Die Nebenwirkungen des Streisand-Effektes und ihre Auswirkungen auf die Politik

2003 verklagte die Künstlern Barbra Streisand den Fotographen Kenneth Adelman weil dieser Fotos von der Küste Kaliforniens machte. Der Grund: ihr Haus sei darauf zu sehen. Vor der Klage interessierte dieses Bild keinen, nach der Klage hatte die Veröffentlichung Millionen von Zugriffen vorzuweisen. Dinge die jemand verschwinden lassen möchte, werden interessant für die breite Masse. Diesen Effekt kennen wir heute als den „Streisand-Effekt“, welcher suggeriert dass das Unterdrücken von Informationen in unserer Zeit faktisch nicht möglich ist und oftmals zum Gegenteil führt.

Auch in unserer Zeit gibt es Bestrebungen gewisse Informationen zu unterdrücken. 2018 etwa wurde Alex Jones, eine Internetpersona die sich vorwiegend mit Verschwörungstheorien beschäftigt, von allen relevanten Medienplattformen verbannt. Wirklich verschwunden ist Jones aber nicht. Er ist nur wo anders und sein Ban legitimierte ihn (scheinbar) für seine Anhänger noch mehr.

Der Ottonormalnutzer auf Youtube kann aber nicht mehr zufällig über ihn stolpern. Jones ist für den Fan von Verschwörungstheorien also noch sichtbar (und scheinbar bedeutender als zuvor) für den Mainstream ist er aber verschwunden.

Dieser direkte Effekt ist interessant, wichtiger ist aber der Nebeneffekt, vor allem in der Politik. Zieht man die (falsche) Dichotomie der Politik „links vs rechts“ heran dann können wir etwas Interessantes beobachten: die radikalen Elemente des rechten Flügels werden aus dem System geworfen, wie etwa Jones, die radikalen Elemente des linken Flügels aber nicht. Es ist heute absolut kein Problem absurde Dinge zu sagen wie etwa dass „die Sowjetunion eine gute Sache war“, „Sozialismus noch nie probiert wurde“ oder man „den Reichen einfach alles wegnehmen sollte“. Gleichzeitig fliegen rechts gerichtete Personen wie Stefan Molyneux von der Plattform weil sie kontroverse Ansichten auch nur andeuten.

An dieser Stelle wird dann üblicherweise, von beiden Extremen, eingeworfen dass man diese Leute nicht vergleichen kann. Das ist aber für die gegenständliche Debatte auch völlig unerheblich.

Wichtig für uns ist, dass eine Seite stärker ausgedünnt wird als die andere. Das führte dazu, dass die Dinge die nun den „rechten Rand“ bilden durchaus vernünftige Argumente bringt, denn alle auch nur im Ansatz Verrückten sind schon verbannt und damit nicht mehr Teil der öffentlichen Debatte. Alex Jones etwa ist nicht mehr Teil des Mainstreams, schlicht weil er nicht mehr auf Youtube ist. Er existiert irgendwo im ominösen Darknet (also dort wo man nicht hinkommt wenn man seine Seiten via Google sucht) aber ist nicht mehr Teil des „akzeptierten rechten Ökosystems“, sprich: andere Rechte können sich glaubwürdig von ihm distanzieren und genau das tun sie weil sie ihn eh noch nie mochten.

Auf der anderen Seite ist es völlig unproblematisch wenn Bernie Sanders Daniel Ortega lobte und vorschlägt Umverteilungen in Trillionenhöhe durchzuführen, oder von Congresswoman Alexandria Ocasio-Cortez den Lyssenkoismus (die, völlig absurde und tausendfach widerlegte, sowjetische Antwort auf den Darwinismus) propagiert indem sie sagt dass hispanische Migranten in New York Yuca anpflanzen sollte weil „ihr Volk“ mit dieser Pflanze „verbunden“ wäre und das anpflanzen europäischer Pflanzen eine kulturelle Unterdrückung darstellen würde (Mai 2019). Der Umstand dass es in New York schlicht zu kalt für Yuca ist wird von ihr verworfen.

Das Problem ist nun folgendes: wenn man einer Seite gestattet immer weiter ins Extrem zu rücken, der anderen Seite aber nicht, dann verändert sich die Position der Mitte. Stand man vor 20 Jahren mitte-links ist es durchaus möglich jetzt mitte-rechts zu stehen, denn die rechte ist nicht „rechter“ geworden, die Linke bewegt sich aber mit Mach 10 in Richtung „noch linker“.

Die Masse zieht aber nicht nach, jedenfalls nicht mit Mach 10.

