Durch eine wilde Drogenszene. Ein weiterer Reisebericht aus dem Stadtbild

Im Auftrag des "focus" hat sich ein weiterer junger Mensch auf den Weg in eine ihm unbekannte Schreckenswelt gemacht. Die RCDS-Funktionärin Franca Bauernfeind reiste nach Hamburg-St.Georg und erlebte dort ein Wunder, bis sie blau wurde.

Eigentlich waren nur "ein paar Tage Kultur mit Musical-Besuch und Variéte-Show", eine "kurze Auszeit vom Alltag" geplant, dann aber geschah das: Sie "lief auf die Straße 'Steindamm' zu", "Ziel: der Hansaplatz" und wurde dort mit der erschreckenden Erkenntnis konfrontiert, dass eine Großstadt nicht überall so geleckt aussieht wie ein Kochrezept in der Zeitschrift "Landlust": "Was ich sah, irritierte mich zutiefst": "Menschen, die scheinbar kein Ziel hatten (...). Die meisten lungerten nur herum." Wer Musical und Variéte mit Kultur und die Bedeutung von anscheinend und scheinbar verwechselt, dem kann man wohl auch schwer vermitteln, dass es Menschen gibt, die obdachlos sind. Warum kaufen die sich eigentlich keine Wohnung? Aber weiter: "Ich sah genauer hin. Leere und gezeichnete Gesichter. (...) Ich realisierte (sic! TS), dass ich mitten in einer Drogenszene gelandet war." Zum Glück also nur in einer, nicht in der Drogenszene, über die wir noch folgende wichtige Information erfahren: "Hier wurde gedealt. Hier wurden Drogen konsumiert." Zwar fragt man sich, wie eine Drogenszene aussehen könnte, in der Drogen weder gedealt noch konsumiert werden, aber die Leiden der Frau Bauernfeind ("zweifache Buchautorin" (gemeint ist: Autorin zweier Bücher), "publizistisch tätig" ) sind noch nicht vorbei. Sie muss miterleben, "wie ein Mann (...) seine Notdurft auf dem Gehsteig verrichtete." So etwas nennt man außerhalb St. Georgs "Volksfest", hier aber haut es Frau B. beinahe um: "Ekel stieg mir ins Mark und in die Nase." Als sie dann noch einen Streit ums Flaschenpfand beobachten muss, ist es endgültig vorbei: "Endlich im Hotel, musste ich alles, was sich binnen 10 Minuten abgespielt hatte, erst einmal verarbeiten." Etwa das Entsetzen darüber, dass der Kapitalismus ein Elend hervorbringt, das manche Menschen nur noch im Rausch ertragen? Die bittere Erkenntnis, dass der gesellschaftliche Reichtum grotesk ungleich verteilt ist? Dass das Gewinnstreben der Immobilienbesitzer Menschen in die Obdachlosigkeit treibt?

Ach was: Sie stellt fest, dass "fast alle beobachteten Personen (...) augenscheinlich Migranten oder Deutsche mit Migrationshintergrund" gewesen seien. Und da kann es nur eine Konsequenz geben: "Diejenigen, die in Deutschland Straftaten begehen und keine Staatsbürger sind (...), müssen konsequent abgeschoben werden." Wohin auch immer. Wenn man die Armen außer Landes schafft, schafft man die Armut ab - so dumpf denkt es in einer konservativen jungen Frau. Weiterhin fordert sie, "die polizeilichen Kapazitäten so zu priorisieren, dass Einsatzkräfte dort sind, wo sie dringend gebraucht werden", nämlich immer in der Nähe der Frau Bauernfeind, um ihr den Anblick von Junkies zu ersparen. Denn nichts ist für höhere Töchter schwerer zu ertragen als vom Elend, dessen Entstehung zu begreifen sie sich weigern, behelligt zu werden.

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