Nur wer keine Entscheidungen trifft kann keine Fehler machen, außer den Fehler alles zu unterlassen, anstatt etwas zu unternehmen.

„Mir wurde unternehmerisches Denken und Handeln tatsächlich schon in die Wiege gelegt“, schreibt Damian Izdebski, der 1976 im kommunistischen Polen als Sohn einer Unternehmerfamilie zur Welt gekommen ist, die zuerst im Obst- und Gemüsehandel und später im Computerhandel tätig war. Mit 16 kommt Damian nach Österreich und beginnt ohne Deutschkenntnisse eine Ausbildung an einer privaten Handelsschule. „Die Kosten dieser Ausbildung habe ich mir dadurch finanziert, dass ich zwei Jahre lang jeden Sonntag hinter der polnischen Kirche in Wien polnische Zeitungen verkauft habe.“ 1999, mit 23 Jahren, gründet er gemeinsam mit seiner Frau Aleksandra DiTech.

Der Aufstieg hat fünfzehn Jahre gedauert, der Fall nur wenige Monate. „Im Jahr 2012 haben wir einen Netto-Umsatz von 121 Mio. Euro beziehungsweise 145 Mio. Euro brutto erreicht. Unsere Finanzierung basierte – wie hierzulande üblich – vorwiegend auf Fremdkapital. Das Working Capital bestand zu 50 Prozent aus Lieferantenkrediten. Wir wurden von ca. 150 Lieferanten aus ganz Europa beliefert und hatten ein Zahlungsziel von durchschnittlich 21 Tagen. In dieser Zeit konnten wir die Ware meistens zum Großteil verkaufen, so dass wir – wie jedes Handelsunternehmen – teilweise mit dem Geld unserer Lieferanten arbeiten konnten.“

Solange Zu- und Abfluss nicht unterbrochen wurden, war DiTech ein funktionierendes Ökosystem (hier im Sinne von „ökonomisches System“). Doch dann versiegte eine Quelle, und das System kippte: „14 Jahre lang war die Liquidität kein Thema. Die Banken, die Leasinggesellschaften und die Versicherungen lieferten sich ein regelrechtes Rennen darum, wer uns finanzieren beziehungsweise versichern durfte. … Doch dann erfolgte auf Grund der Anspannung am Finanzmarkt sowie vieler Pleiten im Elektrohandel in Österreich und Deutschland eine plötzliche Kürzung der Kreditlimits durch einen der Kreditversicherer. Praktisch über die Nacht schrumpfte unser Working Capital um 4 Mio. Euro.“

Natürlich kann man jedem Unternehmer vorwerfen, er hasardiere, wenn er sein Wachstum nur auf Kreditfinanzierung baut. Aber das war – zumindest bis vor wenigen Jahren – das betriebswirtschaftlich allgemein anerkannte Wirtschaftsmodell. Individuelle Fehler des Gründers, der sich zu sehr in das operative Geschäft und zu wenig um Strategie gekümmert hat, der Fehler bei der Personalauswahl eingesteht, der Mängel in der durchgängigen Motivation von zuletzt 350 Mitarbeitern sieht, und nicht zuletzt konzediert, dass übertriebener Perfektionismus zu einem Tunnelblick aber auch in manchen Bereichen zu Geldverschwendung geführt hat – das alles sind Puzzlestücke einer Chronologie des Scheiterns.

Auch wenn Izdebski als gestandener Unternehmer die Verantwortung voll und ganz übernimmt („Die ganze Schuld auf die Banken und Kreditversicherungen zu schieben, … wäre nicht fair und auch nicht richtig“), so liegt doch die Hauptursache des Scheiterns von DiTech in einem Bankensystem, das ein Marktrisiko (die Benchmark) über die individuelle Bewertung eines einzelnen Unternehmens stellt, denn: „Der Computerhandel wurde von den Kreditversicherungen zur Risikobranche erklärt“. Die Überbewertung der Benchmark und die daraus folgenden Maßnahmen, die von den „Bankbeamten“ nach dem Motto „Vorschrift ist Vorschrift“ blind exekutiert werden, sind ein Beispiel für den Zustand unseres Finanzsystems nach der finanzindustriellen Revolution.

Steinverlag http://www.steinverlag.at/stv/produkt/meine-besten-fehler/

Damian Izdebski

Meine besten Fehler

Steinverlag

ISBN 978-3-901392-55-9

Siehe auch: Kultur des Scheiterns

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fischundfleisch

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