Was ranken sich nicht für Geschichten um das Glas Wasser zum Kaffee.

Am weitesten verbreitet ist sicher die, dass es dazu dienen soll, den durch den Kaffee entstandenen Flüssigkeitsverlust wieder auszugleichen.

Was ja nicht ganz falsch ist, denn Wasser mildert wirklich die harntreibende Wirkung des Koffeins etwas ab.

Aber diese Tatsache ist erst seit dem 20. Jahrhundert bekannt und das Glas Wasser wird nachweislich schon seit dem 18. Jahrhundert zum Kaffee gereicht.

Deshalb müssen wir die Wurzeln dieses Brauches ganz woanders suchen und da ich ein wenig recherchiert habe, würde ich euch gerne auf eine kleine Reise mitnehmen: ins Wien des 18. Jahrhunderts.

Hier war der Kaffee schon sehr früh bekannt und zu dieser Zeit wurde er so richtig populär. Vor allem unter den Adeligen war er „das“ neue Modegetränk, dem man regelmäßig mit reichlich Milch und Zucker zusprach.

Doch gab es dabei das kleine Problem, dass man nicht wusste, wohin man nach dem Umrühren den Löffel legen sollte.

Denn in der feinen Wiener Gesellschaft galt es als gleichermaßen unfein, den Löffel nach der Benutzung abzuschlecken wie auch, ihn einfach auf die Untertasse zu legen.

So kamen findige Kaffeehausbesitzer bald auf die Idee, ein Glas Wasser zu servieren, in das man nach dem Gebrauch den Löffel stellen konnte.

Blöd war nur, dass das Wiener Wasser so verunreinigt war, dass man es lieber vor den Gästen versteckte.

Von den einfachen Leuten wurde es zwar trotzdem verwendet, aber dem Adel, auf dessen Geld man angewiesen war, wollte man diesen Anblick ersparen.

So wurde es bald zum ungeschriebenen Gesetz, dass die Wiener Kaffeehäuser nur noch Wasser anbieten durften, das bereits vor dem Kochen kristallklar rein war.

Und da man der Konkurrenz in nichts nachstehen wollte, war man auch bereit, in eine gemeinsame Wasseraufbereitung zu investieren.

Was natürlich auch den netten Nebeneffekt hatte, dass Wien zu einer der ersten Städte des alten Kontinents zählte, die sauberes Trinkwasser hatte.

Die Idee, zum Kaffee ein Glas Wasser zu reichen, wurde natürlich von der Wiener Bevölkerung begeistert aufgenommen, und auch international wurden immer mehr Menschen darauf aufmerksam.

Das erste Mal geschah dies zur Zeit des Wiener Kongresses, und als schließlich während der österreichischen Weltausstellung 1873 halb Europa zu Besuch in Wien war, setzte sich diese Idee auch in anderen Ländern durch.

Weshalb es heute fast überall in Europa Brauch ist, ein Glas Wasser zum Kaffee zu servieren.

Viel später, als dann immer mehr Gäste begannen, dieses Wasser auch zu trinken, bekam es noch eine andere Bedeutung.

Denn sobald das Glas leer war, eilte ein Kellner herbei und füllte es wieder auf. Was natürlich die ideale Gelegenheit war, eine weitere Bestellung aufzugeben, ohne extra nach dem Ober zu rufen.

Eine Gewohnheit, die heute leider viel zu selten beachtet wird.

.....

Das ist ein kleiner Auszug aus meinem Buch Kulturgeschichten des Kaffees. Mehr Informationen gibt es, wenn ihr auf den Link klickt!

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