Als Paul Watzlawick 1983 seine Anleitung zum Unglücklichsein veröffentlichte stellte er die Welt der Ratgeber auf den Kopf. Er beschrieb nicht wie man glücklich werden würde, sondern wie man sich selber unglücklich machen kann. Die Idee hinter dem Buch war Menschen zu zeigen, dass sie gewisse Dinge taten und es genau diese Dinge waren die sie dann in Situationen führten die sie unglücklich machten.

Für so komplizierte Dinge wie den menschlichen Geist war das Buch schon zu knapp aber so einfache Dinge wie politische Systeme können wir mit einem einzelnen Punkt abhandeln. Dieser eine Punkt macht den Unterschied zwischen einem lebenswerten System und einer Schreckensversion einer Gesellschaft. Es ist dabei völlig unerheblich wie die Gesellschaft strukturiert ist, was das große Ideal ist: Nationen, Ideale, Religion und so weiter, alle diese Systeme können gut oder fürchterlich sein und alles entscheidet sich an einem Punkt: Was tut man mit den Menschen die man nicht überzeugen kann?

Und hier stolpern wir in das erste Problem. Fanatiker definieren sich förmlich durch die Idee, dass sie der einzigen legitimen, guten oder logischen Idee anhängen und alle anderen Menschen „aufgeweckt“ werden müssen. Die Idee ist, dass jeder Mensch zur richtigen Idee geführt werden kann und jeder dann diese Idee so verinnerlichen würde wie sie. Das Problem hierbei ist offensichtlich: Sie selber würden niemals ihr Ideal hinter sich lassen.

Das führt dazu, dass es immer unterschiedliche Ideale, getragen von Fanatikern, geben wird und eben nicht alle überzeugt werden können. Selbst wenn man „die Anderen“ alle umbringt werden alternative Ideen immer wieder auftauchen. Und damit sind wir mitten in der ersten Lösung des Problems: systematischer Massenmord.

Der systematische Massenmord kommt auf den Plan wenn den Fanatikern klar wird, dass sie einen Teil der Bevölkerung, die sich nun in ihrer Gewalt befindet, tatsächlich überzeugen kann, einen erheblichen Teil dazu nötigen kann Lippenbekenntnisse zu leisten aber ein Teil Widerstand leistet. Das ist nicht das was der Fanatiker erwartet. Der Fanatiker ist ja davon überzeugt, dass seine Wahrheit rein und richtig ist und offensichtlich für alle wird und ist dann perplex, wenn es weiter Widerstand gibt.

Der Fanatiker wird dann emotional, deklariert alle Abweichler als böse Untermenschen und überlegt sich Endlösungen. Systeme mit Fanatikern an der Macht tendieren also dazu immer genau eine Hinrichtung vom Paradies entfernt zu sein.

"Noch diese Gruppe, noch diese einflussreiche Person dann, dann aber wird endlich Frieden sein."

Das Verleugnen dieses Umstandes macht die Dystopie, die sich dann in mörderischen Diktaturen in der realen Welt manifestiert.

Dieser eine Umstand ist der Grund für hunderte Millionen vernichteter Menschen in unserer Geschichte, der Grund für Genozide, Massengräber, Gulags und Konzentrationslager.

Der Weg zu diesem Horror ist so einfach, so trivial, so verstörend offensichtlich aber seine Vermeidung ist deutlich schwieriger, sie beginnt aber damit zu akzeptieren, dass man eventuell nicht der besten Idee anhängt und falls doch, manche Menschen das nicht so sehen wollen und ein Recht darauf haben anders zu leben.

Hat man das verinnerlicht, sinkt die Chance, dass man Massenmörder hilft an die Macht zu kommen. Und das erscheint mir ein gutes Ziel zu sein.

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Kai-Uwe Lensky

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