MARS HABITAT: Würdest Du zum Mars fliegen, und für wie lange?

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Thomas Herzig

„I am planning a human Mission on the Mars by 2023“ erklärte Bas Lansdorp, der holländische Unternehmer und Gründer von MARS ONE bei einer Konferenz im Jahr 2012.

Das Unternehmen plante mit einem Budget von nur 6 MiIliarden USD die gesamte Mars Mission durchführen zu können, während z.B. die bemannte Apollo Mission zum Mond im Jahr 1969 damals 23,9 Milliarden USD kostete ( bzw. ca. 150 Milliarden nach heutigen Maßstäben inflationsbereinigt)

MARS ONE hatte keine eigene Raumfahrttechnik. Man wollte das alles von anderen Unternehmen zukaufen. Die große Kostenreduktion erklärte Lansdorp mit einem einfachen Trick: Er wollte den teuren Rückflug einsparen. Die Crew sollte, nachdem sie hoffentlich sicher gelandet ist, einfach für immer auf dem Mars bleiben.

Trotz der unzureichenden technischen Vorbereitung und der Gewissheit für immer, tot oder lebendig, am Mars verbleiben zu müssen, bewarben sich innerhalb weniger Monate über 200.000 Freiwillige in einem Crew-Casting für ein One-Way Ticket zum Mars. Die Investition sollte finanziell rentabel sein indem das (Über)leben der Crew als eine Art Reality TV Show im Fernsehen übertragen wird. Seit Anfang 2019 ist MARS ONE in Konkurs.

Es gibt aber auch eine Menge anderer, deutlich seriöserer Projekte für eine bemannte Mars Mission.

Bereits 1948 entwickelte Wernher von Braun ein gut durchdachtes Konzept für einen bemannten Marsflug mit Rückkehr. Jener gefeierte Wernher von Braun, der nicht nur der Architekt der erfolgreichen Apollo Mondlandung war, sondern zuvor bereits zuvor für Adolf Hitler die V2 Rakete konstruiert hatte ( V2= „Vergeltungswaffe2“).

Präsident George Bush Senior stellte 1992 neue Pläne zu einer bemannten Marsmission vor und beauftragte die NASA, den Kostenrahmen zu kalkulieren. Angesichts der projektierten Kosten von 400 Milliarden US-Dollar wurde der Ansatz aber wieder verworfen.

Zur selben Zeit entwickelte der damalige NASA Mitarbeiter Robert Zubrin seinen Missionsplan „Mars Direct“, der mit nur 50 Millarden USD durchzuführen sein sollte.

Zubrin verzichtete auf die aufwändige Zwischenstation am Mond, die in der offiziellen teuren NASA -Studie vorgesehen war. Stattdessen sollte die dafür vorgesehene Saturn 5 Rakete im Erd-Orbit nochmals aufgetankt werden. Die große Einsparung sollte allerdings dadurch erfolgen, dass der Treibstoff für den Rückflug nicht mitgeführt werden braucht. Dieser sollte erst am Mars erzeugt werden mittels einer chemischen sogenannten Sabatier Reaktion.Dabei werden Wasser und CO2 (die am Mars vorhanden sind) in Methangas und O2 umgewandelt. Die elektrische Energie dafür muss aus Photovoltaik Kollektoren oder einem mitgebrachten Nuklearreaktor kommen. Die Anlage dafür sollte bereits 2 Jahre vor dem Eintreffen der Crew in einem unbemannten Flug zum Mars gebracht und automatisch in Betrieb genommen werden.

Doch auch diese Idee wurde vom US-Senat nicht genehmigt. Es schien als sei die bemannte Raumfahrt endgültig auf Eis gelegt, zu teuer und ohne Aussicht auf Rentabilität. Und gibt es nicht dringendere Probleme hier auf der Erde zu lösen?

Doch neuerdings, seit einigen Jahren, bringen finanzstarke Privatunternehmen wieder Bewegung in die Sache. Allen voran Elon Musk, der Gründer von Paypal und Tesla Motors, mit seinem Unternehmen SpaceX.

SpaceX übernimmt in weiten Teilen Robert Zubrins Konzept. Die weitere wesentliche Kosteneinsparung besteht allerdings darin, dass alle Raketenteile wiederverwendbar sind.

