Wer Jerusalem besucht hat, und sich eine Weile in der Altstadt aufhielt, dem laufen zwangsläufig die frommen Touristen über den Weg, welche die 14 Stationen des Kreuzwegs, des Martyriums Christi, ablaufen. Die „Via Dolorosa“ wurde zwar – wie viele Orte mit Ausnahme des Tempelberges – erst sehr viel später definiert, aber es ist der Gedanke, der zählt. Wenn man sich in der Nähe von Station eins ein Kreuz leihen und dann bis zur Grabeskirche tragen möchte, hilft das der frommen Seele auf. Denn wo kann man in der satten, sicheren Wohlstandswelt des Westens von heute noch die Qualen der ersten Christen nachempfinden und sich durch Leiden und Verzicht das Himmelreich sichern? Doch es soll heute „Christen“ geben, die einfach nicht begreifen wollen, wie förderlich es für ihr Seelenheil sein kann, wenn sie sich oder ihre Kinder in Gefahr bringen. Kreuzigungen sind aber nach dem Ende des römischen Reiches gänzlich aus der Mode gekommen, steinigen, häuten oder in siedendem Öl braten… all das bleibt dem frommen Christenmenschen von heute leider versagt, wenn er sich nicht mit offenen Armen und Hosianna-Gesängen nach Rakkah begibt. Umso unverständlicher war es der ev. Kirche in Schleswig-Holstein, als sie vor einigen Monaten in Flintbek unterhalb des von der Gemeinde betriebenen Kindergartens immer wieder Flüchtlinge im Kirchenasyl unterbrachten, dass die Eltern der Kinder dies nicht als willkommene Möglichkeit ansahen, in näheren Kontakt zu Jesus zu gelangen. Ein jeder trage gefälligst ein Kreuz! Ob er will, oder nicht – ob es seines ist, oder nicht!

Infolge der Renitenz der Eltern, ihrer Dienstaufsichtsbeschwerden, ihrer Klagen, ihrer Kirchenaustritte und der allgemeinen Empörung vor Ort (ich berichtete) haben die Eltern der Käfergruppe der Gemeinde Flintbek nun aber wirklich das Nachsehen! Denn die Chance zum Martyrium schlägt man nicht ungestraft aus. Es gibt keinen Flüchtling mehr im Keller der Kita in Flintbek, weshalb das gleißende Licht der Gnade auch flugs 40 Kilometer weiter gezogen ist. Nach Bünsdorf!

Dort dürfen sich die Eltern der Kindergartenkinder der Kirchengemeinde nun über Tuberkuloseverdacht freuen, während die Eltern in Flintbek nur noch neidisch gucken können. Ein Weiser aus dem Morgenland, genauer aus dem Jemen, der in der Kirchengemeinde Bünsdorf Kirchenasyl genießt, hatte außer Myrre, Weihrauch und Gold auch Tuberkulose dabei, und weil er als „Bekannter Besucher“ Kontakt zu den Kindern hatte, dürfen sich diese nun vorsorglichen Untersuchungen, Röntgen und anderen Behandlungen unterziehen. Hosianna, Hosianna!

Pech gehabt, Flintbek! Bünsdorf ist nun die 15. Station der Via Dolorosa! Ihr könnt nur noch versuchen, ins Geschäft mit dem Verleih von Kreuzen einzusteigen.

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Tourix

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