Jeder hat seinen Preis. Auch Gesellschaften.

Stell dir vor, vor dir steht ein kleines Männchen, das einer Gruppe angehört die du nicht leiden kannst und das kleine Männchen erzählt dir, dass es Milliarden hat und du weißt, dass du locker 10 Millionen erpressen kannst wenn du das kleine Männchen schnappst und in deinen Kerller sperrst. Zudem weißt du dass die Polizei auch nicht viel dagegen tun würde und es so gut wie keine Konsequenzen geben würde.

Würdest du das tun?

Würdest du zum Entführer und Erpresser werden, wenn das Risiko gleich Null und der Gewinn, sagen wir der Gegenwert von 10 Millionen darstellt?

Nicht jeder würde hier ja sagen. Aber wenn wir dann von 10 Milliarden reden würden, wird der Anteil, der seinem Gewissen folgt und das Richtige tut, also ihn nicht zu entführen, klein, weil unser Gewissen uns plötzlich sagt, dass es für uns und unsere Umgebung moralisch besser wäre ihn zu entführen „denn wie viel Gutes könntest du deinen Freunden und Bekannten tun mit 10 Milliarden“.

Menschen rationalisieren fürchterliche Dinge.

Und so passieren dann die fürchterlichen Dinge.

Der Stein des Anstoßes dieses Gedankenganges ist, dass ein reicher Bekannter von mir auf die fantastische Idee gekommen ist in einem Land, mit seiner Familie, Abenteuerurlaub zu machen das im Moment als gefährlich eingestuft ist. Trotz Reisewarnung, trotz Warnungen aus dem ganzen Umfeld, er fährt und ist der Meinung, dass jedes Problem mit Geld lösbar wäre.

Da er nicht gerade bescheiden ist, vermute ich dass er mit einem Wohnmobil herumfahren wird das den Gegenwert von 4 Dörfern der Region entspricht und ich denke auch die Vermutung, dass er eher Essen gehen wird als selber zu kochen ist naheliegend, was uns dazu führt, dass er gern angibt und vermutlich jedem der es hören will, erzählen wird, dass er reich ist.

Was uns zu unserem moralischen Dilemma führt. Wenn nur 1% der Menschen bereit sind Entführer zu werden, muss man nur 100 Menschen zeigen, dass man ein gutes Opfer wäre. Und das schafft man locker an einem Vormittag.

Der Artikel könnte hier enden und die üblichen Verdächtigen könnten sich daran ergötzen, dass „der Reiche das eh verdient“. Ich persönlich mache mir Sorgen um seine Kinder und finde, dass man sich und seine Kinder nicht in so eine Gefahr bringen sollte.

Aber wir können dieses Beispiel auch nutzen um zu verstehen, dass das gleiche Rational das den moralischen Menschen zum Entführer macht („Ich tu nichts schlechtes, weil meine Handlung zu einem positiven Ausgang führt, nicht nur für mich sondern auch für meine Umgebung“) auch gesellschaftlich zum Tragen kommt.

„Gruppe Y Dinge wegzunehmen, weil X“ folgt der gleichen Logik, man redet sich Enteignung schön, moralisch bleibt aber jemanden was wegzunehmen ohne ihn zu fragen und ohne ihm etwas zurück zu geben eben schon Diebstahl. Eine Gesellschaft, die beginnt das nicht mehr zu sehen, verroht. Wir sehen das an Ländern, wo Entführungen an der Tagesordnung stehen und finden das gruselig, erkennen aber nicht dass wir etwas Ähnliches tun. Würden uns Aliens zusehen, die das Konzept der Besteuerung nicht kennen würden, würden sie nicht viel Unterschied feststellen.

Der Punkt ist das Moral einen Preis hat und die meisten Menschen für recht wenig Geld ihre Prinzipen über Bord werfen, meistens kommt das mit einer Dehumanisierung ("der hats eh verdient weil ..." ) derer die man im Visier hat.

Das ist nichts Neues, aber es ist ein Teil in uns der dazu führt dass ich nicht in das Land fahren würde in das mein Bekannter fährt und ich davor warne dass jedes Land so wäre, wenn die Bedingungen entsprechend sind.

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