Der Großteil des Startgewichts einer Rakete besteht aus dem mitzuführenden Treibstoff. Damit eine Rakete überhaupt das Gravitationsfeld der Erde verlassen kann, muss sie deshalb mehrstufig konstruiert sein. Sobald ein gewisser Teil des Treibstoffs verbraucht ist, wird der dazugehörige Tank mitsamt Triebwerken abgesprengt, damit dieses Gewicht nicht unnötig mitgeschleppt werden braucht. Bisher bleiben diese Raketenteile als Welttaumschrott im All zurück oder verglühen bei Wiedereintritt in die Erdatmosphäre.

SpaceX holt die alten abgetrennten Raketenstufen und Booster-Triebwerke wieder wohlbehalten auf die Erde zurück. Bei deren Landung werden die Raketentriebwerke zum Abbremsen der Fallgeschwindigkeit eingesetzt. Dank moderner Computertechnik können die Triebwerke den Sinkflug der Raketenteile punktgenau lenken und den Rückstoss auch so steuern, dass die langen hohen Hilfsraketen wieder genau in vertikaler Position am Landeplatz aufsetzen.SpaceX hatte hierfür die Falcon9 Rakete entwickelt und letztes Jahr einen erfolgreichen Probestart Durchgeführt.

Nun am 9.April 2019 wird ein neuer Start erfolgen, der erstmals kommerzielle Nutzlast, nämlich einen Gemeinschaftssatelliten für mehrere arabische Staaten in den geostationären Orbit bringt.

Für eine Mars Mission ist die Falcon9 aber zu klein. Daher entwickelt SpaceX gerade die BFR, „Big Falcon Rocket“

Die NASA entwickelt zusammen mit Lockeed und der russischen RKK Energija ebenfalls ein großes Trägerraketensystem namens ILS (international launch system)

Damit wird erstmals seit halben Jahrhundert wieder in mühevoller Arbeit die Größe der Saturn 5 Raketen erreicht, bzw. im Durchmesser sogar leicht übertroffen.

Da der Mars fast doppelt solange für einen kompletten Umlauf um die Sonne braucht wie die Erde, gibt es nur alle zwei Jahre ein Zeitfenster wo diese beiden Planeten für eine Reise nahe genug beisammen sind.Doch selbst dann dauert die Reise mit aktueller Technologie ca. 6-7 Monate.Daher muss Crew zumindest 2 Jahre am Mars bleiben bis wieder ein Rückflug möglich ist.

Es gäbe noch unendlich viel über den Raumflug zu schreiben, aber ich möchte mich hier auf mein Fachgebiet, die Behausungen für den Aufenthalt am Mars und mein Projekt dazu, beschränken. Der Mars wartet hierzu mit folgenden Bedingungen auf:

Mars:  Durchmesser 6.780 km, — Erde:12.742 km       

Neigung der Rotationachse: 25,19° —- Erde: 23,44°

Umlaufbahn (Jahresdauer): 687 Tage —- Erde: 365,26 Tage

Sonneneinstrahlung im Marsorbit: 590W/m2 — Erdorbit: 1.370W/m2

Gravitation: 0,38g —- Erde:1,00g

Temperatur am Äquator: -85°c bis +20°c,

Durchschnittstemperatur am Mars: -55°c —- Erde: +15°

Atmosphäre: Luftdruck 6 mbar   —- Erde (Seehöhe): 1008mbar

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/conditionsmars.html

Wasser wurde bisher nur in gefrorenem Zustand auf den Polen gesichtet und es wird in geringer Konzentation tief im Boden vermutet. Flüssiges Wasser kann an der Oberfläche nicht existieren, weil es entweder zu kalt ist, oder aufgrund des nahe am Vakuum liegenden Atmosphärendrucks bereits ab +3°c verdampft.

Die extrem dünne Atmosphäre besteht großteils aus CO2, was immerhin die Möglichkeit schafft daraus Sauerstoff für die Crew zu gewinnen

Anders als die Erde hat der Mars weder eine dichte Atmosphäre noch ein Magnetfeld. Daher dringen kosmische Strahlung und Meteoriten nahezu ungehindert bis an die Marsoberfläche. Selbst sandkorngroße Meteoriten können aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit die Einschlagkraft einer Gewehrkugel haben.

Ein Marstag ist mit 24:37h fast gleich lang wie ein Erdentag. Wenigstens in diesem Punkt brauchen sich zukünftige Marsbewohner nicht neu anpassen.

Ein Mars Habitat muss daher folgende Anforderungen erfüllen:

1; Es muss mit mehrere Meter dicken massiven Decken und Wänden vor Strahlung, Meteoriten und Kälte schützen.

