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Kein menschlicher Laut. Überhaupt konnte ich kein Anzeichen für etwas Lebendiges erkennen, sieht man von einer einsamen Möwe und einer Art Sperling ab, der im Wüstensand herumhüpfte. Aber Menschen? Ich saß alleine auf dem Balkon und blickte im noch spärlichen Licht der aufgehenden Sonne auf die Bucht unter dem „Al Nabila“-Hotel nahe der Touristenstadt Hurghada am Roten Meer. Meine Tochter Liza schlief noch. Beim Einchecken am vergangenen Abend hatte uns der Manager höchst persönlich in der gigantischen und pompösen Eingangshalle begrüßt, die bis auf einige wenige Angestellte leer war. Gleiches galt für das Restaurant, in dem hunderte Personen Platz finden könnten. Jetzt, im Tageslicht, erschien die Szene noch gespenstischer. Gespenstisch, einsam und schön. Das kratzende Geräusch eines leeren Plastikbechers, den der Wind über die Betonplatten der Terrasse im Erdgeschoß blies, störte. Als Liza aufgewacht war und sich für das Frühstück fertig machte, sprachen wir instinktiv, aber ohne jeden Grund, sehr leise. Ist das die Postapokalypse? Haben wir die Neutronenbombe in der vergangenen Nacht verschlafen, die alles Lebendige – außer uns – dahingerafft hatte?

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Drei Wochen zuvor. Reisewarnstufe fünf (von sechs), mehr als zweihundert Tote bei der Sprengung eines russischen Ferienjets im Oktober im Himmel über dem Sinai, Attentate und Anschläge in den Nachbarländern: Auf den ersten Blick war es gar keine gute Idee, gerade jetzt über Ägypten als mögliches Reiseziel für unseren Osterurlaub nachzudenken. Aber eben nur auf den ersten Blick – auf den zweiten schien es das vernünftigste und logische zu sein, gerade jetzt ins Land am Nil zurückzukehren, mit dem mich seit meinem ersten Besuch vor knapp 25 Jahren eine tiefe Zuneigung verbindet.

„Aufgrund der derzeitigen Sicherheitslage besteht im ganzen Land, das heißt auch für die Badeorte, wie z.B. Sharm el Sheikh, Hurghada und Marsa Alam, ein sehr reales hohes Sicherheitsrisiko von terroristischen und anderen Angriffen“, warnt das Außenministerium. Doch wo fanden die verheerendsten Terroranschläge der vergangenen Jahre statt? In Frankreich, in der Türkei und zuletzt in Brüssel – das „reale hohe Sicherheitsrisiko“ konnte als in Luxor, der Perle am Nil, also nicht höher sein als in Paris, Istanbul oder Brüssel. Dieses Argument zieht also nicht als Hinderungsgrund. Das sah Liza, die aktuelle Nachrichten verfolgt und mit mir bespricht, genauso. Auch wenn uns noch eine Bekannte warnte: „Die werden euch dort umbringen!!“

„Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben“, meinte Liza.

Eine kleine Vorrecherche im Netz. Der Tourismus liege am Boden, überall herrscht gähnende Leere, egal, ob an den Stränden des Roten Meers als auch bei weltberühmten Monumenten wie dem Tal der Könige – soweit aktuelle Reiseberichte. Kein einziges Wort fand ich, in dem Reisende sich bedroht oder unsicher gefühlt hätten, im Gegenteil. Das deckte sich mit meinen Erfahrungen, die ich bei vielen, meist beruflichen Reisen nach Ägypten gemacht hatte. Auch kurz nach dem verheerenden Gemetzel am Hatshepsut Tempel im Jahr 1997 besuchte ich Luxor, um mir selbst ein Bild vor Ort zu verschaffen. Mein Fazit damals (wie heute): Derartiges kann überall und jederzeit passieren. Zudem: Wenn sich derzeit kaum Touristen in Ägypten aufhalten, werden mögliche IS-Anschläge wohl dort passieren, wo sich tausende an den Stränden bräunen – und nicht in einem Gebiet, in dem man Ziele erst langwierig suchen muss.

