Der Papst und die hohe Kunst der tiefen Schläge

Die Aufregung ist groß. Ausgerechnet der Papst – der Papst! – hat in einer Generalaudienz einen Vater gelobt, der dort zugegeben hat, sein Kind zu schlagen. „Wie schön. Das ist der Sinn der Würde. Er muss ihn bestrafen, macht es richtig und schreitet so voran“, wird er in Medien zitiert. Ich weiß zwar nicht genau, was diese Worte zu bedeuten haben, eine klare Absage an Gewalt gegen Kinder klingt freilich anders.

Natürlich ist das alles andere als lustig. Franziskus ist einer vom alten Schlag. Anstatt das Brot zu brechen, semmelt er offenbar lieber rein und tritt so ins Fettnäpfchen. Dass Franziskus mit seiner jüngsten Erziehungsempfehlung danebengehauen hat, liegt auf der flachen Hand. Wer was anderes behauptet, ist wahrscheinlich als Kind zu oft verprügelt worden, oder hat in der Jugend zu viel Weihrauch geschnüffelt.

Was aber, frage ich die erboste Herde, hat man von einem kinderlosen Theologen erwartet? Wertvolle Erziehungstipps etwa? Wenn ich medizinischen Rat suche, gehe ich ja auch nicht zur Geistheilerin. Wenn ich mich beruflich verändern will,  konsultiere ich ja auch nicht eine Astrologin. Warum also sollte man also bei Fragen zur Aufzucht und Hege des Nachwuchses einen in weißes Tuch gehüllten Voll-Laien zu Rate ziehen?

Die Wut vieler Nicht- und Hobbychristen ist erheblich. Die Schrillheit der Diskussion überrascht aber. Der Papst verherrliche Gewalt, heißt es etwa in unfreiwillig komischen Leitartikeln. Man müsse die Kinder vor diesem Mann schützen, schreiben Journalisten mit publizistischem Schaum vor dem Mund. Der Papst sei eine Gefahr, wird auf den einschlägigen Social Media-Kanälen ernsthaft behauptet. Dass ausgerechnet jene, die Franziskus eine verzerrte Realitätswahrnehmung attestieren, solche hysterischen Überreaktionen ausscheiden, fügt dem medialen Watschentanz im Vatikan ein amüsantes Schleifchen hinzu.

In Wahrheit ist es so: Auch der Papst hat das Recht zu irren. Oder besser: Gerade der Papst. Immerhin steht er einer Organisation vor, die sich seit mehr als 2000 Jahren auf das Beharren von Irrtümern spezialisiert hat. Kinder profitieren von körperlicher Züchtigung? Das ist genau so klug, als würde man behaupten, die Erde sei eine Scheibe oder die Evolution sei eine Lüge.

Zum Schluss darf ich Seiner Heiligkeit für den unwahrscheinlichen Fall, dass er diese Zeilen liest, einen väterlichen Rat mit auf den Weg geben: Wenn man von einem Thema keine Ahnung hat, einfach mal die Messe halten.

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