlich erscheint, dann wundert sich hinterher Joachim Kaiser, wieso dieses Jahr das Orchester so merkwürdig saftlos klingt (der Beckenbauer wundert sich nicht, der hört so was nicht).

Fällt ein Dirigent oder Sänger kurzfristig für die Festspiele aus, dann ist das zwar ungemein lästig für die Intendanz, aber man findet immer eine Lösung. Wagnersänger und -dirigenten gibt es zwar nicht grad zum Schweinefüttern, aber es gibt hinreichend viele, die auch in die tiefsten Geheimnisse Wagnerschen Wirkens eingeweiht sind und damit die entstandene Lücke ausfüllen können, notfalls muß man sie halt aus Japan oder München einfliegen lassen.

Jetzt finde aber mal einen Ersatz, wenn der Hausmeister kurz vor oder gar während der Festspiele ausfällt, weil ihn die Sommergrippe erwischt hat...

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sisterect

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Spinnchen

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