Unsere „Abschlussanalyse“: Die Chance, bei einem Unfall auf der Autobahn oder einer österreichischen Schipiste (ev. von einem besoffenen Schifahrer) verletzt oder gar getötet zu werden erschien uns wesentlich höher, als in Ägypten dem IS in die Arme zu laufen.

Sicherheitsbedenken sprachen also nicht gegen einen Osterurlaub in der Sonne – aber der Preis? Ich konnte nicht glauben, als ich erste Angebote über das Internet einholte. Eine Woche für zwei im ehemaligen Sheraton Hotel in Luxor sollte, inklusive Flüge, Frühstück & Dinner-Buffet knapp 1.300 Euro kosten – ein Schnäppchen. (Entschiedet man sich für einen „simplen“ All-Inclusive-Club-Urlaub, war dieser in der Osterferienwoche übrigens um 500 Euro pro Person inkl. Flug zu haben.)

Also machte ich mein Versprechen wahr, das ich Liza bereits vor Jahren gegeben hatte, als sie zum ersten Mal Fotos der Pyramiden und vor allem der Pharaonengräber im Tal der Könige sah: Eines Tages zeige ich dir „mein“ Ägypten…

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Teil II: Ägypten – Endzeit- und Aufbruchsstimmung

…und ein paar Infos:

Gebucht via www.restpaltzboerse.at bei JT Touristik in Berlin (www.jt.de).

Auf das Essen an Bord des TUI-Charters hätten wir verzichten können, es ist überteuert und nur bedingt genießbar. Die Wurstsemmerln von daheim sind die bessere Alternative, beim Rückflug können im Hotel Lunch-Boxen bestellt werden. Lediglich Getränke müssen nach der Sicherheitskontrolle erworben werden – sie sind auf Flughäfen teuer, dennoch günstiger als an Bord.

Nach Luxor reist man derzeit entweder via Kairo (meist Egypt Air) oder Hurghada (meist Charterflüge) an. Die Fahrt von Hurghada nach Luxor mit dem Bus dauert zwischen vier und fünf Stunden, der obligate Pinkel-Stopp samt Einkaufsmöglichkeit eingerechnet. Bevor man für den Toilettenbesuch bezahlt: Fragen Sie im Bus nach dem Klo! Dieses wird oft absichtlich „verschwiegen“, da Reiseführer an den Umsätzen bei Pausen beteiligt sind. Kaufen Sie bei Stopps keine ausländischen Snacks (Kekse, etc.) oder Souvenirs, da diese exorbitant teuer sind.

In Ägypten herrscht von Sonnenaufgang bis -untergang außerhalb der Städte ein Fahrverbot für Touristen (ca. von 18:00 Uhr bis 06:00 Uhr früh). Ausnahme: Bei der Touristenpolizei angemeldete und von der Polizei eskortierte Autofahrten, die von Reiseveranstaltern nicht genutzt bzw. angeboten werden, da sie kompliziert durchzuführen und sehr teuer sind. Darauf wird im Vorfeld allerdings nicht explizit hingewiesen, es muss bei der Planung aber berücksichtigt werden. Ebenso sollte man sich vor Reisebeginn über Transferzeiten erkundigen, da bei schlechter Planung rasch ein ganzer Urlaubstag durch unglückliche Abfahrtszeiten verloren geht! Ideal ist, auch wegen rasch steigender Außentemperaturen, eine Abfahrt im Morgengrauen.

Eine Alternative, die nur über das Hotel oder den Reiseveranstalter gebucht werden sollte, sind Taxifahrten über Land. Mit einem Preis zwischen 40 und 60 Euro (je nach Verhandlungsgeschick und Anbieter) ist eine individuelle Anreise von Hurghada nach Luxor (oder von Luxor nach Assuan) eine günstige Alternative.

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