Meine Lieblingsserie. Oder: das Waschbär-Ritual

Fernsehen ist für mich immer noch ein soziales Medium, auch wenn es sich mittlerweile weitgehend aufs „DVD-Schauen" beschränkt. Während mich klassisches TV nach Jahren ohne Fernsehgerät unendlich fadisiert – ich bin wirklich durch und durch entwöhnt – habe ich die beste Art fernzusehen gerade erst entdeckt: gemeinsam mit meinen Kindern.

Seit meine Tochter vor bald einem Jahr an einem verregneten Freitagnachmittag plötzlich die unscheinbare DVD-Box mit dem Zeichentrick-Waschbären drauf aus der Libro-Wühlkiste gegriffen und gefragt hat, ob wir uns die nicht mitnehmen könnten, gehört das putzige Tier gewissermaßen zur Familie. Eine, vielleicht zwei Folgen die Woche – das ist längst ein Ritual geworden, das keiner von uns missen möchte. Das Gemeinsame ist dabei natürlich ebenso wichtig wie das anschließende Darüberreden. Nichtsdestotrotz ist die Serie großartig und „Rascal, der Waschbär" zwar uralt, in unseren Breiten aber eher eine Entdeckung.

Im deutschen Fernsehen wurden die 1977 vom legendären japanischen Studio Nippon Animation („Heidi";) gedrehten Folgen rund um den elfjährigen Robbie und seinen zahmen Waschbären Rascal wohl gezeigt. Ins ORF-Programm haben sie es aber nicht geschafft. Und dass die Television damals hierzulande auf FS1 und FS2 beschränkt war, können sich meine Kinder heute vermutlich schwerer vorstellen als das Leben im mittleren Westen der USA anno 1914. Genau dort und damals ist die Serie nämlich angesiedelt und erzählt – eher untypisch für Kinderserien – chronologisch von den Abenteuern des Buben und dem Größerwerden des zahmen Wildtieres. Der Waschbär „Rascal" ist dabei freilich nur der wichtigste Nebendarsteller. Held und Identifikationsfigur bleibt Robbie.

Das Besondere an dieser Serie: Obwohl die Grundhaltung eine durch und durch positive ist, wird hier nichts geschönt. Schließlich geht es um das Leben - und damit klarerweise auch um den Tod. Anfangs ein unwichtiger Nebenstrang stirbt in Folge 18 Robbies Mutter an Krebs. Auch Trauer hat folglich ihren Platz und Caro, Robbies treuer Bernhardiner liegt tagelang am Grab der Mutter. Die Lebensfreude kommt dem Buben aber auch nicht abhanden als ein paar Folgen später die Spanische Grippe (LINK auf Wikipedia) wütet, die Menschen im Ort Atemmasken tragen und einige von ihnen sterben.

Nach solchen Folgen fragen die Kinder ohne Ende. Überhaupt bietet die Welt vor 100 Jahren spannenden Gesprächsstoff und eine ideale Ergänzung etwa zu einem Nachmittag im Technischen Museum: Noch sind auf den – unbefestigten – Straßen Pferdefuhrwerke unterwegs. Wir bewegen uns – noch – im Zeitalter der Eisenbahn. Robbies Vater ist allerdings als einer der ersten in der Gegend mit dem Auto unterwegs; und die Geschichte insgesamt autobiographisch: Die Serie basiert auf dem gleichnamigen, 1963 erschienenen Kinderbuchklassiker des Autors Sterling North. Diesen zu lesen haben wir uns als nächstes vorgenommen.

Davor haben wir noch 8 der insgesamt 52 Folgen vor uns. Serienempfehlungen für die Zeit danach nehmen wir gerne entgegen.

PS: Ach ja, was wurde eigentlich aus Marianne Brink und Eberhard Storeck?

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fischundfleisch

fischundfleisch bewertete diesen Eintrag 14.12.2015 23:16:58

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