Das führt dazu dass die radikalisierte Linke die Nicht-radikalisierten als „(zu) rechts“ bezeichnet. Ein Klassiker ist der interne LGBT interne Kampf zwischen den TERFS (Also den Feministinnen die sagen dass ein Mann keine Frau sein kann) und den Transsexuellen laut denn die Lesben jetzt plötzlich die bigotten konservativen Rechten wären, wenn sie nicht mit einer Frau ins Bett gehen wollen den sie aber als Mann ansehen, welche sich aber selber als Frau identifizieren. (phu, ganz schön verwirrend)

Gleichzeitig ist die Rechte drastisch zwangsgezähmt worden. Die Mitte hat also die Wahl zu jenen aufzuschließen die sie alle fürchterlichen Dinge nennen die man sich nur vorstellen kann oder ab man geht in die andere Richtung zu den Leuten die einladend auf einen Sitz zeigen und sagen „schau dir mal an was wir anzubieten haben“.

Aus meinem persönlichen Umfeld kenne ich viele die den Weg nach links eingeschlagen haben und die meisten haben panische Angst auch nur eine falsche Sache zu sagen weil sie wissen nur zu gut was mit Andersdenkenden passiert. Dennoch gehen sie den Weg weil sie glauben auf der „guten Seite“ zu stehen. Wenn sie dann aber einmal etwas Falsches sagen (und das tut jeder der den Mund aufmacht) und ins soziale Exil geschickt werden passiert gelegentlich eine Umorientierung.

Eine Bekannte beschrieb es damit dass man die Wahl zwischen einem Ökorestaurant und einem Steaklokal hätte. Sie als Vegitarier, würde es in den Ökoladen ziehen und sie wäre dort viele Jahre glücklich gewesen bis plötzlich das Geschäft von Herrn Twitter übernommen wurde. Plötzlich darf man nur noch mit gewissen Ökoschuhen rein, darf nur noch über dieses oder jenes reden und müsste jede Menge andere Dinge machen die man gar nicht so sehr will. Irgendwann war ihr das dann alles zu viel und sie hat sich das Steakhaus angesehen. Jetzt sitzt sie im Steakhaus und isst dort den Salat. Es ist nicht das wo sie wirklich sein will, aber es ist erträglicher den Steakgeruch in der Nase zu haben als zehn Fanatiker im Genick. Es ist eben „das geringere Übel“ und sie hofft darauf dass sie eines Tages wieder in den anderen Laden kann, wenn dort drüben nicht mehr die Wahnsinnigen an der Macht sind.

Der Versuch die Rechte zu zensieren hatte also den Nebeneffekt dass all die Fanatiker die den gemäßigten Rechten ohnehin auf die Nerven gegangen sind und die den Mittelstand von Rechts fern gehalten haben, nun weg sind (Im Restaurantbeispiel wären das jene die die lebende Kuh essen wollten). Die Hemmschwelle nach rechts zu wandern ist damit für den Zentristen drastisch geschrumpft.

Gleichzeitig ist im linken Spektrum der Wahnsinn mainstreamtauglich geworden, so ist eine ablehnende Haltung gegenüber der Evolution keine (alleinig) konservative Einstellung mehr sondern, dank Menschen wie AOC, nun (wieder) eine linke Idee. Im rechten Spektrum sind diese Stimmen weniger geworden, weil diese Leute schlicht aus dem Mainstream verbannt wurden, etwa die ultrakonservative religiöse Rechte. Der Durchschnittskonservative ist nun der Verteidiger der Evolution, etwas das noch vor 30 Jahren undenkbar war.

Es ist nachvollziehbar dass es Stimmen im gemäßigten linken Spektrum gibt die sagen dass das alles ein Plot der Superreichen in Silicon Valley war die Linke auf Generationen zu diskreditieren.

Ich halte das aber für unwahrscheinlich.

Ich denke eher das es sich um einen Fehlschluss handelte.

Fragt man einen Rechten was „zu rechts“ ist bekommt man meistens die Antwort dass das Konzept der „genetischen Überlegenheit“ nicht mehr akzeptabel ist. Fragt man einen Linken das gleiche schaut man in ein verwirrtes Gesicht. Die, für mich, faszinierendste Antwort war ein ungläubiges „meinst du <was ist zu gut>?“ und genau diese Ansicht teilen viele in diesem Bereich. Für den Rechten ist "links-rechts" eine Frage von Weltanschauungen, für den Linken ist es üblicherweise eine Frage von Gut gegen Böse.

Die Idee dass man über die Stränge schlagen könnte ist für viele nicht vorstellbar ("man kann nicht zu gut sein" ) und genau das hat dazu geführt dass der linke Rand nun schon Kilometer von diesen Strängen entfernt ist und für den durchschnittlichen Menschen zunehmend unattraktiver wirkt. Gleichzeitig sind die verrückten Elemente des rechten Flügels in der realen Welt völlig marginalisiert und existieren praktisch nur noch in der Phantasie des linken Flügels.

Die Renaissance des Konservativen ist somit vermutlich ein Verdienst jener die versucht haben konservatives Gedankengut zu unterdrücken, was reichlich ironisch wirkt.

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