2; Es muss einem künstlichen Innendruck standhalten, der mit 5000 -10.000 kg/m2 von Innen auf die Gebäudehülle drückt

3; Es muss Gewächshäuser beinhalten für die autarke Produktion von Nahrung und von Sauerstoff zum atmen über Photosynthese.

4; Die Transportmasse im Raumschiff muss so niedrig wie möglich sein.

Die NASA hat seit 2015 einen mehrstufigen Wettbewerb für ein Marshabitat ausgeschrieben, bei dem leider nur US-amerikanische Teams zugelassen sind und für dessen Projekte 3D-Drucktechologie vorgegeben ist.

Die prämierten Projekte gehen daher davon aus, dass Roboter vor dem Eintreffen der ersten Crew Regolith (Sand und kleine Steine) auf dem Mars einsammeln und diesen einschmelzen um im 3D-Druck Verfahren daraus tragende Wände und Decken drucken.

Eines der Teams plant mit Wasser Wände aus Eis zu drucken. Die Eisschicht soll bis zu 3 Meter dick sein und so vor kosmischer Strahlung abschirmen, aber dennoch sichtbares Licht durchlassen.

Ich habe in Zusammenarbeit mit einem ungarischen Astrophysiker in bisher 9 Monatiger Arbeit allerdings ebenfalls einen Entwurf für ein Marshabitat erstellt, der einen anderen Weg beschreitet und, meiner Meinung nach, deutlich besser funktioniert.

Hier der Link dazu: www.marshabitat.space

Ich gehe, anders als die beim NASA Designwettbeweb prämierten Projekte,  nicht von 3D-Druckwänden aus. 3D-Druck braucht viel Energie(die am Mars ein sehr knappes gut ist) und ist aus meiner Sicht auch gar nicht nötig. Der für atembare Luft erforderliche Innendruck ist im Verhältnis zum Atmosphärendruck am Mars so hoch, dass eine aufblasbare Membran alleine dadurch stabil genug ist um eine mehrere Meter dicke lose Beschüttung mit Mars Regolith zu tragen, die vor Strahlung, Kälte  und Meteoriten schützt.

Das Besondere und Neue (ich habe es für ein Patent eingereicht) ist ein System von Spiegelfolien: Am Marsäquator fallt die Sonnenstrahlung vertikal ein. Die Regolithbeschüttung der Decke des Habitats schirmt diese Strahlung sowie kosmische Strahlung ab. Die Seitenwände der aufgeblasenen Gebäudehülle sind hingegen nicht beschüttet und transparent. Parallel dazu sind außen Spiegelfolien angebracht die das sichtbare Sonnenlicht konzentriert ins Innere lenken, während die schädliche kosmische Strahlung die Spiegelfolien durchdringt und im Marsboden darunter absorbiert wird.

thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

Damit ist genug Sonnenlicht nutzbar um das Habitat zu beheizen und um ein Gewächshaus für die Produktion von Sauerstoff und Nahrung einzurichten.

Das ganze ist modular und damit zu jeder beliebigen Größe erweiterbar

thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marshabitat.html

Für mich ist es eine faszinierende Aufgabe für einen so lebensfeindlichen Planeten ein Habitat zu konzipieren, in welchem Menschen nicht bloß eine Weile überleben können, sondern wo ein autarker Mikrokosmos geschaffen wird, wo Menschen , Pflanzen, Pilze, und Kleinsttiere nachhaltig in Symbiose leben können, wie auf der Erde.

Viele mögen sich jedoch fragen, wozu der Aufwand? Haben wir nicht auf der Erde dringendere Probleme zu lösen?

Es ist natürlich richtig, dass es dringlichere Probleme gibt. Aber sollen wir deshalb aufhören nach den Sterne zu greifen, so wie es Vertreter des Homo Sapiens seit Anbeginn der Menschheit immer getan hatten? Mit dem gleichen Argument könnte ich sagen, dass auch für Kunst, Literatur, Musik und Sport kein Geld und keine Arbeit mehr investiert werden sollten, solange Millionen Menschen in der 3. Welt Hunger leiden. Was könnte denn dringender sein als Menschen vor dem Hungertod zu retten? Also müsste demnach doch jedem Hungernden auf dieser Welt geholfen werden, bevor auch nur ein Cent Steuergeld in eine Universität, ein Museum oder in die Staatsoper investiert wird .

Muss wissenschaftliche Forschung immer dadurch gerechtfertigt werden, dass deren Ergebnis einen konkreten Nutzen hat?

Ebenso wie die Kunst braucht auch die Wissenschaft die Freiheit ohne Zweckgebundenheit frei forschen zu können und offen für alle Ergebnisse zu sein.

Das Nachdenken und freie kreative Experimentieren mit Dingen, die zunächst vielleicht nutzlos erscheinen, führt oft überraschenderweise zu neuen bisher ungeahnten Ergebnissen und Erfindungen, die im Alltag großen Nutzen haben. Die Zahl der technischen Entwicklungen, die aus der Raumfahrt hervorgingen und sich heute im Alltag als nützlich erweisen, sind zahlreich.

Auch in meinem Fall hat mich die Arbeit am Marshabitat auf ein aufblasbares Gewächshaus für die Sahara gebracht, welches zur Lösung der Ernährungsfrage in dieser Region Wesentliches beitragen könnte.

Siehe link:http://www.marshabitat.space/earthapplications.html

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/earthapplications.html

Wenn wir es auf dem Mars schaffen, eine hohe Zivilisation aufrecht zu erhalten, die ohne Verbrennung fossiler Brennstoffe mit der Hälfte der Sonnenenergie, die auf die Erde einstrahlt, auskommt und sämtliche Abfälle recycelt . Dann schaffen wir dies auf der Erde umso leichter.

Wenn wir eine Station am Mars errichten, lernen wir nicht nur über den Mars sondern im Vergleich auch über unseren eigenen Planeten. Wir lernen mehr darüber wie Leben entstehen, bestehen und sich weiterentwickeln kann. Und wie lernen im Speziellen über unsere eigene Spezies, indem wir beobachten, wie Menschen mit geringer Schwerkraft und weiteren andersartigen Bedingungen am Mars zurecht kommen. Wir werden erfahren wie Menschen miteinander kooperieren und sich sozial strukturieren, wenn sie unter äußerst schwierigen Lebensbedingungen eine völlig neue Gemeinschaft gründen, in der keine Gesetze und Regeln irgendeines Staates von der Erde gelten.

Hätte es nie Menschen gegeben, die spielerisch über den Rahmen des unmittelbar Notwendigen hinaus denken, würden wir Menschen vermutlich heute noch in Höhlen leben und grunzend mit einer Keule herumlaufen. Wir hätten keine Schrift entwickelt, hätten die Höhlenwände nicht bemalt, nie hätte ein Mensch ein Lied gesungen, und statt mit imaginären Zahlen zu rechnen würde uns „viel“ und „wenig“ als mathematische Größe reichen. Unsere Gedanken würden sich bloß darum drehen, wie wir zu Nahrung und zu Sex kommen, und ob uns gerade ein Raubtier auflauert. Unsere Gedanken wäre nur im Hier und Jetzt.

Möglicherweise wären wir als grunzende Höhlenbewohner ohne Probleme mit Klimawandel und Plastikmüll besser dran als jetzt. Aber die Neugierde nach dem, was jenseits der täglichen Erfahrung sein mag, liegt uns im Blut. Ich glaube sogar, dass dies das Einzige ist, was den Homo Sapiens wesentlich von anderen Säugetieren unterscheidet.

Thomas Herzig http://www.marshabitat.space/marsbug.html

Deshalb halte ich den Aufwand für eine friedliche internationale Mars Mission, die zwar viel Geld kostet aber immer noch nur einen Bruchteil des Militärbudgets beansprucht, für gerechtfertigt.

Wir suchen uns diese Aufgabe nicht aus, weil sie einen hohen Gewinn für wenig Aufwand verspricht, sondern eben weil es eine besonders schwere Aufgabe ist, die nur von den besten Köpfen in einer einzigartigen gemeinsamen Anstrengung bewältigbar ist.

Links:

Marshabitat: Pneumo Planet von Thomas Herzig: http://www.marshabitat.space

NASA Marshabitat Design Competition: https://www.nasa.gov/directorates/spacetech/centennial_challenges/3DPHab/index.html

Mars ONE: https://de.wikipedia.org/wiki/Mars_One

Bemannter Marsflug: https://de.wikipedia.org/wiki/Bemannter_Marsflug

Elon Musk: https://de.wikipedia.org/wiki/Elon_Musk

SpaceX: https://www.spacex.com

Bedingungen am Mars: http://www.marshabitat.space/conditionsmars.html

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